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Zeitschrift für christliche Kunst — 26.1913

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Heft 6
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Hasak, Max: Welches Vorbild ahmen die Basiliken Konstantins nach?, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4358#0100

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171

1913. _ ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 6.

172

nicht, ob das Beiwort Königliche sich auf
Herodes, Salomo oder auf das atheniensische
Vorbild bezieht, oder ob es nur eine lob-
preisende Bezeichnung ist.

Daß eine der zweischiffigenHallen, welche
sich an den drei anderen Seiten des Tempel-
platzes befanden, den Namen die Halle
Salomos getragen habe, sagt Josephus bei
ihrer Beschreibung nicht. Diese Bezeich-
nung kennt er nicht. Wenigstens gebraucht :
er sie nicht.

Dagegen gibt es auf dem Tempelplatz
nach dem Neuen Testament eine Halle
Salomos, in der ersichtlich Jesus und
später die Apostel gelehrt haben. Sie wird
dreimal genannt.

Johannes erzählt18): „DasFest der Tempel-
weihe zu Jerusalem aber kam, und es war
Winter. Undjesus ging imTempel
in Salomos Halle umher. Da um-
ringten ihn die Juden und sprachen zu ihm:
Wie lange halst du unsere Seelen in Spannung?
Wenn du Christus bist, so sage es uns frei
heraus. Jesus antwortete ihnen: Ich rede
zu euch, und ihr glaubt nicht. Die Werke,
die ich im Namen meines Vaters tue, diese
geben Zeugnis von mir."

Und in der Apostelgeschichte 3, 11 lesen
wir, als Petrus und Johannes den Bettler
an der schönen Pforte geheilt hatten:

„Und er sprang auf und stand und wan-
delte und ging mit ihnen in den Tempel,
wobei er umherging und sprang und Gott

lobte.....Da er aber sich zu Petrus und

Johannes hielt, lief alles Volk voll Staunen
auf sie zu zur sogenannten Halle
Salomo s."

Die Apostel waren also zur Halle Salomos
gegangen. Diese war ersichtlich ihr bevor-
zugter Aufenthaltsort. Wir hören weiter in
der Apostelgeschichte 5, 12:

„Durch die Hände der Apostel aber ge-
schahen viele Zeichen und Wunder unter
dem Volke. Und alle waren ein-
mütig beisammen in der Halle
Salomos. Von den übrigen aber wagte
niemand, sich zu ihnen zu gesellen, wohl aber
achtete sie das Volk hoch."

Hier ist den Anhängern Christi die Halle
Salomos schon durch die Abneigung der
Juden von selbst zugefallen und ihnen allein

13) Evangelium des heiligen Johannes c. 10 v. 22.

überlassen. Wir dürfen also auch wohl
folgende Stelle mit der Halle in Verbindung
bringen. Die Apostelgeschichte 5, 42 erzählt
weiter:

„Sie unterließen aber nicht, alltäglich im
Tempel und in den Häusern umher zu lehren
und Jesus Christus zu predigen."

Die Halle Salomos war ersichtlich ihre
tägliche Predigthalle. Auch wenn es im
Neuen Testament heißt: Christus lehrte im
Tempel, so dürfte das zumeist ebenfalls
in der Halle Salomos geschehen sein; denn
der eigentliche Tempel war überaus klein
und nicht zugänglich. Vor ihm im Freien lag
der Brandopferaltar. Die diesen Hof un-
mittelbar umgebenden Hallen waren eben-
falls klein und in unmittelbarer Nähe der
feindlichen Priesterschaft.

Diese Riesenhalle am Südende des Platzes
bot jedoch Raum für die zahlreichste Zu-
hörerschar und lag ungestört weit ab sowohl
von dem eigentlichen Tempelverkehr wie
von der Priesterschaft.

Daß die Königliche Halle bei
Josephus diese Halle Salomos des
Neuen Testamentes sein dürfte, ist auch
deshalb wahrscheinlich, weil der Palast Salo-
mos ebenfalls an der Südseite des Tempel-
platzes gelegen hatte und die Bezeichnung
Königliche Halle bei Josephus sich auf
Herodes wie auf Salomo beziehen kann.

Auch zur Zeit der Kreuzfahrer heißen die
Bauten an dieser Südseite, Palatium Salo-
monis, Templum Salomonis und darunter die
Pferdeställe Salomos. Wilhelm von Tyrus
sagt (VIII, 3): „domus regia, quae vulgari
appellatione templum Salomonis dicitur."

Es spricht also alle Wahrscheinlichkeit
dafür, daß die Prachthalle des Herodes und
die Halle Salomos des Neuen Testamentes
ein und dieselbe Halle ist.

Sie war die geheiligte Erinnerung für
alle Christen Jerusalems und derer, die im
Anfang dort ihren Glauben an Jesus gefunden
hatten, als der erste gemeinsame Bet- und
Predigtraum in der großartigsten und prunk-
vollsten Gestaltung, die man sich nur denken
konnte. Selbst die Christen, welche aus den
stolzesten Städten nach Jerusalem bis zum
Jahre 70 pilgerten, hatten kaum ihresgleichen
gesehen. Sie mußte sich allen unauslöschlich
einprägen, ihrer geheiligten Erinnerung hal-
 
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