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Hirsch, Theodor [Hrsg.]; Töppen, Max [Hrsg.]; Strehlke, Ernst Gottfried Wilhelm [Hrsg.]
Scriptores rerum Prussicarum: die Geschichtsquellen der preussischen Vorzeit bis zum Untergange der Ordensherrschaft (1. Band) — Leipzig: Verlag von S. Hirzel, 1861

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https://doi.org/10.11588/diglit.54721#0311

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KRONIKE VON PRUZINLANT.

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Ausdruck schwungvoll; einmal in einer Aufforderung zum Kampfe gegen die
Heiden (p. 161 d ff.) unterbricht er sogar in sonst ungewöhnlicherWeise das
epische Versmass der kurzen Reimpaare und lässt der lyrischen Stimmung auch
durch den Bau eigener Strophen ihr Recht widerfahren. —
Wir dürfen hoffen, dass auch in dieser Rücksicht Jeroschin’s Werk den
Freunden unseres Unternehmens eine nicht unwillkommene Gabe sein werde. —
Den hohen Werth, welchen die Reimchronik aber in anderer als den bisher
hauptsächlich berührten Beziehungen, nämlich in sprachlicher besitzt, zu-
erst in seinem ganzen Umfange erkennend, hat Professor Franz Pfeiffer, der sich
schon früher um die Geschichte der Ostseelande durch die Herausgabe der liv-
ländischen Reimchronik (erschien Stuttgart 1844) verdient gemacht hatte, in
neuester Zeit demselben ein umfassendes Studium gewidmet und die Resultate
des letzteren nebst Fragmenten aus Jeroschin veröffentlicht in dem Werke: Bei-
träge zur Geschichte der mitteldeutschen Sprache und Literatur. Die Deutsch-
ordenschronik des Nicolaus von Jeroschin. Ein Beitrag zur Geschichte der mit-
teldeutschen Sprache und Literatur. Stuttgart. Franz Köhler. 1854. 8°. LXXH
und 316 Seiten. Der Herausgeber des Jeroschin bekennt gern, dass er bei der
Bearbeitung des Textes in vielen Dingen an diesem Buche einen trefflichen
Führer gehabt hat. —
Pfeiffer giebt in der Einleitung (I—LXXH) Mittheilungen über die dia-
lectische und individuelle Redeweise des Dichters, über seine Verskunst, z. B.
ausführliche Zusammenstellungen über seine Reime; eine vollständige Uebersicht
seines Vocalismus und Consonantismus, insoweit sich dieselben von der mittel-
hochdeutschen Sprache unterscheiden; auf S. 3 bis 1 12 zwei und fünfzig grössere
und kleinere Abschnitte aus dem Werke ; endlich und vor allen auf S. 115—315
ein Glossar mit einer grossen Anzahl von Belagstellen, aus dem ganzen Umfange
des Werkes zusammengetragen. Die bequeme Vergleichung mit dem diesen Band
eröffnenden Originale wird dem Leser in unserer Ausgabe über manche Schwie-
rigkeit hinweghelfcn; manches, was der das Verhältniss zu anderen deutschen
Sprachdenkmälern des Mittelalters speciell berücksichtigende Sprachforscher
als eine ungewohnte, neue Erscheinung anmerken musste, wird ihm, da es gäng
und gäbe geworden, leicht verständlich sein. Bei der Erklärung seltener und
fremdartiger Ausdrücke konnten wir in den bezüglichen Noten häufig Pfeiffer
folgen. Den Bewohnern der Provinz Preussen wird übrigens mancher aus der
heute noch daselbst üblichen vulgären Sprache nicht unbekannt sein. —
Wie über die Persönlichkeit des Peter von Dusburg ist uns über diejenige
des Nicolaus von Jeroschin nur das Wenige bekannt, was er selbst von sich
angiebt. Er sagt V. 304 ff., dass er >wenig deutsch könne«, nur wie ihn die-
jenige lehrte, deren Milch ihn nährte und dass auch seine Rede unhöfischer Art
sei. Jedenfalls verstand er also das Deutsche von frühester Jugend an, daneben
aber wohl auch das Polnische, wie denn sein Familienname, obwohl bereits
durch germanischen Umlaut umgewandelt , die slavische Abstammung nicht
verkennen lässt. Einmal (Cap. 169. pag. 102 c) gebraucht er ohne besondere
Veranlassung mitten inne für »propugnaculum« ein slavisches Wort >ozzek< (das
im Polnischen jetzt freilich nicht mehr gebräuchlich durch >zasiek< ersetzt wird),
von >siekQ< ich haue und >o< umher, der Verback, Verhau, wofür er sonst >hagem
anwendet. Als Ortsname ist dieses ursprüngliche Appellativum durch alle Län-
der, welche jemals slavischer Zunge waren, sehr häufig anzutreffen.
Pfeiffer vermuthet aus der bereits erwähnten Fülle sonst in der Litteratur
 
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