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Beck, Paul A. [Hrsg.]
Schwäbisches Archiv: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Literatur, Kunst und Kultur Schwabens — 26.1908

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Merk, Gustav: Die Statuten der Priesterbruderschaft an der Liebfrauenpfarrkirche zu Ravensburg, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.20209#0091

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75

Die Mauern der Klosterfrauen L.
eiLei st 8. Lluruei) betrete kein Kaplan
außer deren Beichtvater, der ihnen von
dem Pfarrer allein zu geben ist (wenn
die Klosterfrauen einem Ordensmann nicht
den Vorzug geben) ohne Erlaubnis des
Pfarrers, bis das Kloster ein anderes
Privileg vom Bischof von Konstanz oder
dem Ordinarius erhalte. Wer aber dort
zelebrieren wolle, tue dies ruhig, da
die Kapelle außerhalb des Klosters ist.
Für die Zelebration nehme er ein Frnh-
stück nicht an wegen der vielen auch bei
der letzten Konstanzer Synode ange-
drohten Strafen, außer es bestimme der
Bischof anders.

Der Pfarrer, die Coadjutoren und Ka-
pläne lieben sich gegenfeitig brüderlich, nach
Kräften befördern sie und helfe jeder be-
fördern Gottes Ehre, das Heil der Seelen,
das Wohl der Kirche und ganz besonders
bringe der Pfarrer seinem Klerus Wohl-
wollen und aufrichtige Liebe, der Klerus
aber dem Pfarrer Ehrfurcht, Gehorsam,
Anstand entgegen, auch bei den in den
Statnten nicht aufgezeichneten Fällen und
Anlässen.

Die Statuten sollen an jedem Fron-
fasten-Freitag, (wenn nicht ein Festtag
vder fonst ein Verhinderungsgrund im
Wege liegt) von Anfang bis zu Schlnß
vom Pfarrer oder dem er es übergibt
vorgelesen werden und wer sich davon
drückt, soll einen halbeu Gulden Strafe
zahlen. Es solleu auch an diesen Frei-
tagen die noch nicht bezahlten Strafen
eingefammelt werden und daß dies besfer
von statten gehe, soll der Pfarrer und
jeder Prokurator ein eigenes Strafver-
zeichnis über die Ezzesfe des Pfarrers
sowohl als auch der Anderen gegen die
Statuten führen, damit die Zuwiderhau-
delnden besfer bezwungen werden können.
Wer aber sich sträubt die Strafe zu
zahlen und dieselbe bereits zu 1 fl. oder
20 Batzen angewachsen ist und bei der
zweiten Fronfnstenzusammenkunft wieder
daran erinnert wird und sie bis zur
dritten Versammlung uicht bezahlen will,
soll der Einkünfte und Präsenzgelder der
Bruderschaft verlustig gehen und weiter
zum Konvent nicht zugelassen werden.
Der Prokurator aber trägt in den Rech-
nungsbüchern jeden ersten und letzten

Obolus ein und wenn ein Prokurator
nichts abziehen will oder was noch
schlimmer ist, einem folchen Kaplan noch
etwas gibt, so soll er beim ersten Mal
um l fl., beim zweiten Mal um 2 fl. und
beim dritten Mal um 3 fl. bestraft wer-
den (»iiuiu pok.iikirum 6x866ulio N6rvu8
63l ämoiplilE 666l68ig8li6A6 gua. UOI1
g.tl6iitu rumil uorporu iu iulvriluui 6t
uiiimg.6 iu iiiluruum«).

Jeder Pfarrer erhalte vor seiner Jn-
vestitur eine Abschrift dieser Bruder-
schaftsstatuten, damit er wisse, was er zu
tun und zu halten habe, dann gelobe er
in Anwesenheit des Dekans und Kammerers,
welche im Numen des Ordinariats und
des Patrons anwesend sind, dieselben zu
beobachten, andernfalls er gar nicht in-
vestiert werden solle. Ebenso gelobe sie
durch Handschlag dem Dekan jeder der
Coadjutoren und Kapläne vor der Jn-
vestitnr. Begehrt einer aber nachher in
die Bruderschast aufgenommen zu werden,
so soll er nicht angenommen werden,
wenn er bereits investiert dem Pfarrer
und seinem Confratres aufs neue' nicht
wieder versprochen, daß er die Statnten
nach bestem Wissen und Können halten
wolle.

Znm Schlusse bestimmen sie nvch fol-
gkNdes »1166688!lul6 60Mpul8i, VI8I8 lol
I160688ilgtidlI8 6l 6tIU8i8 iul6rillI8 M1>-
MM'UUI IluvuiiispurAi«: Weil die Pfarr-
kirche zu St. Maria in Ravensburg so-
wohl an Alter als Größe und Zahl des
Klerus und öffentlichen Ansehen die
nntere Pfarrkirche St. Jodok überragt,
so geben sie jedem Pfarrer an derselben
bischöfliche Rechte, als dem höheren kirch-
lichen Vorgesetzten über die ganze Stadt,
auch die Aufsicht über die Kapläne bei
St. Jodok und über bestimmte Exzesse
derselben außerhalb des Chores; diese
aber zu rügen und zu strafen ist Recht
des Jodokspfarrers. Jn Sachen der
Bruderschaftsstatnten kann er aber mit
Geldstrafen bestrafen z. B. wenn sie im
Wirtshaus, bei-n Spiel und Tanz ertappt
werden, Handel treiben, nachtschwärmen,
verrusene Häuser besuchen, mit verdächtigen
Personen zusammenwvhnen, Verschwörun-

>) Sonst meistens genannt, die Frauen a»f
dcm Berg vder zu St. Michael.
 
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