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Zeitschrift für christliche Kunst — 26.1913

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Heft 5
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Doering, Oskar: Die Ausstellung alter kirchlicher Kunst in Herzogenbusch
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Bücherschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.4358#0092

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157

1913. _ ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr.

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drale, Breda); es hat in der Mitte eine Öffnung für
eine Kreuzpartikel. Die jüngsten in diese Gruppe ge-
hörigen Stücke gehören in den Beginn des XIII. Jahrh.
Aus dem XV. Jahrh. sind verschiedene Monstranzen,
die sich durch prächtige Architektur auszeichnen. Auch
an reichem Figurenschmuck fehlt es nicht; so bei einer
spätgotischen Monstranz (Kirche zu Ootmarsum), die
mit den Bildern der hl. Jungfrau, der hl. Katharina,
der lateinischen Kirchenväter und von Engeln, welche
die Passionswerkzeuge tragen, besetzt ist. Aus der
Kirche zu Os ist eine silberne Monstranz auf sechslappigem
Fuße in Form eines reichen durchbrochenen gotischen
Turmes. Der Knauf ist mit in Hochrelief ausgeführten
ganz kleinen biblischen Szenen sehr zierlich geschmückt,
außerdem sind in dem reichen Maßwerke überall
kleine vergoldete Figürchen verteilt. Von größter
Schönheit ist eine mit dem Antwerpener Beschauzeichen
versehene Monstranz (Beginenhof, Breda) von 1628,
verziert am Fuße mit den Medaillonbildern der Evan-
gelisten, oben mit zahlreichen Heiligenfiguren, der
Himmelfahrt Christi, auf der Spitze mit einem Pelikan.
Daß die niederländische Juwelierkunst bis in die neueste
Zeit Treffliches zu leisten verstanden hat, beweisen zwei
Monstranzen aus der ersten Hälfte des XIX. Jahrh.
Dasselbe tut auch einer der Kelche, während die
Gruppe, zu welcher er gehört, wenigstens in einem
Exemplar bis in ehrwürdigstes Altertum zurückgeht.
Ich meine jenen elfenbeinernen Kelch, welcher der
Überlieferung nach der hl. Liafwin (y 776) benutzt hat,
der aber zur Zeit dieses Heiligen schon gegen 300 Jahre
alt war. Das kostbare Stück (St. Lebuinuskirche,
Deventer) zeigt zwei Ornamentbänder übereinander;
die Silberfassung ist aus dem Umfange des XVI. Jahrh.
Sehr zahlreiche andere Kelche stammen aus derselben
oder wenig früherer Zeit, es sind herrliche Meisterwerke

der Goldschmiedekunst dabei. Zu den letzten Kost-
barkeiten gehören auch verschiedene Bucheinbände.
Darunter jener des Evangeliariums des hl. Lebuin und
desjenigen des hl. Bernulph (beide aus dem Erzbischöf-
lichen Museum zu Utrecht). Die auch wegen ihres
aus dem VIII. bzw. XL Jahrh. stammenden Inhaltes
hochbedeutenden Bücher zeigen kostbare Deckelver-
zierung von getriebenen Metallplatten, Emaillen, sowie
antiken Kleinkunstwerken. Ein Evangeliar des hl. Ans-
frid (ebendaselbst), aus dem XI. Jahrh., ist von ähn-
licher Kostbarkeit. Von anderen Gegenständen sei
schließlich noch ein überaus wertvoller Stab erwähnt
(Besitz des Bischofs von Haarlem), XIV. Jahrh. mit
vergoldetem Silber überzogen, mit ornamentalem und
figürlichem Schmuck in translucidem Email auf hell-
blauem Grunde aufs reichste geschmückt, in der Krümme
die Krönung Maria. Von den Textilien sind die ältesten
eine Anzahl von Resten persisch-sassanidischer und
arabisch-sizilianischer Webereien (Servatiuskirche, Maas-
tricht); die Zeitbestimmungen sind mir nicht durchweg
ganz zweifelfrei; so bei einer Aquilata, die gewiß nicht
erst dem XIV., sondern schon dem vorhergehenden
Jahrhundert angehört. Außerdem sieht man viele Ge-
wänder des ausgehenden Mittelalters und bis zum
XVIII. Jahrh., ausgezeichnet durch herrliche Stoffe und
kunstvollste Stickereien, sowie durch Spitzen von
vollendeter Schönheit. — Die Kostbarkeit der in der
katholischen Abteilung versammelten Schätze kann
ebensowenig wie die Reichhaltigkeit ihrer Typen in
der protestantischen wie in der israelitischen Abteilung
auch nur entfernt erreicht, geschweige übertroffen
werden. Die letztere Gruppe wird aber besonders
durch ihre kulturgeschichtliche Wichtigkeit Aufmerk-
samkeit erregen.

