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Beck, Paul A. [Hrsg.]
Schwäbisches Archiv: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Literatur, Kunst und Kultur Schwabens — 26.1908

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Schilling, ...: Die Haltung der katholischen Feiertage in der ehemaligen Reichsstadt Biberach seitens der bei Andersgläubigen im Dienste stehenden katholischen Dienstboten und Handwerksgehilfen
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https://doi.org/10.11588/diglit.20209#0040

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24

Dienstbotenangelegenheit wieder in Fluß
brachte, indem er gleich seinen Amtsvor-
gängern erklärte, daß die katholischen
Dienstboten unterschiedslos die kirchlichen
Feiertage halten, an Fasttagen Abstinenz
von Fleischspeisen üben und an Sonn-
tagen in der Christenlehre erscheinen
müßten. Aber wie jene so stieß auch er
bei der protestantischen Einwohnerschast
auf Widerstand. Jn dem protestantischen
Filialorte Bergerhausen erfuhr eine von
Aepfingen gebürtige katholische Dienst-
magd, weil sie an einem katholischen
Feiertage nicht arbeitete, vom Sohne des
Hauses eine so rohe Mißhandlung, daß
sie bewußtlos zu Boden sank und aus
Mund und Nase blutete. Aus gleichem
Grunde erhielt eine andere katholische
Magd die Entlassung und nur den
Ratums-, d. h. den bis dahin verdienten
Lohn ausbezahlt. Aus Klage bei dem
Stadtamann wurde der Dienstherr zur
Bezahlung des vollen Jahreslohnes ver-
urteilt und für den Fall der Weigerung
mit Jncarceration bedroht, welch letzteres
indes seine Glaubensgenossen hintertrieben.
Bei dieser schwierigen Lage der Dinge
wandte sich der protestantische Magi-
stratsanteil wiederum an den Herzog von
Württemberg nnd schilderte ihm durch
Schreiben vom 15. Februar 1759 die
Vorgänge in hiesiger Stadt. Zugleich
bat derselbe, „da unsere Burgerschaft an
diesem mixtierten ort so Viele EheHalten
ihrer ksligiou, alß sie Benöthiget, nicht
aufzubringen vermag, folglich der Catho-
lischen sich nothwendig Bedienen muß",
so möge herzogliche Durchlaucht mit dem
Kardinal und Bischof von Konstanz in
Unterhandlung treten und zwischen den
beiden Konfessionen in Biberach in be-
treffender Angelegenheit eine Einigung
herbeiführen. Zur Förderung der Sache
seien die Evangelischen nunmehr erbötig,
„dem Cathol. Gesind noch die Beede
Mariä Geburt- und Empfängnus, auch
Frohnleichnambs-Täge den ganzen Tag
feyren zu dörffen erlauben". Herzogliche
Durchlaucht möge einem Antrag hierauf
bei Sr. Eminenz dem Herrn Kardinal-
Bischof zu Konstanz stellen. . . .

Der Herzog von Württemberg entsprach
wirklich der Bitte seiner Biberacher
Glaubensgenossen und richtete an den

Bischof von Konstanz das Ersucheu, von
Ordinariats wegen zur Beilegung der
Streitigkeiten in's Mittel zu treten, wo-
rauf letzterer unter dem 22. März 1759
den Stadtpfarrer Waldvogel zur Bericht-
erstattung „über die eigentliche Bewandnuß
dieser Sache" und zur Vorlegung „jener
Verordnung, so bereits urmo 1691 aus
gleichem anlaß von Ordinariats wegen
an Eueren damahligen Vorfahren in der
Pfarrey erlaßen worden ist", aufforderte
mit dem Anfügen, Alles zu vermeiden,
was zu einer Erbitterung der Gemüter
führen könnte, „und anmit der Weeg zu
gütlicher Hebung des Mißverständnußes
desto gewisser offen bleiben möge."

Auf erfolgte Berichterstattuug sowohl
seitens des Stadtpfarrers, als seitens des
katholischen Magistrats antwortete der
Kardinalbischof unter dem 29. April 1759
mit einem Lob auf ihr bisheriges Ver-
halten in sraglicher Streitsache; es sei
ganz korrekt, wenn sie sich auf die im
InstruiEito ?uoi8 den beiden Religionen
garantierte vollkommene Gleichstellung
und uneingeschränkte Ausübung unserer
Religion, sowie auf das Bischöfliche
Ordinariat, als die in der Sache kom-
petente Behörde, berufen. Mau möge
nun einige Deputierte zu der eben tagen-
den Kreisversammlung nach Ulm ab-
ordnen, wo über fragliche Angelegenheit
zwischen den herzoglichen, bischöflichen
und Biberachischen Gesandten Beratungen
würden gepflogen werden, „jedoch anderst
nicht als mit der gemessenen Jnstruktion,
daß Sie sich in nichts Verbindliches
ein-, noch viel weniger die Sache der
Württemberg: Gesandtschaft zur Cognition
oder Jndikatur überlassen, sondern sich
alleinig an die unsrige halten, und zwar
wohl die gegentheilige allenfalsige behelfe
anhören, anbey aber jmmer ob deneu
vorangeführten Urinoipüs mit deme un-
abweichlich bestehen sollen, daß die Er-
örterung dieser Sache nach eigener Aeuße-
rung Sr. Lbden des Herrn Herzogen
von Württemberg Uns als Oräirmrio
alleinig zukomme, und Sie somit ledig-
lich auf Unsere Erkanntnuß sich berufen.
— Nach erstatteter Relation durch unsern
Gesandten und Berathung Unsers geist-
lichen Raths werden wir von Ordinariats
wegen, was Wir nach Unseren obtragen-
 
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