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Zeitschrift für christliche Kunst — 26.1913

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Heft 1/2
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Witte, Fritz: Unsere Aufgaben: Ein offenes Wort über die kirchliche Kunst an Klerus und Laien
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https://doi.org/10.11588/diglit.4358#0031

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1913. _ ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 1/2.

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schreiten; teppichartig muß ihre Wirkung
sein wie eine musivische Malerei." Wir
können darauf gleich die eine Antwort geben,
daß unter solchen Forderungen nichts zweck-
loser ist, als Figurendarstellungen in die
Fenster zu bringen; vollauf ersetzt, nein über-
troffen in der Wirkung werden diese Klein-
malereien dann durch die Figurengebilde des
Kaleidoskopes oder des primitivsten geo-
metrischen aus Farbgläsern zusammenge-
setzten Musters, da
dieses doch den Vor-
zug harmonischer Ver-
teilung der Farbe mit
sich bringt, während
das kleinliche Figuren-
fenster durch den Kon-
tur der Komposition
behindert ist. Muten
wir den Fenstern die-
selben Aufgaben zu
wie der Wandmalerei
— und wir dürfen
es, sogar in gesteiger-
tem Maße —', so
müssen wir ihnen zum
mindesten auch den
Maßstab eben der
Wandgemälde zubil-
ligen. Damit kommen
wir von selbst, wenig-
stens für hochliegende
Fenster, zu bedeu-
tenden Dimensionen,
da nur mit ihnen
die monumentale und
klare Wirkung zu er-
zielen ist, die wir
erwarten, sobald figu-
rale Kompositionen
zur Ausführung gelangen. Mehr als je geht
heute das Streben der Glasmaler dahin,
dem Pinsel möglichst seine Tätigkeit zu
beschneiden und dem Bleiriegel bedeut-
samere Aufgaben zuzuweisen. Daß bei einer
Führung der Hauptlinien durch breite Blei-
riegel auch der gesamte zeichnerische Charak-
ter der Fenster eine andere Behandlung er-
fahren muß als bei dem regelrecht gemalten
Fenster, versteht sich von selbst. Die Aus-
drucksform soll beim Glase überhaupt knapp
und einfach sein, und sich nicht verzetteln in
Linien, die auf Höhen von 10 m und mehr

Abb. 16. Glasgemälde von Pütz, Köln

überhaupt keine Wirkung mehr haben als die
dem Schmelz der Farben die Leuchtkraft zu
schmälern. Wird der Kontur einer Figur und
ihrer Hauptbestandteile durch wuchtige Blei-
riegel gezeichnet, so können und dürfen wir
eine so bewegte, aufgelöste Umrißlinie nicht
verlangen wie beim Staffeleigemälde; in ein-
fachem Fluß soll sie das Wesentliche in Form
und Bewegung der Figuren festlegen und auf
weite Fernen erkennbar machen. Es ent-
spricht durchaus dem
Charakter des Bleies,
das, mag es noch so
schmiegsam sein, im-
merhin doch nur eine
vereinfachte Zeich-
nung einfassen kann,
daß die von ihm ge-
bildeten Linien jeder
Ecke und Schärfe ent-
behren und infolge-
dessen auch die detail-
zeichnenden Linien
die der Kreisform ent-
lehnten Merkmale an
sich tragen. Ein Bild
in dieser material-
entsprechenden Ge-
staltung gehört natür-
lich nicht auch ohne
weiteres in das Fenster
eines niedrigen Wohn-
raumes, und beim
Anschauen aus näch-
ster Nähe wird es oft
grotesk, wenn nicht
gar komisch und ab-
stoßend wirken. Seine
Beurteilung auf Güte
oder Unbrauchbarkeit
ist deswegen auch einzig zulässig, wenn es
aii Ort und Stelle in der berechneten Höhe
angebracht ist. Gefährlich und undankbar
zugleich ist es deshalb auch für den Glas-
maler, eine durchweg vom noch nicht ein-
montierten Glasgemälde aus der Nähe an-
gefertigte Photographie als Beispiel seines
Könnens und Wollens darzubieten. Wir
müssen deshalb unsere Leser bitten, die
angeführten Bedingungen mit in Betracht
ziehen zu wollen, ehe sie sich über die
treffliche Arbeit in Abb. 16—18 ein Urteil
bilden.
 
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