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3. Wahlrecht des Kardinalkollegiums
schon lange vor der Wahl Innocenz' II. allein den drei Ordines der Kardinal-
bischöfe, Kardinalpriester und Kardinaldiakone. Formell waren diese Gruppen
auch schon lange vor Februar 1130 die einzigen, die den inneren Wählerkreis
bildeten. Umgekehrt aber waren Klerus und Volk von Rom auch nach dieser
Wahl weiterhin an den Papstwahlen »beteiligt«, wenn auch nur durch ihre Ak-
klamation. Insoweit änderte sich mit der Wahl Innocenz' II. oder der von 1124
oder 1118 nichts.
Was sich veränderte, war allein der tatsächliche Einfluss von Klerus und
Volk von Rom, vor allem des Adels, auf die Wahlentscheidung und damit zu-
sammenhängend das Verhältnis von innerem und äußerem Wählerkreis. Je
mehr der äußere Druck durch das wibertinische Schisma abnahm, je mehr die
Kardinalbischöfe, Kardinalpriester und Kardinaldiakone als die eigentlichen
Papstwähler erschienen, je mehr sich diese drei Ordines auch im päpstlichen
Alltag vom übrigen römischen Klerus abhoben und zugleich als Einheit prä-
sentierten, desto geringer wurde der Einfluss der übrigen Wählergruppen auf
die Papstwahl, desto kleiner wurde ihre Autorität in der Vorstellung von Urbs
und Orbis - und desto strikter zog man in der Realität wie in der schriftlichen
Darstellung der Papstwahlen die Trennung zwischen innerem und äußerem
Wähterkreis.'"^ Immer mehr traten innerer und äußerer Wählerkreis ausein-
ander, immer mehr wurde die eigentliche Wahlverhandlung Sache allein des
inneren Wählerkreises, während die Gruppen des äußeren Wählerkreises sich
immer mehr darauf beschränken mussten, das Wahlergebnis abzuwarten. In
diesem - auch »formellen« - Auseinandertreten von innerem und äußerem
Wählerkreis aber nähert sich der tatsächliche Einfluss des inneren Wähler-
kreises immer mehr seiner formalen Stellung an, so dass ihm auch faktisch
immer mehr allein die tatsächliche Wahlentscheidung oblag.
3.14.2. Der Einfluss der verschiedenen Ordines
des höheren römischen Kardinalklerus
Genauso wie die sich verändernde Stellung der verschiedenen Wählergruppen
und die Zusammensetzung des inneren Wählerkreises bei der Papstwahl ist
die Entwicklung der Einflussverteilung zwischen den Ordines der Kardinal-
bischöfe, Kardinalpriester und Kardinaldiakone eine Frage, die für die Entste-
hung des Kardinalkollegiums von Belang ist. Diesbezüglich hat die Untersu-
chung gezeigt, dass für die Papstwahlen des letzten Viertels des 11. Jahrhunderts
nicht nur eine eher instabile Zusammensetzung des inneren Wählerkreises zu
beobachten ist, sondern noch mehr eine Instabilität im Gewicht dieser drei
auch der Anaklet anhängende römische Adel ging wie selbstverständlich nur von einem Zu-
stimmungsrecht aus, vgl. seinen Brief an Lothar III. von Mai 1130, ed. PETERSOHN, Brief der
Römer, S. 506, Z. 13-18.
1065 Anwesend waren Klerus und Volk von Rom - abgesehen von einigen Papstwahlen in der
Zeit der Gegnerschaft zwischen römischer Kurie und römischen Senat - allerdings weiterhin,
man vgl. nur die Wahl Coelestins II. und die Doppelwahl von 1159; auch die Akklamation
des neu gewählten Papstes durch Klerus und Volk war weiterhin üblich, vgl. Anm. 1056.
3. Wahlrecht des Kardinalkollegiums
schon lange vor der Wahl Innocenz' II. allein den drei Ordines der Kardinal-
bischöfe, Kardinalpriester und Kardinaldiakone. Formell waren diese Gruppen
auch schon lange vor Februar 1130 die einzigen, die den inneren Wählerkreis
bildeten. Umgekehrt aber waren Klerus und Volk von Rom auch nach dieser
Wahl weiterhin an den Papstwahlen »beteiligt«, wenn auch nur durch ihre Ak-
klamation. Insoweit änderte sich mit der Wahl Innocenz' II. oder der von 1124
oder 1118 nichts.
Was sich veränderte, war allein der tatsächliche Einfluss von Klerus und
Volk von Rom, vor allem des Adels, auf die Wahlentscheidung und damit zu-
sammenhängend das Verhältnis von innerem und äußerem Wählerkreis. Je
mehr der äußere Druck durch das wibertinische Schisma abnahm, je mehr die
Kardinalbischöfe, Kardinalpriester und Kardinaldiakone als die eigentlichen
Papstwähler erschienen, je mehr sich diese drei Ordines auch im päpstlichen
Alltag vom übrigen römischen Klerus abhoben und zugleich als Einheit prä-
sentierten, desto geringer wurde der Einfluss der übrigen Wählergruppen auf
die Papstwahl, desto kleiner wurde ihre Autorität in der Vorstellung von Urbs
und Orbis - und desto strikter zog man in der Realität wie in der schriftlichen
Darstellung der Papstwahlen die Trennung zwischen innerem und äußerem
Wähterkreis.'"^ Immer mehr traten innerer und äußerer Wählerkreis ausein-
ander, immer mehr wurde die eigentliche Wahlverhandlung Sache allein des
inneren Wählerkreises, während die Gruppen des äußeren Wählerkreises sich
immer mehr darauf beschränken mussten, das Wahlergebnis abzuwarten. In
diesem - auch »formellen« - Auseinandertreten von innerem und äußerem
Wählerkreis aber nähert sich der tatsächliche Einfluss des inneren Wähler-
kreises immer mehr seiner formalen Stellung an, so dass ihm auch faktisch
immer mehr allein die tatsächliche Wahlentscheidung oblag.
3.14.2. Der Einfluss der verschiedenen Ordines
des höheren römischen Kardinalklerus
Genauso wie die sich verändernde Stellung der verschiedenen Wählergruppen
und die Zusammensetzung des inneren Wählerkreises bei der Papstwahl ist
die Entwicklung der Einflussverteilung zwischen den Ordines der Kardinal-
bischöfe, Kardinalpriester und Kardinaldiakone eine Frage, die für die Entste-
hung des Kardinalkollegiums von Belang ist. Diesbezüglich hat die Untersu-
chung gezeigt, dass für die Papstwahlen des letzten Viertels des 11. Jahrhunderts
nicht nur eine eher instabile Zusammensetzung des inneren Wählerkreises zu
beobachten ist, sondern noch mehr eine Instabilität im Gewicht dieser drei
auch der Anaklet anhängende römische Adel ging wie selbstverständlich nur von einem Zu-
stimmungsrecht aus, vgl. seinen Brief an Lothar III. von Mai 1130, ed. PETERSOHN, Brief der
Römer, S. 506, Z. 13-18.
1065 Anwesend waren Klerus und Volk von Rom - abgesehen von einigen Papstwahlen in der
Zeit der Gegnerschaft zwischen römischer Kurie und römischen Senat - allerdings weiterhin,
man vgl. nur die Wahl Coelestins II. und die Doppelwahl von 1159; auch die Akklamation
des neu gewählten Papstes durch Klerus und Volk war weiterhin üblich, vgl. Anm. 1056.