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Beck, Paul A. [Hrsg.]
Schwäbisches Archiv: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Literatur, Kunst und Kultur Schwabens — 26.1908

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Beck, Paul A.: Wangenheim in Württemberg: eine Säkularerinnerung
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Giefel, Joseph Anton: König Friedrich von Württemberg und die Reformer
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https://doi.org/10.11588/diglit.20209#0060

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44

selbst die dort verlebten Jahre die
„schönsten und belohnendsten seiner
ganzen frühern und spätern Dienst-
laufbahn, die ihm nichts weiter zu
wünschen übrig ließen." Namentlich
knüpfte sich hier das Band, das ihn
früher schon mit dem von ihm allerdings
etwas überschätzten Arzt und Naturphilo-
sophen A. K. A. Eschenmayer (geboren
1768 zu Neuenbürg, f in Kirchheim a. T.
1852), vereinigte, dessen Berufung nach
Tübingen als Lehrer der Weltweisheit
(aus der Schelling'schen Schule) W. auch
durchgesetzt hatte, immer fester und die
philosophifchen und religiösen Ansichten
des edeln Freundes, damals freilich noch
nicht, wie später, zu einem rrüben My-
sticismus übergeschlagen, obwohl ihm
sichtbar sich aunähernd, schmolzen immer
mehr mit den seinigen zusammen. Doch
die Folgezeit rief ihn bald wieder von
Tübingen weg, auf die Laufbahn des
Staats- und Geschäftsmanns zurück, die
ihn, zum Minister erhoben, erst zu be-
deutendem Einflusse nicht nur auf die
innern württembergischen Zustände, son-
dern auch auf die öffentlichen Angelegen-
heiten des deutschen Gesamtvaterlandes,
dann aber, da er es nicht über sich ge-
winnen konnte, seine sreisinnige Über-
zeugnng den Anforderungen der in rück-
gängiger Bewegung sich gefallenden Po-
litik aufzuopfern, zu einem abermaligen
nnd zwar nunmehr bleibenden langjährigen
Ruhestande führte, in dem seine Zeit-
genossen einen Mann von seiner Tüchtig-
keit und Gesinnung mit Bedauern er-
blickten. In Württemberg, der Haupt-
stätte seines Wirkens, hat er im Gegen-
satz zu manchen andern „Ausländern"
ein gutes Andenken, den Ruf eines ehr-
lichen, freisinnigen Mannes zurückgelassen.

Aönig Hriedrich von Lvürttemberg
nnd die Refsrnrer.')

Bo» Archivrat 6r. Giefel.

önig Friedrich von Württemberg
besuchte zu wiederholten Malen
seine neu gewonnenen Landesteile, wo-
bei seinem scharfblickenden Auge nichts
entgiug. So kam er im Sommer 1811

in das Oberland und in die Rottweiler
Gegend. Bei dieser Gelegenheit entdeckte
er Mißbräuche, „die sich in der geist-
lichen Verfasfung beider Haupt-Religionen
eingeschlichen hatten."

Der Konstanzer Generalvikar von
Wesfenberg und angeblich auf dessen Ver-
anlassung hin der katholische Geistliche
Rat in Stuttgart?) hatte, allerdings nur
ermahnungsweise, der katholischen
Diözesan - Geistlichkeit aufgegeben, die
Mesfe und mehrere andere geistliche Ver-
richtungen nicht mehr wie bisher in der
lateinischen, sondern in der deutschen
Sprache abzuhalten. Hiedurch war nach
König Friedrichs Ansicht, der sich hiebei
auf Kaiser Joseph II. berief, die landes-
herrliche Erlaubnis einzuholen. Außer-
dem ging es gegen seine Jntention, in
dem einmal eingeführten Kultus etwas
verändern zu lassen und den Bischöfen
zu gestatten, ohne AllerhöchsteGenehmigung
eigenmächtige Verfügungen zu treffen.
Nach des Königs Ansicht durfte an der
Einförmigkeit des Kultus, die ihm an
der katholischen Religion imponierte, nicht
gerüttelt werden. Solches aber wäre
der Fall, wenn der Pfarrer in Ummen-
dorf die Messe deutsch, der in Essendorf
lateinisch zelebrieren würde. Auch könnte
dadurch die Ruhe der Gewissen gestört
werden. „Dementsprechend wvllen S.
K. Majestät andurch dem katholischen
Geistlichen Rat^) diese seine unbefugte
Nachgiebigkeit nicht allein ernstlich ver-
wiesen, sondern aus landesherrlicher
Machtvollkommenheit aufgegeben haben,
dahin zu sehen, daß aller Orten die
lateinische Sprache bei dem Kultus, wie

y Quelle: Die Kabinetsakten des K. Staats-
Filial-Archivs Ludwigsburg.

^) Bis zur Errichtung des Bistums Rotten«
burg im Jahre 1817 bezw. 1828 verblieben die
Katholiken Neu°Württembergs bei ihren alten
Diözesen Augsburg, Konstanz, Würzburg, Worms
und Speier. 1806 wurde zur Besorgung und
Wahrung der Souveränitätsrechte in Ansehung der
katholischen Kirche in der Hauptstadt des Landes
ein katholischer geistlicher Rat eingesetzt, der bis
zum Jahre 1812 aus 3 Mitgliedern, 2 Laien
und 1 Geistlichen bestand.

2) Damit war hauptsächlich der bekannte
geistliche Rat Bernh. Werkmeister gemeint,
welcher mit Wessenberg sehr für die Einsührung
der Muttersprache bei der hl. Messe war.
(S. Beck a. a. O.) Red.
 
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