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Zeitschrift für christliche Kunst — 26.1913

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Heft 6
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Maciejczyk, Aloys Roman: Das byzantinische Kreuz in der Schatzkammer des Kölner Domes
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https://doi.org/10.11588/diglit.4358#0103

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177

1913. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr 6.

178

Das byzantinische Kreuz in der Schatzkammer des Kölner Domes.

(Mit 2 Abbildungen.)
Vermächtnis

|ls Vermächtnis des letzten Stift-
geistlichen der 1817 abgebrochenen
Kirche S. Maria ad gradus zu Köln
kam 1837 ein Diptychon mit
einer Reliquie des heiligen Kreuzes in das
erzbischöfliche Haus, später in die Schatz-
kammer des Domes. Das Diptychon hat die
Form eines schmalen Schreines, der von einem
kleinen Kreuze bekrönt wird. Ein ziemlich
hoher Fuß gibt dem Reliquiar das Aussehen
einer Monstranz. Auf den Flügeln erblickt
man außen die getriebenen Figuren der
h. Maria und der h. Anna, auf den Innen-
seiten sind in ziemlich grober Weise zwei
Goldplättchen mit den Figuren des h. Kon-
stantin und der h. Helena befestigt. Im Innern
des Schreines selbst ruht in einer ausgesparten
Vertiefung ein griechisches Doppelkreuz aus
Goldblech, das die Kreuzreliquie umschließt.
Vier Weihrauchfässer schwingende Engel
bringen dem Kreuz ihre Verehrung dar. Um
diese Darstellungen läuft ein schmaler, mit
Filigran und Perlen besetzter Rand.

Die erwähnte grobe Befestigung der Fi-
guren des h. Konstantin und der h. Helena,
ihre griechischen Beischriften und diegriechische
Inschrift des Kreuzes weisen deutlich darauf
hin, daß in diesem Reliquiar Arbeiten ver-
schiedener Zeit und Herkunft vereinigt sind.
In dem Schrein hat schon Aus'm Weerth ')
eine deutsche Arbeit des XIII. Jahrh. erkannt,
während Schlumberger, der in seiner »Epopee
byzantine« II, 1900, S. 177, 181 und 193 zum
erstenmal brauchbare Abbildungen des Reli-
quiars und des Kreuzes gibt, nur den Fuß
als spätere, abendländische Zutat betrachtet,
das Diptychon selbst dagegen für byzantinisch
hält. Etwas Wahres steckt in dieser Ansicht,
insofern als der Fuß nicht gleichzeitig mit dem
Schrein entstanden, sondern erst später, wahr-
scheinlich der bequemeren Handhabung wegen,
hinzugefügt worden ist.

Von der ursprünglichen byzantinischen
Staurothek sind nur die Figuren des h. Kon-
stantin und der h. Helena übrig geblieben,
sie hatten ihren Platz rechts und links vom

') »Das Siegeskreuz der byzantinischen Kaiser Con-
stantinus VII. Porphyrogenitus und Romanus IL«, 1866,
S. 12 —14 mit z*ei Abbildungen des Kreuzes.

Kreuze unter dem unteren Querbalken.2) Die
Dimensionen der beiden Plättchen passen
genau für diese Stellung.

Das Kreuz aus dünnem Goldblech, an den
Balkenenden mit filigranierten, teilweise mit
Edelsteinen besetzten Fassungen geschmückt,
läßt auf der Vorderseite die Reliquie frei, so-
weit sie nicht durch ein später angebrachtes
Kreuzchen aus Silberblech mit der Inschrift
t VIRGA AARON verdeckt wird. In den
Winkeln der Kreuzesarme sind acht Perlen
auf langen Stiften befestigt.

Auf der Rückseite des Kreuzes sehen wir
dagegen eine griechische Inschrift in getrie-
bener Arbeit; leider ist der Teil, der die
linke Hälfte des unteren Balkens bedeckte,
nicht mehr vorhanden.

Die Inschrift des Langbalkens bildet einen
jambischen Trimeter:

"El-ug fit ((iQovqov rov nuyiria. ii[i £tU«

„Du wirst mich, den ans Kreuz Gehefteten,

zum Beschützer haben."

Die Querbalken weisen folgende Buch-
staben auf: KONC ErrOPtf) oben und
.... £ CnOTä unten. Aus'm Weerth er-
gänzt und erklärt diese Worte so: Kwvaravvivog
iyyövov jov deano'iov, wahrscheinlich ist aber
iyynvov verdruckt für tyyo'vcp, denn er über-
setzt: „Constantin, dem kaiserlichen Enkel".
In diesem Teil der Inschrift will er nämlich
den Verfertiger und den Empfänger genannt
sehen, ja er hält das Kreuz für eine eigen-
händige Arbeit des Kaisers Konstantin VII.
(913—959), denn „sollte wohl irgendein
Künstler sich die Unschicklichkeit erlaubt
haben, anstatt jeder anderen Abbreviatur eine
solche am Herrschernamen vorzunehmen ?
Schwerlich, das wäre höchstens dem Kaiser
selbst gestattet gewesen."

Eine solche Beweisführung kann natürlich
einer unbefangenen Prüfung nicht standhalten,
im Gegenteil, die Abbreviatur, die durch
Raummangel geboten war, ei scheint nirgends
besser angebracht als am Namen, da KONC
eine durch Münzinschriften ganz geläufige
Abkürzung für Konstantin bildete. Trotzdem
hält noch Schlumberger, wenn auch freilich

-) Wie z. B. auf der Staurothek in Nonantola,
abgeb. bei Schlumberger, »Epopee« 11, 1900, S. 81.
 
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