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Schludi, Ulrich; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Entstehung des Kardinalkollegiums: Funktion, Selbstverständnis, Entwicklungsstufen — Mittelalter-Forschungen, Band 45: Ostfildern, 2014

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https://doi.org/10.11588/diglit.34761#0324

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3.12. Die Doppelwahl vom 7. September 1159

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hier lediglich als bei der Weihe desselben anwesend.^ im Zusammenhang
mit der Wahl werden die Subdiakone oder andere Angehörige des niederen
Kardinalklerus dagegen überhaupt nicht mehr aufgetührt - dies im Unter-
schied zur Wahl Eugens III., aber in Analogie zur Wahlanzeige Hadrians IV.
Dieses Verschwinden des niederen römischen Kardinalklerus inklusive der
Subdiakone^ aus den Quellen zur Wahl des Papstes hängt offensichtlich mit
dem weiteren Aufstieg und Abschluss des Kardinalkollegiums zusammen.
Wie sich der Begriff omütMÜs in den 1120ern und 1130ern endgültig auf die
Kardinalpriester und Kardinaldiakone verengte und zugleich endgültig auf
die römischen Bischöfe ausweitete, so wurde die Berechtigung zur Wahl des
Bischofs von Rom immer mehr auf diese neue Einheit radiziert und immer
weniger auf den Kardinalklerus zurückgeführt. Das Band zwischen niederem
Kardinalklerus und den Kardinalen riss auch in dieser Hinsicht.
So aber war die Legitimationskraft der Wählergruppen jenseits der Kardi-
näle 1159/60 nur noch in ganz geringen Resten vorhanden, so sehr sich auch die
Viktoriner in ihrer aus der Not geborenen Argumentation bemühten, diese Ent-
wicklung vergessen zu machen. Aber nicht nur die viktorinische Propaganda
stellt einen Rückschritt gegenüber der tatsächlichen Entwicklung dar. Auch die
alexandrinische Kurie legte zu Beginn des Schismas Wert darauf, dass Klerus
und Volk der Wahl Rolands von S. Marco zugestimmt hatten. Auch ihr genügte
- abgesehen von dem erwähnten Brief der Kardinallegaten in Frankreich - die
Wahl durch die Kardinäle nicht, um die Erhebung Alexanders III. zu legitimie-
ren und als allein rechtmäßige darzustellen. Auch ihre Legitimationsstrategie
war insofern eine eher konservative, absichernde. Geschuldet sind diese Ar-
gumentationsstrategien beider Lager sicherlich allein der Auseinandersetzung
um den Papstthron. ^ Dabei war offenbar fast jedes Argument recht, mit dem
man die Rechtmäßigkeit der Wahl des eigenen Papstes darlegen und abstützen
konnte. Was schließlich von beiden Seiten, von den Viktorinern noch stärker
als von den Alexandrinern, vorgebracht wurde, erweist sich damit allerdings
zu einem guten Teil als situationsgebundene Tünche. Das Rad der Zeit ließ sich
auf diese Weise jedoch nicht aufhalten.

986 Genannt werden der Primicerius mit der Sängerschola, in der dritten Redaktionsstufe der
Wahlanzeige dann - das einzige Mal - auch die Subdiakone allgemein: vgl. z. B. Admon-
ter Briefsammlung, n. 41, S. 82, Z. 12-17 (zweite Redaktionsstufe), NL, n. 90, S. 221 (dritte
Redaktionsstufe), beides zitiert in Anm. 951. Zudem werden im Schreiben der Kanoniker
von St. Peter im Zusammenhang mit dem Zug Viktors IV. zum Lateran ebenso wie in der
Wahlanzeige Alexanders III. bezüglich seiner Weihe noch einmal die Richter und Skriniare
genannt (Rahewin, Gesta Frederici IV, c. 76, S. 668, Z. 22; Admonter Briefsammlung, n. 41,
S. 82, Z. 14f., hier unter Einschluss der Advokaten), gegen deren HMCforüas bei der Papstwahl
sich wiederum die Kardinallegaten Alexanders in Frankreich wenden (BouQUET, Recueil des
historiens XV, S. 754D).
987 Zur Einordnung der Subdiakone am Übergang zwischen höherem und niederem Klerus vgl.
Anm. 677.
988 Was in der jüngeren römischen Papstwahltradition als Kriterium einer rechtmäßigen Papst-
wahl gedient hatte, wurde auf seine Argumentationsfähigkeit für die eigene Sache geprüft
und gegebenenfalls eingesetzt.
 
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