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Zeitschrift für christliche Kunst — 26.1913

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Heft 1/2
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Witte, Fritz: Unsere Aufgaben: Ein offenes Wort über die kirchliche Kunst an Klerus und Laien
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https://doi.org/10.11588/diglit.4358#0030

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1913. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 1/2.

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Abb. loa.

Wandgemälde von J. Osten Köln.

Abb. 15 b.

wertigen Bildermaterial groß wird und den
Schönheitskanon, den es dort finden zu
können glaubt, mitschleppt durchs Leben
und als Maßstab für alle inner- und außerhalb
der Kirchen zu findende Kunst, speziell die
Malerei, betrachten zu müssen glaubt. Schlim-
mer ist, daß auch der Klerus vielfach die
Forderungen, die er an ein Andachtsbild in
seinem Hause stellen zu sollen glaubt, für
übertragbar hält auf die Kunst in seiner
Kirche.

Nicht hoch genug ist zu bewerten die Be-
fruchtung gerade der Malerei durch Zu-
führung neuer aus dem weiten Gebiete
der Theologie geschöpfter Gedanken. Hier
mag sich der Klerus mehr wie bislang —
sicher mit Erfolg —'• betätigen und in
höchstem Grade nützlich machen. Stellen
wir die Handwerksmeister, die heute mit
ihrem Schablonenvorrat die Kirchen noch
immer beherrschen, vor eine völlig neue
Aufgabe, geben wir ihnen Themata zur
Ausführung, für die ihnen kongruente Vor-
bilder fehlen; dadurch werden wir sie am
leichtesten und schnellsten aus den Kirchen
heraus dorthin verbannen, wohin sie gehören;
derKünstlerjedoch wird gerade an diese neuen
Aufgaben, für die wir ihm Gedankengang, Aus-
blicke, Stimmungen vorzuzeichnen versuchen,
mit besonderer Freude und deshalb auch mit
besonderem Erfolge herantreten. Er will
arbeiten, will studieren, abwägen, versuchen
und immer wieder versuchen, bis er die
Ausdrucksform für das gefunden, das der
Theologe als ein dankbares und vielseitiges
Thema ihm gestellt hat. So wenig der Künst-
ler vom geistlichen Auftraggeber verlangt,
daß er in künstlerischen Dingen absolut
urteilsfähig sei, so wenig darf dieser vom

Künstler die vollständige Vertrautheit mit
allen Haupt- und Seitengängen der Religions-
wissenschaft verlangen.

Technisch hat die Profankunst gerade in
den letzten Jahren Erfolge erzielt durch Aus-
nutzung des Lichtes usf., daß unsere
christlichen Künstler bei ihr als gelehrige
Schüler ein- und ausgehen sollten, um eben
diese Errungenschaften der kirchlichen Kunst
dienstbar zu machen. Diese selben Aus-
nutzungen des Lichtes, der Kenntnis der
Natur, der Abstraktion von allem Neben-
sächlichen, die rücksichtslose Betonung der
dem Gegenstande innewohnenden charak-
teristischen Linien, das alles sind künstle-
rische Werte, die nirgendwo mehr auszu-
nutzen und zu fordern sind, als in der
kirchlichen Malerei. Durch sie allein wird
es der letzteren gelingen, das, was sie
sagen soll, kurz und bündig und eindring-
lich zu sagen. Die in Abb. 13 u. 15 ge-
gebenen Proben, zum Teil nach flüchtigen
Skizzen, mögen hier das Gesagte illustrieren;
der prächtige Antonius mit dem Christus-
kind ist deshalb bemerkenswert, weil er
so gründlich zu seinem eigenen Vorteil sich
losgemacht hat von der gerade diesem
Heiligen so vielfach angehängten abstoßen-
den Sentimentalität. (Abb. 14.)

Die neben der Malerei zu nennende Glas-
malerei wird ohne Zweifel großen Hinder-
nissen, scheinbar unüberwindlichen Hinder-
nissen begegnen, wenn sie der Forderung der
Zeit gerecht, d. h. modern werden will. Noch
vor zehn Jahren vertraten ernste Kunst-
freunde mit aller Entschiedenheit den Grund-
satz, „in die Kirchenfenster gehören Einzel-
gruppen, die in ihrer Größe die des Abstandes
der Windeisen voneinander nicht über-
 
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