CRONICA TERRE PRUSSIE. BEILAGE 8.
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dere Gerichtsbarkeit und ein Drittel des Ertrages der höheren kehrt in denselben (hier
ausdrücklich bezeichnet) fast regelmässig wieder; höhere und niedere Gerichtsbarkeit
zugleich wird in denselben nur sehr selten übertragen1; es kommt hier aber auch
die entgegengesetzte Ausnahme vor, dass die Verleihung der Gerichtsbarkeit auf die
niedere beschränkt und von dem Ertrage der höheren nichts bewilligt wird2; endlich
giebt es auch in dieser Klasse von Verschreibungen einige, in welchen von Gerichts-
barkeit gar nicht die Rede ist3.
Die Belastung des verliehenen Besitzes bot uns einen Haupteintheilungsgrund
der Verschreibungen des Ordens. »Frei mit allem Rechte und Nutze zu besitzen«, ist
der gewöhnliche Ausdruck der Verleihung in den älteren Verschreibungen der ersten
Klasse4; in den späteren herrscht der Ausdruck »frei von Zehnten und bäuerlicher
Arbeit« vor5. Beide Ausdrücke sagen im Ganzen dasselbe; da aber der letztere die
Zumuthung der Zehntenzahlung und bäuerlichen Arbeit, auch wenn sie erlassen wurden,
ausdrücklich voraussetzt, so wandte man ihn nur da an , wo eine solche Zumuthung
an sich nicht verstimmte, also besonders bei kleineren Besitzern, die vielleicht erst
aus dem Stande der Gutsunterthänigkeit befreit wurden, und in einer Zeit, in welcher
der Zumuthung die Macht zur Seite stand, aber nicht bei einflussreichen und ange-
sehenen Edeln , deren Zuneigung und Dienstfertigkeit man eifrig suchte, und nicht in
einer Zeit, als die Gefahr von allen Seiten her drohte. In den Verschreibungen der
kleinen Freien heisst es auch wohl, dass der Decem aus besonderer Gnade erlassen
sei6, oder das Schaarwerk wird in denselben nicht durchaus und unbedingt erlassen :
der eine wird nicht bloss zu Kriegsdienst, sondern auch unbestimmt zu andern Dien-
sten verpflichtet7; andere sollen, sobald sie gerufen werden, alle Geschäfte zurück-
gelegt, gegenwärtig sein8; noch andern wird es anheimgestellt, ob sie sich freiwillig
bäuerlichen Geschäften unterziehen wollen9. In den Verschreibungen auf Pflug-
korn wird die Befreiung-von Schaarwerk nur selten ausdrücklich ausgesprochen10; sie
folgt aber schon aus der Verleihung der Gerichtsbarkeit und auch aus andern indirecten
Andeutungen. Die Verwandlung des Decems in Pflugkorn aber, von der hier immer
ausdrücklich die Rede ist, galt als eine wesentliche Erleichterung. So heisst es in einer
Verschreibung: »Die Zehnten, die ein jeglicher von dem Gebote Gottes schuldig ist,
die erlassen wir ihnen, also dass sie dazu nicht sollen sein verbunden, sondern an
1) Versehr, für Marus von 1267, für Sambango von 1 287, für Curthi von 1282.
2) Versehr, für Szinten von 1261, für Pygant von 1277, für Albert von 1288, für Triene
ete. von 1298. In den beiden letztem wird sogar ausdrücklich bemerkt, dass "von dem Er-
trage der höheren Gerichtsbarkeit nichts verabfolgt werden solle.
3) Versehr, für Santyrmes von 1267, in welcher Bauern erwähnt werden, für Coitite
von 1289, für Gederikes von 1 296, für Gaudinis von 1 284 und für Predrus von 1 290. In der
Versehr, für Mandio etc. von 1 280, in welcher doch auch von Gutsunterthanen die Rede ist,
behält der Landmeister Mangold die G erichte, grosse und kleine, ausdrücklich dem Orden vor.
