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Hirsch, Theodor [Hrsg.]; Töppen, Max [Hrsg.]; Strehlke, Ernst Gottfried Wilhelm [Hrsg.]
Scriptores rerum Prussicarum: die Geschichtsquellen der preussischen Vorzeit bis zum Untergange der Ordensherrschaft (1. Band) — Leipzig: Verlag von S. Hirzel, 1861

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https://doi.org/10.11588/diglit.54721#0280

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PETRI DE DUSBURG

Schreibungen, die allerdings im Ganzen früher häufiger als später erfolgte, nur von
äussern und zufälligen Veranlassungen abhängig gewesen sei1.
Die Herrschaft der Gutsherrn über die Gutsunterthanen beruhte aber nicht allein
auf der Dienstverpflichtung der letzteren, sondern auch auf der Gerichtsbarkeit.
War jene im Ganzen überall dieselbe, so bestimmte der Orden das Maass der letzteren
in verschiedenen Verschreibungen sehr verschieden. Nichtsdestoweniger giebt es viele
in welchen der Gerichtsbarkeit überhaupt nicht gedacht wird, und es ist schwierig oft
nicht möglich zu erkennen, aus welchem Grunde und mit welcher Voraussetzung dies
geschehe. Besonders tritt diese Schwierigkeit in den Verschreibungen der ersten
Klasse ein. Es giebt unter denselben einige, in welchen die Landesherrschaft sich
höhere und niedere Gerichtsbarkeit ausdrücklich vorbehält2, andere, in welchen sie
die niedere3, noch andere, in welchen sie höhere und niedere zugleich bewilligt4,
die meisten aber enthalten gar keine Notiz über die Gerichtsbarkeit. Dies erklärt sich
in den Verschreibungen der kleinen Freien einfach daraus, dass sie keine Gutsunter-
thanen haben; es bleibt nun aber noch eine grosse Zahl von Verschreibungen, in
welchen Gutsunterthanen ausdrücklich erwähnt werden , die Veranlassung also ganz
nahe lag, eine Bestimmung über die Jurisdiction hinzuzufügen5. Dass die mit diesen
Verschreibungen ausgestatteten gar keine Jurisdiction gehabt hätten, ist nicht wahr-
scheinlich, doch fehlt es an einer befriedigenden Lösung dieser Schwierigkeit, wenn
man nicht etwa annehmen will, der Orden habe die Entscheidung der Frage bisweilen
absichtlich der Praxis und der späteren Zeit überlassen6. Die kulmischen Ver-
schreibungen enthalten über die Gerichtsbarkeit meistens keine ausdrückliche Bestim-
mung ; es unterliegt aber nach dem Inhalte der kulmischen Handfeste keinem Zweifel,
dass Verleihungen auf kulmisches Recht gewöhnlich die Ausübung und Nutzung der
niedern Gerichtsbarkeit und ein Drittel von der Nutzung der höheren einschlossen.
Ausnahmsweise, obwohl nicht ganz selten, wird in diesen kulmischen Verschreibungen
doch auch unverkürzt niedere und höhere Gerichtsbarkeit zugleich verliehen7. Die
Verschreibungen auf Pflugkorn nähern sich auch hierin den kulmischen : nie-
1) Jene Bestimmung enthalten fast nur Verschreibungen der ersten Klasse, unter die-
sen besonders die älteren (vor 1 263), obwohl nicht alle, nämlich die für Ibuthe, Wargule,
Schardimo, Romecke etc., Waydoten etc., Tyrune, Geducke, Palstock; von den jüngern die
für Kantigerde, Muntigen, Scumand, Girdalle, Schudie. Unter den Versehr, der zweiten
Klasse enthält eine ähnliche Bestimmung nur die für Otto (s. d. vorige Anm.), unter den
kulmischen .nur die für Nicolaus und Jordan von 1298 : Pruthenus (Sadeluke) aut sui bere-
de» vel successores sepedictis J. et N. servire tenebuntur eodem s'ervicio totalitär, quo nobis
servire consuevit. Der Decempflichtigkeit der Gutsunterthanen wird noch gelegentlich er-
wähnt in den Versehr, für Santyrmes von 1267, und für Stamno von 1300.
2) Versehr, für Ibuthe von 1255 (excipimus tarnen ibidem nobis judicium) und für PiFi-
boto von 1 278.
3) Versehr, für Ibuthe von 1258, für Berisko, Waydoten etc., Stubech, Glande (1 298).
4) Versehr, für Wargule, Gedune, Tyrune, Troppein, Peter (Ponathe’s Sohn) Otto, Schu-
die, Kropelto, Gedete. Ibuthe’s Söhne Nacox und Karkarnis erhielten eine eigene Verschrei-
bung über höhere und niedere Gerichtsbarkeit 1261, Privil. d. B. Sami. K. A. Powunden
fol. 21.
5) Verehr, für Schardimo, für Romiko und Gilbirs, für Geducke, für Palstock, für Nacox
und Kerse, für Muntigen, für Kantigerde, für Girdalle.
6) Die Worte : secundum jus et morem antiquorum et primorum Witingorum judi-
candi omne videlicet jus ut habetur, sicut Jynande habere dinoscuntur in der
Versehr, für Luprecht von 1316 und 1 328, und: Omnia judicia magnorum Witingorum in
der Versehr, für Picten und Preidor von 1312, Hubenzahl von Sami. p. 73 scheinen zu
zeigen, dass äusser den oben genannten noch einige andere Withinger hohe und niedere Ge-
richtsbarkeit zugleich hatten. So können wir z. B. auch aus einer Verschreibung für die
Erben Albert Teufels von 1 327, Matr. Fischus. fol. 20 ziemlich sicher entnehmen, dass dieser
selbst die höhere und niedere Gerichtsbarkeit hatte. Voigts Angabe 3, 424, dass der Orden
der Withinger zuweilen die niedere Gerichtsbarkeit und ein Drittel des Ertrages der hohem
überwiesen habe, beruht auf einem Irrthum. Es geschah nie, und unter den Verschreibun-
gen der ersten Klasse überhaupt findet sich nur eine, die für Scumand, welche diese Ver-
leihung enthält. Unbegründet ist auch die Behauptung Voigts 3, 457, erst seit dem Anfänge
des vierzehnten Jahrhunderts kämen Fälle vor, dass auch andere Preussen als Withinger
über preussische Bauern die höhere und niedere Gerichtsbarkeit übten. Dies zeigen mehrere
der schon genannten und noch zu nennenden Beispiele.
7) Versehr, für Sempalto etc. von 1289, für Boguslaus von 1 290, für Schroite von 1284,
für Kurthüe von 1 287, für Cabilo von 1 290 und für Curnoto von 1297.
 
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