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Österreichisches Archäologisches Institut [Hrsg.]
Jahreshefte des Österreichischen Archäologischen Institutes in Wien — 1.1898

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Kalinka, Ernst: Weihung einer koischen Schiffsmannschaft in Samothrake?
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https://doi.org/10.11588/diglit.19227#0273

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wohl nicht mehr unbedingt zwingend. Mommsen
hatte die ersten drei Römer für Statthalter von Asia
gehalten; dann konnte allerdings Murena nicht wohl
durch einen anderen Statthalter Asiens von seinem
unmittelbaren Amtsvorgänger Sulla getrennt sein.
Aber für den zweiten Römer, Asöxiov KopvvJXtov
Asoxiou uEov AevisXov ävS'Ötoxt.ov, könnte die Ver-
muthung von Brandis zutreffen, dass es sich um einen
Statthalter von Makedonien handelt. Dies hatte auch
Theodore Reinach13) vermuthet, und wenn auch sein
Hauptargument, die Angabe einer samothrakischen
Inschrift, nach seiner eigenen gütigen Mittheilung
auf einen ,lapsi.s memoriae' zurückgeht, während die
Gleichsetzung mit dem Freilasser des Alexandros
Polyhistor, KopVTjXiog AsVTCuAoc; (Suid. s. AAegctväpoj
VI), bestehen bleibe, so wird damit die Vermuthung
selbst, auf die Brandis ja auf ganz anderem AVege
gekommen war, noch nicht beseitigt. Und jedesfalls
hält Reinach auch jetzt an seiner Deutung des ersten
Römers auf Sulla fest. So gelingt es vielleicht, die
Thätigkeit des Varro in das Jahr 82 festzulegen;
aber auch die weitere Bestimmung 82—74, die sich
Mommsen aus der Übernahme des Oberbefehls gegen
Mithradates im J. 74 durch den vierten, noch als
«VTi/cai-iia; bezeichneten Römer Lucullus ergibt, wäre
schon willkommen, um die koische Stele als eine
neue Urkunde von Bedeutung für die Geschichte der
mithradatischen Kriege freudig zu begrüßen.

Der freundlichen Aufforderung des geehrten
Herrn Verfassers, mich zur Sache zu äußern, ent-
spreche ich dankbar durch folgende Bemerkungen:

Die Einreihung der Stele in die Kategorie der
Weihgeschenke und ihre Verknüpfung mit der weit-
berühmten Cultstätte von Samothrake kann umso
natürlicher erscheinen, als eine Verschleppung von
Samothrake nach Constantinopel oder Bujukdere bei
der zweiten Conzeschen Expedition stattgefunden
haben könnte, nach deren Abschluss Matrosen des
assistierenden Kriegsschiffes ohne Vorwissen der
Unternehmung in der That einige Steine entfernt
und nach Pola gebracht haben. AVenn ich trotzdem
an der Deutung des Denkmales als einfachen Kata-
loges festhalten zu sollen glaube, so geschieht dies

Th. Reinach aufmerksam, wie schon früher Maurice Holleaux
in einem Briefe an mich die richtige Schlussfolgerung daraus
gezogen hat.

13) Th. Reinach, Mithradates Eupator, deutsch von Götze
1895, 474 Anm.

14) IGIns III 103 = Sitz.-Ber. Herl. Ak. 1895, 471 ff.
Iß) IGIns I 43. Vgl. den Abschnitt bei Ziebarth, Griech.

Um die Entstehung dieser "Weihungen noch
näher zu erklären, möchte ich nur noch mit einem
Worte an die Vereine erinnern, welche die Mann-
schaften eines Schiffes unter sich bildeten. Die Basis
der Künstler Epicharmos, Vater und Sohn, die keines-
falls lange nach 100 v. Chr. fallen kann, da Epichar-
mos Vater noch einem Mitkämpfer der rhodischen
Seeschlachten von 200, 197 und 190 eine Statue ge-
setzt hat,14) nennt ein 2au.o8-pat."/aaaTäv Msaovswv
xotvöv und ein 2cc|j,o{rpai>aaaTäv jeal A7]|aviK0Täv twv
cruva-paTsuaauivwv xoivöv. Also auch hier haben wir
die großen Götter mehrfach vertreten; sie hatten
Filialen auf Rhodos und der rhodischen Insel Kar-
pathos; doch zeugen auch die Inschriften von Samo-
thrake von der Anwesenheit rhodischer Bürger.15)
Nicht minder war Samothrake in dieser Zeit bei den
Römern Mode; außer den lateinischen Graffiti be-
weist dies der Unterbefehlshaber des Lucullus,
Voconius, der ev 2ajj,o3-pqb<.-(j |j,uo6]i,evoc, y.ai mxvyj'yupi-
tjtuv xatkicrrip-ijae.10)

So kehrt die Betrachtung immer wieder zu der
merkwürdigen Kabireninsel zurück, von der die ver-
bindenden Fäden nach allen Seiten führen. Ob als
Ariadnefaden oder als trügerisches Gewebe, mag
in erster Linie der entscheiden, dessen anregende
Zeilen den Anstoß zu dieser Skizze gegeben haben.

Berlin, Mai 1898.

F. HILLER v. GAE RT RING EN.

hauptsächlich deshalb, weil mir seine Eigenart von
der des kyzikenischen doch wesentlich verschieden
zu sein scheint: dort die Bezeichnung der Weihen-
den als [|i.üaTa]t söasßsT£, hier nichts, was sacralen
Charakter beanspruchen könnte; dort eine ausdrück-
liche Datierung ['Em xpü Sstvog InrMpxzia], Sjd (iaest-
Xsmz äs sv Sa[(j,o-9'pqf-/t-(j], hier eine einfache Auf-
zählung der für den Kriegszug fallweise eingesetzten,
also zu einer Datierung nicht recht geeigneten Com-
mandanten, worin ich eine Datierung umso weniger
zu erblicken vermag, als auch in der kyzikenischen
Stele die Commandanten unverkennbar nur als solche

erscheinen (01 aTpaT,suadu.svoi Qisra.....azpazri~;oü

&v3-U7l(xtoö y.xX.). — An einen -rpc^pap/og -ce-pvjpeojg
hatte auch ich gedacht und trete jetzt dieser Lösung

Vereinswesen 118 ff. ,axpKTtö)TOt-Vereinigungen' und für
Rhodos-Samothrake Ath. Mitth. XVIII 1893, 385 ff.

10) Plüt., Luc. 13. Andere Romer CIL III 713 sqq. und
sonst; Th. Rcinach, Rev. des et. gr. V 1892, 204, 7; Kern,
Ath. Mitth. XVIII 1893, 374 ff. Es liegt nicht in meiner Ab-
sicht, das reiche Thema zu erschöpfen.

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