4) In den ältesten, für Ibuthe und für Grande, wird am genauesten unterschieden: con-
tulimus perpetuo Granden suisque heredibus in propria persona plenam libertatem et de
predictis suis hereditatibus decimam non solvendi similiter libertatem. In den Versehr, von
1261 und 1262 aber heisst es gewöhnlich: libere cum omni jure et utilitate, (familiarum)
subjectione et servicio. Aehnlich noch in der Versehr, für Peter (Ponathe’s Sohn) von 1278 :
cum omnimoda libertate et Integra utilitate, in der Versehr, für Otto von 1288 : cum omni
utilitate et proventu libere, und in der Versehr, für Schudie von 1 299: cum omni jure et
utilitate ac subjectione.
5) So heisst es schon in der Versehr, für Troppein von 1 262 : libere sine decimis per-
solvendis et rusticalibus laboribus impendendis; in der Versehr, für Stubech von 1263: li-
bere et sine omni onere ; in den Versehr, der ersten Klasse nach 1263 gewöhnlich: libere ab
omni onere decimarum et rusticalium operum, oder ähnlich. Dieser Ausdruck ist auch in
die Bestätigung der Verschreibungen Gedune’s (1301) aufgenommen, obwohl die Original-
verschreibungen ihn nicht enthalten. Eigenthümlich ist auch in dieser Beziehung die Ver-
schreibung Girdalle’s vor 1 287; er enthält decem familias libere possidendas, und doch
heisst es weiter: de quolibet unco predictarum familiarum unum modium siliginis aut tri-
tici, quod fratres acceptaverint, singulis solvent annis.
6) Versehr, für Padangen etc. und für Redethin von 1276.
7) Versehr, für Gedite von 1283. Vgl. Voigt 3, 440 Anm. 1.
8) Versehr, für Queyren etc. von 1 290.
9) Versehr, für Padangen etc. und für Redethin von’l 276.
10) Die Versehr, für Albert, Stephan, Gederikes, Triene und Slamno sind schon oben
deshalb zusammengestellt.
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dere Gerichtsbarkeit und ein Drittel des Ertrages der höheren kehrt in denselben (hier
ausdrücklich bezeichnet) fast regelmässig wieder; höhere und niedere Gerichtsbarkeit
zugleich wird in denselben nur sehr selten übertragen1; es kommt hier aber auch
die entgegengesetzte Ausnahme vor, dass die Verleihung der Gerichtsbarkeit auf die
niedere beschränkt und von dem Ertrage der höheren nichts bewilligt wird2; endlich
giebt es auch in dieser Klasse von Verschreibungen einige, in welchen von Gerichts-
barkeit gar nicht die Rede ist3.
Die Belastung des verliehenen Besitzes bot uns einen Haupteintheilungsgrund
der Verschreibungen des Ordens. »Frei mit allem Rechte und Nutze zu besitzen«, ist
der gewöhnliche Ausdruck der Verleihung in den älteren Verschreibungen der ersten
Klasse4; in den späteren herrscht der Ausdruck »frei von Zehnten und bäuerlicher
Arbeit« vor5. Beide Ausdrücke sagen im Ganzen dasselbe; da aber der letztere die
Zumuthung der Zehntenzahlung und bäuerlichen Arbeit, auch wenn sie erlassen wurden,
ausdrücklich voraussetzt, so wandte man ihn nur da an , wo eine solche Zumuthung
an sich nicht verstimmte, also besonders bei kleineren Besitzern, die vielleicht erst
aus dem Stande der Gutsunterthänigkeit befreit wurden, und in einer Zeit, in welcher
der Zumuthung die Macht zur Seite stand, aber nicht bei einflussreichen und ange-
sehenen Edeln , deren Zuneigung und Dienstfertigkeit man eifrig suchte, und nicht in
einer Zeit, als die Gefahr von allen Seiten her drohte. In den Verschreibungen der
kleinen Freien heisst es auch wohl, dass der Decem aus besonderer Gnade erlassen
