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Zeitschrift für christliche Kunst — 26.1913

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Heft 1/2
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Witte, Fritz: Unsere Aufgaben: Ein offenes Wort über die kirchliche Kunst an Klerus und Laien
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https://doi.org/10.11588/diglit.4358#0026

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29

1913. _ ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 1/2.

30

Die Geheimnisse des Glaubens sind für sich
genommen so unendlich vielgestaltig und
vielseitig, daß sie für ewige Zeiten ein wahres
Kompendium von Anregungen darstellen.

Sollen wir denn zu den im frühen Mittel-
alter üblichen Grundformen des Altares
zurückkehren? Die Antwort darauf kann
nur die sein, daß w i r im Gegensatz zu jenen
Zeiten überKünst-
ler verfügen, die
in ihren Werken
ein Etwas in die
Wagschale werfen
können, das kost-
barer ist als alles
Gold und edle Ge-
stein : ihre Kunst,
die Frucht ebenso
großer wie sel-
tener Gottbegna-
digung. Nicht
aber blutloses
Handwerkertum
im üblen Sinne der
geistlosen Massen-
fabrikation wiegt
die Pracht der
alten Altäre auf,
für uns können
hier nur dieKünst-
ler in Frage kom-
men, die mit hei-
ligem Ernst und
ausreichender Be-
gabung an ihre
Aufgabe heran-
treten, seien sie
Bildhauer, Maler,

Goldschmiede.
Eine andere For-
derung stellt die

Altarbaufrage
nicht, als die al-
lein, daß Künstler zu ihrer Lösung berufen
werden, beraten und befruchtet von nieman-
dem anders als von dem, der Diener des
Altares, der Opferer auf ihm selbst ist, vom
Priester. Kein Seelsorger möge seine Befug-
nisse in dieser Frage weiter zu spannen sich
unterstehen, er maßt sich Fähigkeiten an, die
Gott ihm nur in seltensten Fällen
gegeben hat. Schuster, bleib bei deinem
Leisten! Der katholische Klerus betrachte

Abb. 11. Madonna von Alex Iven, Köln

diese Forderung als auch für ihn zu recht
bestehend. Er inspiriere den Künstler stets
mit neuen theologischen Gedanken, er werde
dem Künstler gegenüber warm, werde
ihm in gewissem Sinne Freund und —■ bezahle
ihn seinem Können entsprechend, dann wird
der Klerus einen wirksamen und überaus
wohltätigen Einfluß auf die Entwickelung

der Kunst aus-
üben.

Die erste Er-
wägung, die beim
Altarbau anzu-
stellen, ist stets
die: Welche Altar-
form ist für diese
Kirche [zulässig,
nicht etwa die,
in welchem Stile
baue ich den
Altar. Der Stil er-
gibt sich aus dem
persönlichenKön-
nen des Künstlers
im Verein mit der
Berücksichtigung
der vorhandenen
lokalen Verhält-
nisse. Der Bild-
hauer oder Maler
muß nicht not-
wendig für eine
gotische Kirche
einen Altar bauen,
der in den Formen
gehalten ist, die
man gemeinhin
gotisch stilecht
nennt, er hat sich
nur mit seinem
Ornament, mit
seinen Plastiken,
vornehmlich mit
dem Aufbau des Altares nach den örtlichen
Verhältnissen zu richten, sich ihnen anzu-
passen. Ob beim Klerus wohl stets das Be-
wußtsein vorhanden ist, daß die Altarskizzen,
die ihm von Reisenden in empfehlende
Erinnerung gebracht werden, ursprünglich
vielleicht für eine andere, ganz andere
Kirche als die seine angefertigt, vielleicht
gar ausgeführt wurden, daß es dem Über-
bringer der Offerte in erster Linie darauf an-
 
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