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Österreichisches Archäologisches Institut [Hrsg.]
Jahreshefte des Österreichischen Archäologischen Institutes in Wien — 1.1898

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Vysoký, Hynek: Archäologische Miscellen
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https://doi.org/10.11588/diglit.19227#0298

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Diltliey den Kallimachos, Brizio den Philetas von
Kos.14) In jüngster Zeit hat man sich aber auch von
diesen Versuchen abgewandt, und man vermeint in
dem interessanten Kopfe ein Gegenstück zu den
Homerporträts, ein hellenistisches Phantasiebildnis
einer alten Dichtergröße zu finden. So hat- ihn
neuerdings Furtwängler auf Hipponax,15) Arndt gar
auf Archilochos gedeutet.10) Dies struppige bärtige
Porträt — meint ersterer — könne unmöglich irgend
einen der höfischen Dichter der Diadocbenzcit dar-
stellen. Diese um die Gunst der Höfe buhlenden
und von ihr lebenden Leute müssten wir uns noth-
wendig als rasiert und von wohlgepflegtem Äußeren
denken, da nur einige Philosophen dieser Zeit sich
gegen die herrschende Mode aufgelehnt hätten und
ihren Bart wachsen ließen. Die nähere Charakteristik
des Kopfes, die Furtwängler gibt, scheint weniger
seine Hypothese bedingt zu haben, als von ihr be-
stimmt zu sein. „Es sei nicht der natürliche Verfall
des Alters dargestellt," sagt er; „der Mann brauche
nicht besonders alt zu sein, da er noch vollen kräf-
tigen Bartwuchs habe. Allein sein Gesicht sei von
Leidenschaften durchwühlt. Der Ausdruck sei der
des zornigen geifernden Eiferers, der die Schärfe
seines rücksichtslosen Spotts, seiner giftigen Heftig-
keit über alles ergieße. Man glaube ihn zu hören,
wie er zankt und spottet und geifert, zur eigenen
Hässlichkeit noch verwahrlost, weil Rücksicht auf
andere ihm fremd sei."

Es ist mehr als fraglich, ob wir diese Physio-
gnomie wirklich nur so und nicht auch anders auf-
fassen dürfen. Dagegen, dass wir hier ein Porträt
des Hipponax vor uns haben, lässt sich vor allem
anführen, dass die gelehrten Grammatiker der ale-
xandrinischen Zeit allerdings den sprachlichen Aus-
druck des Dichters mit den dröhnenden Compo-
sita und die Metriker seine Choliamben studierten,
aber mit nichten seine schmutzigen Verse volks-

14) Annali dell' Inst. 1873 S. 98—106, vgl. bull, doli' Inst.
1880 S. 125 (Mau); Rayetj Monuments de l'art antique Band II
Tafel 59; ferner Archäol. Zeitung 1880 S. 35 (Robert) und
Athen. Mittheil. 1885 S. 396 (Schreiber)

thümlich waren, wenn er auch gelegentlich von
einem Komiker, wie Diphilos, auf die Bühne ge-
bracht wurde, und zwar als Liebhaber der Sappho,
um die lesbische Sängerin durch dieses Verhältnis
recht gründlich vor den Zuschauern herabzusetzen.
Es ist schwer einzusehen, was einen Künstler der
Diadochenzeit veranlassen mochte, gerade diese,
damals halb verschollene literarische Größe zum
Gegenstande seiner Darstellung zu machen, und so
können wir Furtwänglers Deutungsversuch nicht über-
zeugender finden als die übrigen.

3. Repliken praxitelischer Werke.

Zu der von W. Klein, Praxiteles S. III ge-
gebenen Liste von Gemmen, die den Sauroktonos dar-
stellen, kommt ein fünftes Exemplar im Musee
Fol. IX 6, das wegen der Veränderungen, welche
die Darstellung erfuhr, nicht ohne Interesse ist. Ab-
gesehen von der abweichenden Beinstellung, die
sich auch an anderen Repliken wiederholt (Klein
S. 121 f.), fällt nämlich auf, dass die Stelle des
Baumstammes, an dem die Eidechse emporkriecht,
ein Pilaster mit ionischem Capitell einnimmt. Aber
ein Pfeil in der Rechten des Gottes beseitigt jeden
Zweifel über die Absicht des Steinschneiders, der
übrigens in der links angebrachten Legende M. TITI
wohl den Namen des Bestellers eintrug. Nach dem
Texte zu der Tafel des angegebenen Werkes soll
sich auch eine statuarische Replik des Sauroktonos
im Musee Fol befinden. Dem Klonischen Verzeich-
nisse (S. 108) wäre sie gleichfalls zuzufügen.

Unter den Wiederholungen, welche Klein S. 396
von der Gruppe des Silen mit dem Dionysoskinde
aufzählt, fehlt ein Kopf des Silen im Museo delle
Tcrme Diocleziane (Guida IV n. 13 p. 44). Er ist
von geringer' Arbeit und an der rechten Wange
verstoßen, Nase und Büste sind ergänzt.

Prag, Juli 1898. H. VYSOKY.

15) Sammlung Somzee S. 37. Vgl. Berliner pliilol. Wochen-
schrift 1898, S. 433—434 (Kürte).

16) Furtwängler, Sammlung Somzce, S- 36.
 
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