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Die Bischöfe

In den Beziehungen des Fürstbistums zu Kaiser und Reich und zu den beiden
Nachbarstaaten sowie in dem Verhältnis zur Stadtgemeinde war vielfach die
Persönlichkeit der Fürsſtbiſchsfe maßgebend. Über deren Charakter und
Tätigkeit urteilen die älteren Chroniken meist einseitig, entweder höfiſch-klerikal
oder bürgerlich-freiſinnig; neuere kritiſch durchgeführte TLebensbeschreibungen von
Passauer Bischöfen gibt es leider noch sehr wenige. Nicht immer aber haben
die oft zwiespältigen Wahlen des Kapitels oder der fremde Einfluß den geeigneten
Mann auf den Stuhl des hl. Valentin gesezt. In diesem Rahmen können aus
der langen Reihe der Biſchöfe nur jene hervorgehoben werden, die für die Ent-
wicklung der Stadt von Bedeutung gewesen sind. Unter den älteren steht in
dieser Hinsicht an erſter Stelle

Pilgrim (971-991). Seine Abstammung ist unsicher, doch zwingt seine Er-
wähnung im Nibelungenlied zur Annahme, daß er der Familie des in Pechlarn
ansässigen Markgrafen der bairischen Oſtmark angehörte. In Niederaltaich hatte
er eine gründliche wissenschaftliche Ausbildung erfahren, seine Lebenstklugheit
wandelte sich in weltkundige staatsmänniſche Erfahrung, die ihr Ziel in der
Festigung der eigenen Stellung wie jener der ihm anvertrauten Diözese sah.
Diese suchte er durch Bekehrung der Ungarn zu erweitern, hielt dabei sogar die
Mitarbeit des (hl.) Wolfgang zurück, erzielte jedoch schließlich keinen durchgreifenden
Erfolg (S. 37). Ein solcher war auch nicht beschieden seinem Streben, das
Bistum Passau wegen angeblich höheren Alters von dem Metropoliten in Salz-
burg unabhängig zu machen. Dagegen brachte ihm seine Anhänglichteit an das
Kaiserhaus Gewinn; als Entschädigung für den Schaden, den die Diözese in
den Ungarnkriegen erlitten hatte, erhielt er eine Anzahl Klöster wie Ötting,
Niedernburg, Kremsmünſter, St. Pölten und St. Florian. Dabei war es ihm
weniger darum zu tun, das kirchliche Teben in diesen Stiften wieder zu erheben,
als vielmehr deren reiche Einkünfte einzuziehen. In Passau selbſt gewann er
ebenfalls verschiedene Rechte, so daß er schon daran denken konnte, die Stadt
ganz in seinen Besitz zu bringen.?) Zur Verfolgung dieses Zieles waren ihm
alle Mittel gerecht; er gewann einen Kanzleibeamten Ottos II., der ihm
„ältere“ falſche Urkunden ausarbeitete, auf Grund deren erneute Anſprüche ge-
ſtellt werden konnten, besonders nachdem der Kaiser ihm eine Entſchädigung für
die Zerſtösrung der Stadt 977 schuldig war. Der letzte Erfolg blieb aber dies-
mal Pilgrim versagt. Er ſcheint sich auch der Hebung des Handels sehr ange-
nommen zu haben. Seiner eigenen literariſchen Bildung entsprach die damals
zeitgemäße Vorliebe für die ältere deutsche Heldendichtung und damit der Auf-
trag, das Nibelungenlied ſchriſtlich festzulegen (S. 38).

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