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Schludi, Ulrich; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Entstehung des Kardinalkollegiums: Funktion, Selbstverständnis, Entwicklungsstufen — Mittelalter-Forschungen, Band 45: Ostfildern, 2014

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https://doi.org/10.11588/diglit.34761#0103

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102

2. Vom Senat des Papstes zum Rat der Kardinale

sowohl zu den Kardinalbischöfen als auch zu den Kardinalpriestern verkürzt
sich jeweils um etwa zwei Drittel. Diese Entwicklung setzt sich im weiteren
Pontifikat Innocenz' II. etwas langsamer fort. In der zweiten Pontifikatshälf-
te ziehen die Kardinaldiakone schließlich mit den Kardinalpriestern nahezu
gleich.
Damit aber ist am Ende des anakletianischen Schismas der Stand erreicht,
dass die drei Ordines entsprechend ihrer jeweiligen Mitgliederzahl hinsichtlich
der prinzipiellen Teilnahme an der päpstlichen Ratsversammlung fast gleich-
berechtigt sind. Die großen Unterschiede, wie sie noch im ersten Jahrzehnt des
12. Jahrhunderts zu fassen sind, sind weitgehend aufgehoben. Abgesehen von
einem kleinen Vorrang der Kardinalbischöfe werden die Mitglieder aller drei
Ordines nunmehr fast gleich häufig zu den päpstlichen Beratungen hinzuge-
zogen. Nach den Kardinalpriestern haben auch die Kardinaldiakone den An-
schluss an die Kardinalbischöfe geschafft. Auf diese Weise ist ein völlig neuer
Grad an innerer Homogenität in der Ratsversammlung des Papstes erreicht,
der auf die Trennung des höheren römischen Kardinalklerus in Ordines nicht
ohne Folgen geblieben sein kann. Den entscheidenden Anstoß aber gab auch
hier die Doppelwahl vom Februar 11303^

2.2.6. Das Ausscheiden anderer Gruppen aus
dem Ratgebergremium des Papstes
Vom Pontifikat Urbans II. bis zur Amtszeit Innocenz' II. finden sich in den Un-
terschriften unter Papsturkunden immer wieder auch Personen, die nicht den
drei Ordines des höheren römischen Kardinalklerus an gehörten. Dabei handelt
es sich zum einen um Kleriker anderer Diözesen, vorwiegend um Bischöfe,
zum anderen aber auch um Mitglieder des römischen Klerus, vor allem um
Kardinalsubdiakone, selten um Richter des Lateranpalastes und ausnahms-
weise auch einmal um den Stadtpräfekten Roms. Gerade in den Pontifikaten
Urbans II., Paschalis' II. und Gelasius' II. gehörten diese Personen und unter
ihnen vor allem auswärtige Bischöfe zum gewohnten Bild der päpstlichen Be-
rater.^ Immerhin 5 von 6 Papsturkunden mit Unterschriftenlisten aus dem
Pontifikat Urbans II., 15 von 50 Papsturkunden Paschalis' II. und 3 von 5 Ur-
kunden Gelasius' II. zeigen Unterschriften aus diesem Personenkreis 3^ Teil-
weise waren sie gegenüber den Kardinalbischöfen, Kardinalpriestern und

267 Vgl. MALECZEK, Papst und Kardinalskolleg, S. 223f., der stattdessen den vorläufigen Endpunkt
der Entwicklung betont, wenn er darauf verweist, dass die Kardinaldiakone die Papsturkun-
den seit der Mitte der 1130er Jahre in vergleichbarer Häufigkeit wie Kardinalbischöfe und
Kardinalpriester Unterzeichneten.
268 Das zeigen jenseits der Papsturkunden auch all jene Berichte, die den in einer konkreten Situa-
tion um den Papst versammelten Beraterkreis beschreiben.
269 Vgl. unter den Papsturkunden Urbans II. U 2-3 (beides Judikate) und 4-6 (jeweils mit den Un-
terschriften externer Bischöfe), unter den Papsturkunden Paschalis' II. U 14, 23, 26,28f., 31, 35
(Judikat), 39, 41-43,48 (Judikat), 49, 54, 59 (darunter zwölf Urkunden mit den Unterschriften
auswärtiger Bischöfe), unter den Papsturkunden Gelasius' II. U 60f., 64.
 
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