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Zeitschrift für christliche Kunst — 26.1913

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Heft 1/2
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Witte, Fritz: Unsere Aufgaben: Ein offenes Wort über die kirchliche Kunst an Klerus und Laien
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https://doi.org/10.11588/diglit.4358#0017

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1913. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 1/2.

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Abb. 4. Entwurf der Maternuskirehe, Köln, von Steph. Mattar, Köln.

Frühling der Welt stand lange aus, man sah
sich vor einer öden Wüste stehen mit all
ihren Nüchternheiten.

Kann man sich einen schrofferen Gegen-
satz dazu denken als die Strömung, die wir
gemeinhin die Romantik nennen, die nicht
zuletzt auch des Kunstgebietes sich bemäch-
tigte und eine ganz neue Ordnung in ihm
schuf? Man glaubte zunächst das Inhaltliche
in der Kunst betonen zu müssen, und vor-
nehmlich die kirchlichen Künstler stellten
die Frage nach dem Was der nach dem Wie
voran. Wenn die religiöse Kunst nicht eben
sich selbst Zweck sein soll, so wird sie stets
ihrer Aufgaben sich bewußt bleiben und die
Grenzen nicht übersehen, die ihr nun einmal
gezogen sind durch ihre Aufgaben. Das
können wir von den Romantikern, soweit
sie im Dienste der Kirche arbeiteten, immer-
hin lernen. Man kann der aus dem roman-
tischen Zeitgeist erwachsenen Künstler-
familie der ,,Nazarener" ihr Wollen und
Streben nicht besser kennzeichnen, als einer
der Hauptvertreter, Friedrich Overbeck, es

einmal selbst getan mit den Worten: „Mir
ist die Kunst gleichsam eine Harfe, darauf
ich allezeit Psalmen möchte ertönen lassen,
zum Lobe des Herrn." Der Text seiner und
seiner Freunde Psalmen war ganz gewiß ein
wundersamer, ein ergreifender, aber die Melo-
die, in der man sie sang, entsprach nicht
ganz der Größe und Kraft des Inhaltes, die
kolorierten Zeichnungen, welche die Naza-
rener vielfach auf die Wände übertrugen,
waren keine Monumentalmalereien, auch
wenn sie in größten Dimensionen auf den
Verputz gemalt wurden. Die erdrückenden
Massen von Einzelheiten, die in ihrer liebe-
vollen Durcharbeitung auf die Staffelei ge-
hörten, lenken das Interesse zu sehr auf sich
und lassen die Hauptlinien der Kompo-
sitionen zurücktreten. Aus der romantischen,
religiös hochgespannten Stimmung dieser
Schule erwuchs — man leugnet es ewig ver-
gebens — eine Entfremdung zwischen zwei
Schwestern, die bislang durchweg Hand in
Hand durch die Geschichte geschritten
waren: zwischen der profanen und der reli-
 
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