Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Beck, Paul A. [Hrsg.]
Schwäbisches Archiv: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Literatur, Kunst und Kultur Schwabens — 26.1908

DOI Artikel:
Beck, Paul A.: Schwäbische Biographien, [2]: Dominikus Zimmermann, Baumeister (1685-1766)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.20209#0047

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
31

menwerk ausgeschmückt. Diese Kirche, in
welcher der Meister seinem exquisiten
dekorativen Taleute und seiner Phantasie
so recht freien Lauf lassen konnte, über-
trifft noch die von Siesfen; insbesondere
ist in Steinhaufen die zu Siessen in der
unteren Hälfte der Fensterhöhe liegende
Ausbauchung der lebendig umrisfenen drei-
teiligen Oberfenster in die obere Hälfte
öerlegt; auch haben die Kapitäle der ge-
kuppelten, den Außenbau gliedernden Pi-
laster uoch reichere, üppigere Formen wie
in Siesfen. Der ganze, auf einem freien
Platze sich erhebende Tempel mit seinem
srei und lustig in deu Äther aufsteigenden,
weithin über den Wäldern sichtbaren
Turm macht von außen und innen einen
imponierenden, vornehmlich im Jnnern
einen heiteren, festlichen, ja geradezu be-
strickenden Eindruck, und glaubt mau sich
beim Eintritt im ersten Moment faft un-
willkürlich in ein Opernhaus verfetzt.
Später hat Z. dann auch ein Modell
zum beabsichtigten Klosterneubau in Schus-
senried, in welchem ein Sohn von ihm,
der im Jahre 1753 gestorbene ?. Judas
Thaddäus Z., seit 1734 als Konventuale
sich befand, gefertigt und sich um die Bau-
oberaufsicht beworben, welchem Gesuche
indes nicht entsprochen wurde. Ebenso-
wenig wurden seine um das Jahr 1732
entworfenen Risfe für den Neubau der
Klosterkirche in Ottobeuren ausgeführt.
Mit dem Steinhauser Kirchengebäu wett-
bsiert in Anlage und Ausbau die von
'hm in den Jahren 1746—53 im Auf-
iwgx dxs Prämonstratenserklosters Stein-
b.aden ausgeführte herrliche Wallfahrts-
lsiche oon Wies (s. über diese Hager,
me Bau- und Kunstdenkmale des Klofters
^teingaden, im Oberbayr. Archiv, 47.
lod., S. 173 ff.); namentlich übertrifft
etztere den Steiuhauser Bau durch die
?che Chorgestaltung und leichteren luf-
^^n Aufbau, währeud die Stuckdekora-
des letzteren trotz allem in Wies nicht
reicht mird. Außerdem soll Z. das
^ominikanerinnenkloster zu Ober-Med-
auch Maria-M. genannt, das
^esuitenkloster in Landsberg, und an einer
^wche in Günzburg gebaut haben. Auch
will ihm aus stilistischen Gründen noch
oer Bau der Johanniskirche in Landsbera
Mgewiesen werden. Z. ist der größte

Baumeister, der aus der „Wessobrunner
Schule hervorgegangen und zählt zu den
genialsten und virtuosesten Rokokoarchi-
tekten Süddeutschlands. „So wie er hat
keiner es verstanden, die schweren Massen
in leichte, luftige Gebilde aufzulösen; nichts
ist jhm zu kühn, er durchbricht Gewölbe-
anfätze uud Übermauerungen von Bögen,
um den Beschauer durch ungeahnte Dnrch-
blicke zu überraschen: er ist Stukko-Archi-
tekt und überträgt so zu sagen die flüssige
Behandlungsweise des alle beliebigen
Formen leicht annehmenden Stucks auf
das massive Baumaterial .... Seine
Kirchen-Jnnenräume sind von einer reich
gestaltenden Phantasie durchglüht, welche
die durch das Baumaterial und das Gesetz
der Schwere gezogenen Schranken gewisfer-
maßen zu sprengen sucht." Jm Bilde ist
der Meister mit seinem Sohne Franz auf
einem in der Kapelle von Wies besind-
lichen Votivgemälde verewigt. Z. hatte
noch einen ülteren, ihm als Künstler eben-
bürtigen, als Maler und Stukkator bedeu-
teuden (am 3. Jauuar 1680 zu Gais-
point geborenen, am 26. Februar (alin8
2. März) 1758 als Maler und kurfürst-
lich bayerischer Hofstukkateur in München
gestorbenen) Bruder Johannes Z., wel-.
cher namentlich in dem Klosterneubau zu
Ottobeuren, in den kurfürstlichen Residenz-
schlösfern zu Schleißheim, Nympheuburg
und München, fowie in zahlreichen Kirchen
Kurbayerns (so zu Weyern, Andechs,
Schäftlarn, Tegernsee u. s. w.) eine unge-
mein reiche Tätigkeit entfaltete und auch
den malerischen Teil bei den durch seinen
Bruder ausgeführten Kirchenbauten von
Siesfen, Steinhauseu und Wies besorgte,
über welchen wir in der vom historischen
Verein von Oberbayern herausgegebenen
altbayrischen Monatschrift II (1900) Heft
1—5 eine Monographie von Joh. Bapt.
Schmid besitzen.

vr. Gg. Hager, Die Bautätigkeit und
Kunstpflege im Kloster Wessobrunn rc. im
Oberbayr. Arch. f. vaterländ. Gesch., 48.
Bd. (1894), S. 397 bis 418. — Beck,
Die Wallfahrtskirche zu Steinhausen, im
0. ^., XI. Jahrg. (1893), Nr. 2 S. 7/8
und Nr. 6 S. 23 und XIII. Jahrg.
(1895), S. 100.
 
Annotationen