sei6, oder das Schaarwerk wird in denselben nicht durchaus und unbedingt erlassen :
der eine wird nicht bloss zu Kriegsdienst, sondern auch unbestimmt zu andern Dien-
sten verpflichtet7; andere sollen, sobald sie gerufen werden, alle Geschäfte zurück-
gelegt, gegenwärtig sein8; noch andern wird es anheimgestellt, ob sie sich freiwillig
bäuerlichen Geschäften unterziehen wollen9. In den Verschreibungen auf Pflug-
korn wird die Befreiung-von Schaarwerk nur selten ausdrücklich ausgesprochen10; sie
folgt aber schon aus der Verleihung der Gerichtsbarkeit und auch aus andern indirecten
Andeutungen. Die Verwandlung des Decems in Pflugkorn aber, von der hier immer
ausdrücklich die Rede ist, galt als eine wesentliche Erleichterung. So heisst es in einer
Verschreibung: »Die Zehnten, die ein jeglicher von dem Gebote Gottes schuldig ist,
die erlassen wir ihnen, also dass sie dazu nicht sollen sein verbunden, sondern an
1) Versehr, für Marus von 1267, für Sambango von 1 287, für Curthi von 1282.
2) Versehr, für Szinten von 1261, für Pygant von 1277, für Albert von 1288, für Triene
ete. von 1298. In den beiden letztem wird sogar ausdrücklich bemerkt, dass "von dem Er-
trage der höheren Gerichtsbarkeit nichts verabfolgt werden solle.
3) Versehr, für Santyrmes von 1267, in welcher Bauern erwähnt werden, für Coitite
von 1289, für Gederikes von 1 296, für Gaudinis von 1 284 und für Predrus von 1 290. In der
Versehr, für Mandio etc. von 1 280, in welcher doch auch von Gutsunterthanen die Rede ist,
behält der Landmeister Mangold die G erichte, grosse und kleine, ausdrücklich dem Orden vor.
4) In den ältesten, für Ibuthe und für Grande, wird am genauesten unterschieden: con-
tulimus perpetuo Granden suisque heredibus in propria persona plenam libertatem et de
predictis suis hereditatibus decimam non solvendi similiter libertatem. In den Versehr, von
1261 und 1262 aber heisst es gewöhnlich: libere cum omni jure et utilitate, (familiarum)
subjectione et servicio. Aehnlich noch in der Versehr, für Peter (Ponathe’s Sohn) von 1278 :
cum omnimoda libertate et Integra utilitate, in der Versehr, für Otto von 1288 : cum omni
utilitate et proventu libere, und in der Versehr, für Schudie von 1 299: cum omni jure et
utilitate ac subjectione.
5) So heisst es schon in der Versehr, für Troppein von 1 262 : libere sine decimis per-
solvendis et rusticalibus laboribus impendendis; in der Versehr, für Stubech von 1263: li-
bere et sine omni onere ; in den Versehr, der ersten Klasse nach 1263 gewöhnlich: libere ab
omni onere decimarum et rusticalium operum, oder ähnlich. Dieser Ausdruck ist auch in
die Bestätigung der Verschreibungen Gedune’s (1301) aufgenommen, obwohl die Original-
verschreibungen ihn nicht enthalten. Eigenthümlich ist auch in dieser Beziehung die Ver-
schreibung Girdalle’s vor 1 287; er enthält decem familias libere possidendas, und doch
heisst es weiter: de quolibet unco predictarum familiarum unum modium siliginis aut tri-
tici, quod fratres acceptaverint, singulis solvent annis.
6) Versehr, für Padangen etc. und für Redethin von 1276.
7) Versehr, für Gedite von 1283. Vgl. Voigt 3, 440 Anm. 1.
8) Versehr, für Queyren etc. von 1 290.
9) Versehr, für Padangen etc. und für Redethin von’l 276.
10) Die Versehr, für Albert, Stephan, Gederikes, Triene und Slamno sind schon oben
deshalb zusammengestellt.