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Zeitschrift für christliche Kunst — 26.1913

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Heft 4
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Herwegen, Ildefons: Zur Ikonographie des Sacramentarium Fuldense
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https://doi.org/10.11588/diglit.4358#0074

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121

1913. _ ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 4.

122

Pallium als Erzbischöfe gekennzeichnet sind.
Sie tragen ganz die gleichen Gewänder wie
Gregor und Gelasius. Die Mitlelfigur, die als
Greis charakterisiert ist, darf wohl als das
Bild des hl. Bonifatius, des Patrons von Fulda,
gelten. Zu seiner Rechten, etwas jugendlicher,
erscheint Hrabanus Maurus, Abt von Fulda
und später Erzbischof von Mainz. Den sitzen-
den Mönch mit dem Heiligenschein möchte
ich als den
hl. Stur-
mius, den

Gründer
und ersten
Abt von
Fulda, an-
sprechen.
In der Ini-
tiale Ozum
Feste des
hl. Bene-
dikt8) er-
scheint in
ganz glei-
chem Habit
derAbtund
Mönchs-
vater von
Montecas-
sino, der
aus seiner
Regel vor-
liest. Ich
halte daher
auch die

Deutung
des Litur-
gen in der |
Visitatioin-
firmorum9),

Confes-
sio10) und Taufscrutinium11) als Abt und in
der Unctio infirmi,2) als Priester für unzu-
treffend und sehe in ihm einen Bischof bzw.
einen Erzbischof, um so mehr, als die Los-
sprechung der öffentlichen Büßer und das
Taufscrutinium nur dem Bischof, nicht dem
Abte zusteht. Der kniende Mönch erhält, so
scheint es, auf sein „Jube Domne benedicere"

8) Tafel 43; vgl. S. 131, 171.

») Tafel 39; vgl. S. XL.
10) Tafel 40; vgl. S. XL.
") Tafel 42; vgl. S. XL.
12) Tafel 41; vgl. S. XL.

vom hl. Bonifatius, der das Sakramentar in der
Hand hält, den Segen zur Lesung im Chore13).
An sich wäre es Sache des Abtes — hier des
hl. Sturmius —, diese Benediktion zu erteilen,
allein er lädt den Vater und Herrn von Fulda
mit einer Handbewegung ein, daß ihm ge-
bührende Ehrenrecht des Segnens auszuüben.
Man könnte dieser Auslegung des Bildes
entgegenhalten, daß Sturmius und Hrabanus

Maurus in
den Lita-
neien des
Sakramen-
tars noch
nicht als
kirchlich
verehrte
Heilige ge-
nannt sind
wie Boni-
fatius und
Lioba. Bei-
de besaßen
aber da-
mals schon
ihre Vita;
die des

Sturmius
hatte Eigil,
die des
Hrabanus
sein Schü-
ler Rudolf,
der Bio-
graph der
hl. Lioba

verfaßt.
Den Mön-
chen von
Fulda gal-
ten beide
sicher als Heilige, wenn ihr liturgischer Kult
auch vielleicht noch nicht eingeführt war.
Sagt doch Rudolf in seiner Einleitung zur
Vita Hrabani, er wolle die Tugenden und
Wunderwerke aufzeichnen, die Gott durch
seine Heiligen in neuester Zeit (modernis
temporibus) gewirkt habe14).

13) Wäre der kniende Mönch, wie Beissel glaubt,
der Schreiber des Sakrameritars, so würde er wohl
nach der allgemein mittelalterlichen Darstellungsweise
das Buch in den Händen halten und es dem hl.
Bonifatius überreichen.

") Migne, P. lat. CVI1. 41.
 
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