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Beck, Paul A. [Hrsg.]
Schwäbisches Archiv: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Literatur, Kunst und Kultur Schwabens — 26.1908

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Schön, Theodor: Schwäbische Biographien: Herzogin Maria Augusta von Württemberg, [11]
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Kleinere Mitteilungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.20209#0127

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U1

Nach Abschluß des Vertrags vom 5.
November 1737 wurde der Herzogin-
Mutter Maria Augusta jedoch nur für ihre
Person mit Ausschluß des Bischofs von
Bamberg und Würzburg Einfluß in die
Erziehung ihrer Kinder uud bei der Wahl
der Lehrer und ihrer Dienerschaft ein-
geräumt. Sie machte nun im Jahre 1740
hievon Gebrauch. Am Anfang dieses
Jahres wurde ihr nämlich ein Entwurf
einer Jnstruktion, Staats und Ordnuug
für den Hofmeister Freiherrn v. Mon-
leon mitgeteilt und, da sie dagegen Ein-
wendungen machte, wurde über dieselben bei
dem Geheimratskollegium beraten und
ihren Wünschen gemäß die betreffenden
Abänderungen gemacht. Wie mißtrauisch
übrigens die Landstände noch immer
gegen Maria Augusta waren, zeigt fol-
gender Vorfall. Die Herzogin-Witwe
ließ am 3. März 1740 im Schloß zu
Stuttgart durch deu Weihbischos von
Konstanz, Graf Fugger, ihrer Tochter
mit einigen andern Kindern die Firmung
und ihrem jüngsten Sohn Friedrich Eugen,
welcher die Anwartschaft auf eine Salz-
burger Domherrenstelle erhalten hatte,
die Tonsur erteilen. Diese Handlungen
betrachtete der landschaftliche Ausschuß
als Angriff auf den Religionsfrieden
und meinte, der Bischof von Konstanz
habe durch die Handlungen sein Diözesan-
recht und seine geistliche Gerichtsbarkeit
ausüben wollen. Die Herzogin-Witwe
gab indessen beruhigende Erklärungen,
die Kinder hätten nicht reisen können,
die Handlung hätte bei geschlosseneu
Türen stattgefunden usw.

Am 2. März 1741 erschien bei dem
damaligen, katholischen Hofgeistlichen der
Herzogin-Witwe, dem Kapuzinerpater
Hermenegild, ein feiner französischer
Kavalier Marquis der Grafd'Argens"»)
der ihm solgendes erzählte: er habe in
seiner Jugend eine nichtadelige Frau ge-
heiratet, sei deshalb in Ungnade ge-
fallen, habe seinem jüngern Bruder das
Erstgeburtsrecht überlassen müssen und
sei dann nach Holland gezogen, wo er
leider mehrere Bücher geschrieben habe,
in denen er seine Galle ausschüttete, zu-
nächst gegen diejenigen, welche ihn aus
der Heimat vertrieben hätten, danu aber
auch gegen die katholische Kirche. Aber

dieses reue ihn, er wolle die Lossprechung
von seinen Sünden, wie von der Ex-
kommunikation, die gegen ihn ausge-
sprochen worden sei, erlangen, um Ruhe
zu findeu. Er sei bereit, die von ihm
verfaßten Schrifteu öffentlich zu wider-
rufen. Er legte seine Beichte ab, wurde
dann der Herzogin-Witwe vorgestellt. Da
er ein ebenso gewandter und gut unter-
richteter Mann, als ein Kavalier von den
feinsten und glattesten Formen im Um-
gang war, wußte er sich bald ins Ver-
trauen der Herzogin-Witwe einzuschleichen,
die in ihm uur den guten Katholiken sah.
Er wurde im Jahre 1741 Kammerherr der-
selben, weilte mehrere Monate in Stutt-
gart und verstand es die Herzogin-Witwe
so mit Bewunderung uud Vertrauen zu
König Friedrich ll. den Großen von
Preußen, den er ja längst kannte, zu er-
füllen, daß diese auf den Gedanken kam,
demselben ihre Kinder mit Ausschluß der
Tochter anzuvertrauen und dadurch desfen
Freundschaft und Schutz gegen ihre Femde
zu erwerben. (Fortsetzung solgt.)

Aleiiiere Mitteilungen.

EinAusläufer alten Sprachgebrauchs
in Oberschwaben. Die Stelle in Lessings
Minna von Barnhelm II, 2, wo die Heldin die
Erwartung ausspricht, Tellheims etwaige Schul-
den bezahlen zu dürfen und dann fortfährt:
„Bringen Sie mir alle seine Schuldner!
Hier ist Geld! Hier sind Wechsel! Alles ist sein!"
hat seiner Zcit einen lebhaften Meinungs-
austausch veranlaßt und macht heute noch man-
chen Leser stutzig. D. Sanders hatte im
ersten Jahrgaug der Zeitschrift „Auf der Höhe"
verwundert gefragt, warum noch niemand be-
merkt habe, daß hier nicht das Wort Schuldner,
sondern einzig das Wort Gläubiger am Platze

Marquis Jean-Baptiste d'Argeus, aus
dem Geschlecht de Boyer, geboren am 24. Juni
1704 in Aix, aufangs Soldat, daun kgl. fran-
zösischer Gesandtschastsattachä zu Constantinovel,
später 1733 wieder im Militär, machte 1734
die Belagerung von Kehl uud Philippsburg mit
Hier durch einen Sturz mit dem Pserde dienst-
unfähig geworden und von seinem Vater ent-
erbt, ging er uach Holland und schriftstellerte,
Friedrich der Große, der ihn wegen seiner
gegen die katholische Kirche gerichleten Schriftcn
schätzte, berief ihn 1744 als Kammerherrn und
Direktor der Akademie nach Berlin. 1769 kehrte
er in sein Vaterland zurück und starb ani
11. Januar 1771 in Toulon. (S. auch D.-A.
XVII!., 1900, Nr. 2/3, S. 17—33. insbesondere
S. 23/24 „Aus de» Tagen der Regentschaft.")
 
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