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Beck, Paul A. [Hrsg.]
Schwäbisches Archiv: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Literatur, Kunst und Kultur Schwabens — 26.1908

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Pfeffer, Albert: Die weiße Sammlung in Friedrichshafen, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.20209#0032

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16

noch mehr. Auch die Disziplin muß sehr
notgelitten haben. Denn 1626 beabsichtigt
der Bischof, den Konvent durch die Do-
minikanerinnen von Wil zu formieren und
unterhandelt mit dem Abt von St. Gaüen
über den Austausch der Konventualinnen.

Eine plötzliche Änderung bringt das
Jahr 1634. Am 1. September 1634
wardasKlosterLöwentalvondenSchweden
eingeäschert worden. Bei der Fortdauer
des Krieges war an einen sofortigen
Wiederaufbau des Klosters nicht zu denkeu.
Vorübergehend hielten sich die Frauen in
Bregeuz und in Diessenhofen und Kon-
stanz in den Konventen ihres Ordens
auf; 2 Schwestern blieben in der Mühle
in Löwental, 2 in der dem Kloster Löwen-
tal gehörigen Trautenmühle. Unterhand-
lungen mit dem Kaiser wegen Uberlassung
des Dominikanerinnenklosters Wildberg
(oberhalb Nagold) 1635 zerschlugen sich.
14 Löwentaler fanden eine neue Heimat
in Buchhorn in dem sogenannten „Schme-
chin"-Haus. Eine Schmechin (aus dem
alten Buchhorner Geschlecht der Schmäh)
war Pfründnerin in Löwental und hatte
ihr Haus in Buchhorn dem Kloster ver-
macht samt 1000 fl. Weil das Haus
für die vielen Schwestern gar zu kleiu
war, überließ Bischof Johann von Kon-
stanz mit päpstlicher Vollmacht im Jahre
1639 (3. Dezember) auf Bitten der Löwen-
taler Frauen und auf Ersuchen des Pro-
vinzials ?. Johannes Allenvorst die un-
mittelbar neben der Schmechin Haus ge-
legene weiße Sammlung samt allen Gütern,
Rechten und Lasten den Klosterfrauen
von Löwental. Die weiße Sammlung
war nur noch von einer Klosterfrau be-
wohnt und somit wieder am Absterben.
Das Sammlungsgebäude war von den
Schweden ganz verdorben und in den
Grund gerichtet. Die Löwentaler Frauen
mußten zuerst vielen Aufwand machen,
um das Haus wieder wohnlich eingerichtet
zu haben. Priorin im Buchhorner Hause
war die vielgeprüfte edle Anna Catharina
Brendlin. Von ihrer 24jährigen Re-
gierung erzählt die Löwentaler Chronistin,
daß sie in ihrem Amt nie eine fröhliche
Stunde gehabt, sondern nur Krieg, Flucht,
Plünderuug und Verbrennung, Kreuz und
Leiden. Jm Haus der Schmechin starb
sie auch am 13. Februar 1658 „mit

großem Ruhm der Tugenden". Die
Vollendung des Klosterneubaues in Löwen-
tal, den sie mit größter Energie betrieb,
durfte sie nicht mehr erleben.

Die neuen Jnsassen sührten nach ihren
eigenen Aufzeichnungen ein armes, aber
zufriedenes, mustergiltiges Ordensleben.
Sie teilten Freud und Leid mit den
Buchhornern zumal in den folgenden
Kriegsjahren. Als Konrad Widerholt
vom Hohentwiel her 1645/46 die Stadt
brandschatzte, halfen sie nach Kräften mit
zurBestreitungder großenBrandschatzungen.

Die eigentliche Jnkorporation wurde
von Bischof Johann VII. von Konstanz mit
päpstlicher Vollmacht am 25. Januar
1640 vollzogen (eum MiroxiZ, svribu8,
onoribus st kmolumoutis pleuuriö iu-
eorporutur 6t uuitur iu subl6vg.m6u
6xul6ut.ium mouiulium iu bövveutbul).
Jm Auftrag des Bischofs führt der Dekan
des Theuringer Kapitels Augustin Rogg,
Pfarrer in Berg die Priorin in den Be-
sitz der Sammlung ein. Es geschah am
12. Juli desselben Jahres. Zeugen waren
bei der feierlichen Handlung Pfarrer
Martin Freiberger von Buchhorn, Bürger-
meister Balthasar Heggelin, Stadtamman
Joachim Schmidberger, Oberzunftmeister,
Sebastian Späth und Stadtschreiber
Johann Jaeob Handel. Jn Gegen-
wart der Zeugen beruft zwischen 9 und
10 Uhr vormittags der Dekan die
Priorin und die Konventualinnen in das
kleine Refektorium der Sammlung und
verliest den bischöflichen Auftrag. Die
einzige Klosterfrau aus der weißen Samm-
lung, Agatha Bachmayrin widerspricht
nicht. Auch Bürgermeister und Rat von
Buchhorn stimmen zu vorbehältlich ihrer
Rechte auf die Sammlung. Darauf über-
reicht der Dekan der Priorin Anna Ca-
tharina Brendlin die Schlüsfel des Hauses
und die Archivalien, ernennt sie zur
Priorin der weißen Sammlung und führt
sie so in den vollständigen Besitz des
Klösterleins ein. Agathe Bachmayrin gelobt
Gehorsam gegen die neue Priorin und erhält
von ihr das Versprechen, als letzte unter
die Zahl der Löwentaler Klosterfrauen ge-
zählt zu werden und den Lebensunterhalt
zu bekommen. Zur Bekräftigung des Ein-
vernehmens zwischen Rat und Konvent reichte
man sich gegenseitig die Hand. (Schluß folgt).

Druck von Hier. Mühlberger, Augsburg.
 
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