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Zeitschrift für christliche Kunst — 26.1913

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Heft 9/10
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Witte, Fritz: Von unserer Paramentik einst und jetzt
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https://doi.org/10.11588/diglit.4358#0165

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293

1913. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 9/10.

294

sieht ihres ersten Advokaten, daß immer
wieder dieselben Musterungen von Webstuhl
zu Webstuhl wanderten, es sollte in An-
knüpfung zunächst an alte Vorbilder die
Technik in ihrer ganzen Solidität wieder-
gewonnen, das Auge der Weber bzw. Zeichner
durch das Studium der alten Arbeiten und
ihrer Endziele die
Fähigkeit wieder-
erwerben, ebenso
mustergültigeBor-
ten mit neuen,
selbst erfundenen
Musterungen zu
entwerfen. Das
ist leider hier so
wenig wie bei den
Stoffen erreicht
worden. Aus ir-
gend welchen
Gründen hat man
geistlos weiter
kopiert. Wo sich
leise Ansätze zeig-
ten zur Gewin-
nung neuerer Mu-
ster, da waren
letztere nicht ge-
rade mehr befrie-
digend. Die end-
los wiederhol-
ten Ornamentie-
rungen mit Bäum-
chen und Roset-
ten und Namens-
zügen dürften all-
mählich aufhören,
sie haben wirklich
ihre Dienste reich-
lich getan.

Nicht so be-
deutungslos, wie
vielfach angenom-
men wird, ist die
Fütterung der Ka-
sel. Die auch heute noch vielfach beliebteUnter-
legung des Seidenstoffes durch Steifleinen
ist von'vornherein ein Unding und benimmt
der Kasel den Gewandcharakter, indem ein
regelrechter Faltenwurf unmöglich gemacht
und die Kasel zu einem steifen Schild herab-
gewürdigt wird. Allerdings würde sich die,
sagen wir auch „Baßgeigenform", recht er-

Abb. 22

bärmlich ausnehmen, wollte sie überhaupt
Anstalten machen, als Kleid zu erscheinen;
sie würde ihre ganze armselige Dürftigkeit
noch deutlicher zeigen, als jetzt, wo man sie
nach Pappkünstlerart auf gesteifte Masse
regelrecht aufzieht. Auch die sichtbare
Fütterung fordert Beachtung und sorgfältige

Auswahl, wasStof f
und Farbe angeht.
Daß bei ihr nicht
immer Seide ge-
fordert werden
kann, ist wohl
selbstverständlich;
immerhin verdient
sie doch ein bes-
seres Material als
man ihr im vori-
gen und im XVIII.
Jahrh. vielfach zu-
wies, das billigste
geklanderte Lei-
nen oder gar Nes-
sel. Wirsind heute
in der glücklichen
Lage, aus einer
auch farbig recht
guten Serie von
Satinstoffen aus-
wählen zu können.
Es ist nicht not-
wendig, daß das
grüne und weiße
Meßgewand im-
mer rot, das rote
grün gefüttert
werde. Man be-
diene sich einmal
der vielfach vor-
handenen grauen
und grauvioletten,
oder auch matt-
blauer Stoffe; ganz
hervorragende Wir-
kungen lassen sich
mit ihnen erzielen. Wichtig ist, daß der
Futterstoff nicht etwa durch seine brutale
Verfassung dem eigentlichen Kaselstoff eine
vernichtende Konkurrenz mache; er hat be-
scheiden in den Hintergrund zu treten.

Was für die Kasel gilt, das gilt in vieler
Beziehung auch für den Chormantel. Sein
Schmuck besteht ja zumeist aus den Vertikal-

Ursula-Fahne in St. Ursula, Köln. Entwurf J. Osten, Aus
lührung R. Zengel, Köln. (Plattstich und Perlenbesatz).
 
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