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Beck, Paul A. [Hrsg.]
Schwäbisches Archiv: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Literatur, Kunst und Kultur Schwabens — 26.1908

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https://doi.org/10.11588/diglit.20209#0080

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soll dem Vogt der Bcfehl erteilt werdcn, dcn
Plunder (!) z» verkaufen. Wie reich aber der
Kirchenschatz vor dessen Einziehung selbst an
kleineren Orten des ichwäbischen Unterlandes
war, dies geht aus einem in der tüchtigen
Lokalgeschichte des altwürttembergischen, ehemals
zur Diözese Konstanz zum Ruralkapitel Urach
zählenden Städtchens Grötzingen (im heutigen
württembergischen Oberamt Nürtingen; s. würt-
tembergische Jahrbücher, Iahrg. 1906, Stuttgart,
Kommissionsverlag von W. Kohlhammer, 1907,
2. Heft, S. 29) von Heinr. Höhn veröffentlichten
„Jnventarium über der Stadt und Amptfleckhen
Nurtingen zugebrachter Kirchenvisitation ....
der befuudenen Kirchenornaten . . . ." hervor.
Darnach besaß die Pfarrkirche zum hl. Ottmar
in Grötzingen, welches damals wohl nicht viel
über 400 Einwohner zählte, mit 3 Kapläneni
2 Monstranzen, 4 eherne, 2 zinnerne Altar-
leuchter, 1 grüne zerrissene „Arrassinfahne" —
welcher technische Ausdruck von der französischen
Sladt Arras herkommt, wo damals das bekannte
leichte und geringe Rollengewebe verfertigt ward,
das in Deutschland und besonders in den Reichs-
städten sehr im Gebrauche war; eine Angsburger
Polizeiordnung aus dem 16. Jahrhundert spricht
von „Seyden-Arras", „Arrasi-Zotten" —
1 kupferne vergoldete kl. Monstranz, 1 grünes
geblümtes Meßgewand aus Samt mit 1 ge-
stickten Kreuz, 1 altes grünes, seidenes Atlaß-
meßgewand mit 1 gestickten Kreuz, 1 altes weiß-
leinenes Meßgewand mit 1 blauen Kreuz,
1 schwarzes „Burstetin"- — Burschat, Bur-
sat, Burset, eine Art halbseidener Zeug »8s.tin
äs eyprss« — Meßgewand mit 1 „gevasten"
(gefatztens Kreuz, 1 altes, rotes, aus Samt mit
1 gestickten Kreuz, 1 altes „vernitzt" aus schwar-
zem Samt mit 1 roten „lindschen" — lündisch,
liudisch Tuch von London, nicht von Leyden —
Kreuz und weißen und blauen Rosen, 1 rotes
„vernitzt" seidenes „mußirt" Meßgewand, 1 altes
zerrissenes, mit Seide floriert und teilweise mit
Gold gestickt, 1 blaues zerrissenes, 1 uraltes
zerrissenes, aus Seide, mit weißen und blauen
Rosen und 1 Kreuz, 1 grünes, nicht ganz seiden,
„rot darein floriert" mit 1 Kreuz, 1 altes grünes
und blaues zerrissenes, mit Seidc „moussiert",
1 rotes „arraßn" mit 1 Kreuz, 1 altes, fchlechtes,
grünseidenes mit 1 gestickten Krenz, 1 altes, zu-
sammengesetztes, 1 grün „Engeljaittin" (eng-
lischer Satin) mit 1 roten „lindschen" geblümten
Kreuz, 1 altes, schlechtes, weißes u»d gelbes
Meßgewand, seiden und leinen. Daraus be-
kommt man eine Ahnuug von der Gewänder-
pracht in katholischer Zeit vor der Reforniation
selbst in kleinen Orlen.