Stockdorf-München. O. Doering.

Bücherschau.

W. Effmann. Centula. St. Riquier Eine Unter-
suchung zur Geschichte der kirchlichen Baukunst in
der Karolingerzeit. Mit 30 Abbildungen, (Bd IL
Heftöder,.Forschungen und Funde''von Franz Jostes.)
Münster i. W. 1912. Verlag Aschendorff. Preis M. 6.
Wer Effmanns ,.Otton.-Karol. Bauten in Werden''
gelesen, wird von vorneherein mit größtem Vertrauen
an die Verarbeitung auch dieser seiner Untersuchung
herantreten. Dem Einsichtigen rückt Effmann nach
dieser Arbeit über Centula unter den Spezialforschern
auf dem Gebiete karolingischer Baukunst unbedingt
an die erste Stelle. Das will viel heißen. Bei
allen mir bislang zu Gesicht gekommenen Besprechungen
des Effmannschen Buches, mögen sie die Akribie
desselben noch so hoch bewerten-, vermisse ich das
Eingehen auf des Verfassers Hauptresultate. Um so
wunderlicher ist das, als diese einen außergewöhnlich
umstürzlerischen Charakter haben, wenn man sie bei
Licht besieht. Und ich glaube nicht, daß auch nur
einer ernsthaft an diesen Resultaten Kritik üben
wird, so sachlich und so sicher und so absolut er-
schöpfend ist die Beweisführung. Das Idealschema
des Grundrisses von St. Gallen, bislang das Normalbild

karolingischer Baukunst, mit dem man den größten Teil
gleichzeitiger Kirchenbauten in Kongruenz zu bringen
sich mühte, rückt durch Effmanns Untersuchungen
einige Plätze herunter, wenn wir nicht gar sagen wollen,
es wird zur Darstellung eines allerdings öfters, aber
nicht in der Regel angewandten Typus. Das Sieghafte
der Effmannschen Ausgangsformel zu untersiegeln ist
St. Gallen sogar gezwungen, indem es sich selbst dieser
Formel unterwirft, an die Stelle des vorgeschlagenen
West cho res das West werk oder die Westkirche
setzt. Das ist meines Erachtens das im Mittelpunkte
stehende Resultat Effmanns, daß die karolingischen
Bauten aus liturgischen Rücksichten zunächst, einmal
um — notabene ganz auf dem Boden frühchristlicher
Anschauungen — dem hochstehenden Heiligenkulte
Rechnung tragen zu können durch Schaffung von be-
vorzugten Altarpositionen, dann auch, um Raum für
Sängerchöre und für den Pfarrgottesdienst
zu gewinnen, eine regelrechte Westkirche schufen,
eine Basilika mit Klippelaufbau, mit Emporenkirche
für den Pfarrgottesdienst und einem Unterbau -
Vestibulum, der, wie es scheint, den Charakter einer
gewissen herabgeminderten Weihe an sich trug und
 
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