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Zeitschrift für christliche Kunst — 26.1913

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Heft 6
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Hasak, Max: Welches Vorbild ahmen die Basiliken Konstantins nach?, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4358#0098

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167

1913.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 6.

168

Trägt man diese Maße, von Osten an-
fangend, auf (idexterus = 1,51 m)12), dann
läßt sich die innere Länge der
Kirche mit 75,5 m genau zwi-
schen die Ostmauer und den
ZugangmitdemdreifachenTor
unterbringen. Dieser Zugang selbst
liegt unter dem Narthex. Westlich von ihm
folgt das Atrium, welches sich in üblicher
Weise als fast quadratischer Hof bis an die
heutige Aksa erstreckt. Dann folgen die
„Propyläen", ein Hof mit zwei Halbkreisen
rechts und links.

Von da ab fangen dann die Gebäude für
die Pilger und Kranken an zu beiden Seiten
des Weges. Vielleicht lagen die Räume für
die Pilger an der Südseite mit dem herrlichen
Blick in das Tal. Auf der anderen Seite
werden wir das Krankenhaus zu suchen
haben.

Die heutige Aska liegt nun genau in dem
großen Halbkreiseplatz, auf dem man sich
nach Prokop ergehen konnte.

In ihm mündete der Zugang aus dem
zweifachen Tor.

In diesen hat AI- Mali k seine
Moschee El Aksa hineingebaut.
Man sieht also sofort, daß das Bestehen der
Marienkirche und der Moschee El Aksa
nebeneinander gar keine Schwierigkeiten
schafft, wenn man nur ohne vorgefaßte
Meinung an die Urkunden herantritt. D i e
Moschee ist nicht die alte Ma-
rienkirche!

Daß die Maße des Commemoratoriums
genau die Kirche Justinians, wie sie uns
Prokop beschreibt, mit ihrem Narthex
Atrium, Propyläen usw. auf der Südseite
des Tempelplatzes wiederherstellen lassen,
erhebt die Wahrscheinlichkeit, daß es sich
beidemal um dieselbe Kirche handelt, und
daß sie am Südende des Tempelplatzes lag
:— diese Angabe fehlt überall — zur Gewiß-
heit.

Wir sehen also aus dem so gewonnenen
Grundriß der großartigen Bauanlage Justi-
nians, daß die Beschreibung Prokops kein
Phantasiegebilde, geschweige denn die Wie-
dergabe von Sagen über Salomos Bauten war,
daß im Gegenteil Prokop die Gestaltung

12J Mommert, »Die heilige Grabeskirche zu
Jerusalem.« Leipzig 1898, S. 98.

des Tempelhügels sehr genau kannte, daß
seine Beschreibung sich Satz für Satz als
richtig und technisch vorzüglich herausstellt,
daß dagegen Gildemeisters Dafürhalten Wort
für Wort nicht richtig war. Justinian aber
hätte fürwahr auch hier mit vollem Recht
ausrufen können: Salomo, du bist besiegt!
Denn selbst die riesenhafte Halle des Herodes
war übertroffen, geschweige denn Salomos
Tempel oder Palast. Von Schmeichelei
Prokops kann gar keine Rede sein. Welcher
andere Fürst hat einen solchen Bau er-
richten lassen?

Durch die hier gegebene Lösung erhält
man auch Anhaltspunkte für die Zeit-
stellung der Kubbet es Sahra.

Da Sophronius noch 634 in der Marien-
kirche am ersten Weihnachtsfeiertage pre-
digt, also nach der Verwüstung der Stadt
durch die Perser und Juden 614, so war der
Tempelplatz, als Omar bei der Übergabe
der Stadt 638 dorthin geführt wurde, nicht
„wüste und leer". Doch wir kommen noch
darauf.

Hat man durch die Beschreibung Prokops
erkannt, daß die Südostecke des Tempel-
platzes einschließlich des dreiteiligen Tores
nebst seinem Tunnel erst unter Justinian
hinzugefügt worden ist, dann sieht man, daß
auch Josephus Flavius seinerseits diese Süd-
seite des Tempelplatzes ganz richtig be-
schrieben hat. Der ursprüngliche Teil der
Südseite, auf welcher die Königliche Halle
stand, ist genau ein Stadion (180—197,5 m)
lang. Die Halle ist auch zwischen die beiden
Mauern eingeklemmt, wie es Josephus be-
hauptet.

Kehren wir daher zur Wiederherstellung
der Halle des Herodes zurück. Da sie
600 Fuß lang war und an der Südmauer
anlag, so füllt sie genau, wie es Josephus an-
gibt, dort die ganze Breite des Tempel-
platzes aus.

Bringt man auch die 162 korinthischen
Säulen auf dieser Länge unter? Gewiß!
Das stimmt auf Fußeslänge und beweist
dadurch die Richtigkeit der hier gegebenen
Lösung wie die Genauigkeit der Berichte
des Josephus und Prokops.

Nimmt man die Säulen des gleichzeitigen
Tempels der Minerva auf dem Forum zu Rom
mit ihren Interkolumnien als Vorbild, so
erhält man folgende Maße:
 
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