—ek. Ein altdeutscher Altar in Dorn-
stadt. Jn der Sakristei der neuen, im Jahre 1886
erbauten katholischen Pfarrkirche vvn Dornstadt
bei lllm O.-A. Blaubeuren ist ein Schrein von
einem altschwäbischen Altar aufgestellt, der sich
früher im Privatbesitz daselbst befand, bis dahin
fast ganz unbekannt geblieben und sich deshalb
auch in Kepplers Diözesankunstkatalog S. 36 nicht
erwähnt findet nnd beim Kirchenneuban gegen

das Hochaltarblatt der abgebrochenen Kirche eiu-
getauscht wurde, der aber wahrscheinlich aus
einem benachbarten früheren Klvster (Blau-
beuren? Elchingen, welchem Dornstadt bis zur
Säkularisation gehörte, 0. 8. Lsuscl.) wenn
nicht aus dem nahen Ulm selbst stammte. Der-
selbe birgt die Figuren dcr hl. Barbara, der
Madonna und der hl. Katharina; seine Breite
beträgt 1 Meter. Auf der Predella sind
4 weibliche Heilige in Halbfigur gemalt; in der
Mitte derselben ist eine kleine leere Nische an-
gebracht, welche früher durch ein Türchen ver-
schließbar war. Die (2) Flügel hängen nicht
mehr am Schrein, sonderm im Chor der Kirche.
Sie waren früher auf beiden Seiten bemalt,
die Malereien sind jedoch nur noch auf der
einen Seite erhalten und dazu durch die Restau-
ration stark mitgenommen. Auf dem einen
Flügel erblickt man dieAnbetungderKönige;
links Maria, sitzend, in Vorderansicht (rotes
Goldbrokatkleid, blaugrün gefütterter Mantel);
sie hält mit der linken das steheude nackte
Kind; links hinter der Mutter Gotles, stehend
der hl. Joseph. Jm Vordergrunde rechts vom
Rücken gesehen, kniend ein König. Der greise
König dahinter beugt sich zum Kind, überreicht
ihm einen großen Kelch; dahinter der dritte
König, die rechte an der Mütze, auf der linken
Hand ein Schatzkästlein, zwei vom rechten Bilder-
rand überschnittene Männer schließen die Gruppe
ab; der goidene Schmuck ist Plastisch aufgelegt.
Auf dem andern Fiügel sieht man die hl.
Familie dargestellt: Maria auf einer mit
dunkelrotem Goldbrokat bedeckten Bank sitzend
und spinnend etwas nach rechts gewandt. Hinter
der Bank steht der Knabe im hellblauen Kittel,
die rechte Hand am Spinnraken, der Mutter
zuschauend. Links hinter Maria Joseph, auf
niedrigerem Schemel sitzend, mit der linken den
Stock fassend; den Kops - auf die rechte gestützt.
Der obere Abschluß der beiden Flügel, in Ge-
stalt eines ganzen uud eines halben Flügels, so
daß sie den Schrein vollkommen deckien, wurde
erst neuerdings weggeschnitten. Die Entstehungs-
zeit des Altarwerkes dürste in das erste Drittel
des 15. Jahrhunderts zu setzen sein; man hat
hier die älteste Schreinmadonna aus Schwaben;
dieselbe ist zweifelsohne die Arbeit Ulmer
Meister; Schrein und Predalla (Tafel 11/12),
sowie der erstangesührte Altarflügel (Tafel 13)
sind in dem kürzlich erschienenen Buche von
Maria Schütte über de» schwäbischen
Schnitzaltar (Straßburg bei Heitz, 1907) ab-
gebildet, woselbst (S. 17/18, 71, 88. 94/95, 97,
103, 111) sich auch eine Reihe von Ausführungen
über dieses älteste Altarwerk aus Schwaben sindet.

fran? öucher, öuchhancjiung,

_ 6IIwangen -

empkiebit:

Zcftlvarr, vie esiemssige 6enecs>k1i>lerablei--
kirche ^um sii. Oilu; in LUwangen.

Slalt Mark 2S.— Mark 4.SS.

Druck von Hier. Mühlberger, Augsburg.
 
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