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Zeitschrift für christliche Kunst — 26.1913

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Heft 3
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Schnürer, Gustav: Das Volto santo - Bild in der Burgkapelle zu Kronberg i. Taunus
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Witte, Fritz: Die religiöse Kunst auf der deutschen Werkbundausstellung, Köln 1914
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https://doi.org/10.11588/diglit.4358#0057

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89

1913. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr.3.

90

Die religiöse Kunst auf der deutschen Werkbundausstellung, Köln 1914.

om Mai bis Oktober kommenden
Jahres werden am Deutzer Ufer
in Köln in pächtiger Lage, im
1 Angesichte des deutschen Domes
die deutschen Künstler und Kunstgewerbe-
treibenden erstmals zu zeigen versuchen,
was die deutsche gewerbliche Arbeit im Zu-
sammenwirken mit der Kunst zu leisten
vermag. Diese Ausstellung wird sich von
allen anderen Kunstausstellungen dadurch
wesentlich unterscheiden, daß sie nicht die
sogenannte große Kunst, Malerei, Plastik usf.
mit mehr oder minder weit gezogenen Grenzen
vorführen wird, als vielmehr die Produkte
des Gewerbefleißes, die unter dem Einfluß
echten Kunstempfindens entstanden sind,
Gegenstände zum häuslichen, täglichen Leben,
die uns umgeben und mit uns leben, die in
ihrer Zweckbestimmung aufs engste mit uns
verbunden sind. Im wesentlichen gilt es,
die Früchte des Kampfes vorzuführen, den
die deutsche Kunst mit der billigen und
schlechten Marktware seit Jahren führt, die
uns von außen, namentlich von Frank-
reich her, ins Land geworfen wurde und
hauptsächlich Schuld daran ist, daß die
gute Geschmacksbildung aus breiteren Volks-
schichten geschwunden und einer Vorliebe
gewichen ist für das, was wir mit dem an-
rüchigen Worte „Kitsch" bezeichnen. Die
Werkbundbestrebungen gehen dahin, die
modernen Mittel und Möglichkeiten des
Schaffens mit der gewaltigen Menge neu-
zeitlichen Materiales der Kunst dienstbar
zu machen, ihnen in ihrer Verarbeitung eine
zweck- und materialentsprechende und so-
mit ästhetisch einwandfreie Form zu geben.
Wer einmal Umschau gehalten hat, wird die
Bedeutung einer solchen Tätigkeit unum-
wunden anerkennen. Auch auf dem Ge-
biete der religiösen Kunst sind Bestrebungen
in dieser Richtung durchaus vonnöten, da
der Grundsatz „billig und schlecht" auch
hier durchaus destruktiv gewirkt hat. Wenn
irgendwo, so muß hier bald und gründlich
der Hebel angesetzt werden, um aus Kirche
und Haus den Massenschund zu bannen und
durch, wenn auch einfache, so doch gediegene
Werkkunst zu ersetzen. Die Ansätze dazu
sind noch recht schwach, und es wird sich
zeigen müssen, ob leistungsfähige Künstler

und Kunstindustrielle einsichtig genug sind,
hier ein dankbares Arbeitsfeld sich zu suchen.

Auf der Ausstellung ist der religiösen
Kunst eine bedeutende Stellung eingeräumt
worden. In einem von Professor Metzen-
dorf-Essen erbauten „neuen niederrheinischen
Dorfe" wird ein kleiner Kirchenbau errichtet,
der in seiner einheitlichen Ausrüstung mit
Mobiliar, Wand- und Fensterschmuck ein
abgerundetes Bild eines künstlerisch ein-
wandfrei ausgestatteten Kirchenbaues bieten
soll. Außerdem ist der religiösen Kunst in
der Hauptausstellungshalle ein großer Raum
zur Verfügung gestellt, in welchem, nach
Konfessionen geschieden, mustergültige Ar-
beiten religiöser, kirchlicher Kunst zur Auf-
stellung gelangen, solche aus dem Gebiete
der Architektur, Malerei, Plastik, Gold-
schmiedekunst, Glasmalerei, Paramentik usf.
In einer quer vor diese Ausstellungsräume
gelegten Vorhalle finden Werke der Massen-
produktion, wie Bodenbelag, Andachtsgegen-
stände für das Volk, Wallfahrtsartikel usf.
Unterkunft. Hier vor allem gilt es, unsere
bedeutendsten Künstler und leistungsfähigen
Großgeschäfte zu interessieren und zur Be-
schaffung einer billigen aber künstlerisch
guten Handelsware anzuregen. Daß es mög-
lich ist, die Massenware billig und doch gut
herzustellen, hat die profane Kunst seit
einigen Jahren gezeigt, und daß es sich
verlohnt, an die Stelle der nichtssagenden
aufgeblasenen „Galanteriewaren" die solide,
anspruchslosere aber vornehmere, vom
Künstler entworfene und in der Ausführung
überwachte Qualitätsware zu setzen, haben
die oft auffälligen Erfolge gezeigt. Die
Vergangenheit gibt uns auch hier die besten
Fingerzeige, und wir brauchen nur an der
richtigen Stelle wieder anzuknüpfen, um aus
dem wüsten Irrgarten herauszukommen.
Sollten sich die auf die Werkbundausstellung
gesetzten Hoffnungen erfüllen, so wird die
religiöse Kunst nicht zuletzt ihren großen
Nutzen aus dieser Veranstaltung ziehen, und
die Ausstellung 1914 für sie vieleicht einen
Wendepunkt zum Besseren bedeuten.

Wertvoll wäre es, wenn aus den für die
kirchliche Kunst in Frage kommenden Kreisen
heraus der Ausstellungsleitung auch Vor-
schläge und Wünsche angetragen würden.
 
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