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Münchener Punsch: humoristisches Originalblatt — 4.1851

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https://doi.org/10.11588/diglit.21527#0094

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8« -

Jn Göthes „Geschwister" präsentirte stch vor acht Tagen eine ju-
gendliche Anfängerin, Frln. Gcnelli, mit einem ersten theatralischen
Versuch als Marianne, und wurde am Schluße durch Hervorruf zu wei-
terem Fortschreiten aufgemunterst Die Natur hat der Debutantin gute
Vorzüge mitgegeben, ein hübsches Gesichtchen mit einem Paar ausdrucks-
fähigcr Augen, einen reichen Gefühlsfond und ein für ihre Jugend nicht
uiibedeutendes Auffaffungs-Vernicgen. Wenn auch dieser Vorrath von
Begabtheit bei diesem ersten Debüt keiueswegS zum Durchbruch kam,
so möchte dieß einerseits der natürlichen Befaugenheit des 16 jährigen
Mädchens zuzuschreiben sein, anderseits muß ste nicht nur ueue Fertigkeit
erringen, sondern auch angenommene Fehler ablegen. Eine gewiffe Breite
des Vortrags, wvrin sie ihre Meisterin (Schröder) imitirt, dann das Hin-
ausschranbcn ihres Organes zu einer vermeintlichen naiven Tonart schadet
der Natürlichkeit, während das zn Viel ihrer Bewegungen nicht selten die
Grenzen des Schönen und Zarten überschreitet. Mcgc stch die Kunstjün-
gerin eincm der weiblichen Mitglieder unserer Bühne anvertrauen sein
paar derselben stnd als Lehrmeisterinnen bestens bekannt), und unter solch
verläßiger Führung aus dem rechten Pfad vorwärtstrachten.

Die erste Wiederholung von Scribe's „Erzählungen der Königin von
Navarra" (am Freitag) ward zur Begräbniß dicses über alle größeren
deutschen Bühnen mit nicht minderem Erfolge wie in Paris selbst gegan-
gencn Lustspiels. Man sage ja nicht, daß der hiesige Geschmack für derlei
feinereZntriquenstückc nicht inclinirt; dagegen sprechenzunächst des nämlicheu
Scribe „Fesseln" und „Glas Waffer", welche hier ein französisches Furore
machten. Man kann diese neuestc Komödie vom drainatischen, vom psy-
chologischen, vom Wahrscheinlichkeitsstandpunkte aus noch so streng kriti-
sieren, aber man wird gestehen müffcn, daß für das allgemcine Amuse-
ment reiche Nahrung gegeben, und für die darstellenden Künstler durch
dankbare Charakterrollen gesorgt ist. Wenn dennvch das Stück an unserem
so cmpsänglichen Publikuni gleichgiltig vorüberging, so trifft die Schuld einzig
und allein die Darstellung, weicher eiue verfehlte Besctzung der einzclnen
Rollenvorausging. KaiserKarl V. mußtc anstatt von Hrn. Schenk durchHrn.
Dahn repräsentirt werden, für letzteren kvnnte Hr. Christen, für diesen im
Nothfall Hr. Büttgen eintretcn. Hieniit allein wäre freilich dcni Ganzcn
noch nicht geholfcn, so lange die Damenparthicn nicht mit mehr Ernst
und Grandezza ausgeführt wcrden. Von Frln. Hausmann (Prinzessin)
und Frln. Zahn (Königin), deren Niedlichkeit in diesen Scribe'schen Rah-
men einnial nicht paßt, wollen wir lieber ganz schweigen. Die Marga-
rethe aber, in deren Hände alle Fäden der vielverzweigten Zntrique zu-
sammenlaufen, diese große, historische Gestalt, voll Seelenadel, Geist und
liebenswürdiger Artung, welche derDichter verschwenderisch mit den glän-
zendsten Eigenschaften einer von Esprit übersprudelnden Prinzessin ausge-
 
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