327
1913. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 11.
328
des Erzbischofs angehörte, überwiesen wurde.
Die Hälfte der Hostie erhielt später das
Augustinerkloster in Löwen1).
Das Kreuz, um das es sich hier nur
handelt, wurde nach dem freilich erst im
XVII. Jahrh. abgefaßten Nekrolog des
Augustinerklosters von dem 1386 verstor-
benen Kaufmann Tilmann von Lim-
burg gestiftet.
Dieser Tilmann von Limburg oder, wie er
anscheinend häufiger genannt wird, Tide-
mann von Lemberg2), gehörte zu den bedeu-
tendsten und angesehensten hansischen Kauf-
leuten des XIV. Jahrh. Er war 1310 in
Dortmund geboren; in den vierziger Jahren
stand er in der Gruppe der rheinisch-west-
fälischen Gläubiger König Eduards III. von
England an erster Stelle und ermöglichte
diesem durch ansehnliche Darlehen nament-
lich die Einlösung der Kroninsignien, die der
König in größter Geldverlegenheit an den
Erzbischof von Trier und an einige Kölner
Patrizier verpfändet hatte3). Im Jahre 1358
ließ sich Tilmann dauernd in Köln nieder, wo
er an der heutigen Hohenstraße gegenüber
dem Augustinerkloster ein stattliches Haus
besaß. Dem Reichtum und Ansehen Til-
manns entsprachen seine frommen Stif-
tungen: 1358 steuerte er zum Bau eines
Hospitals in Dortmund bei und erwies sich
dann nach seiner Ansiedelung in Köln als
Wohltäter des dortigen 1334 gegründeten
Karthäuserklosters durch wiederholte Geld-
spenden zum Kloster- und Kirchenbau, zu
Handschriften und Glasmalereien. In seinem
Testament bestimmte er ein bedeutendes
Legat für den Bau der Mariagradenkirche.
Seine besondere Zuneigung zeigte er aber
den Augustiner-Eremiten, in deren nächster
Nähe er, wie erwähnt, wohnte. Zum Dank
ließen diese ihm nach seinem Tode Ehrungen
J) Gelenius, »De admiranda magn. Coloniae«
(1645), S. 489 u. 491- — Winheim, »Sacrarium
Agrippinae» (1607), S. 168. Geschichte von der
wunderbaren Hostie usw.. Aachen, 1814. — v. Me-
ring u. Reischert, »Bischöfe u. Erzbischöfe von
Köln« II, 246, wo noch weitere Literaturangaben.
2) S. unten Anm. 4.
3) Die große englische Königskrone befand sich
von 1339 bis 1344 in den Händen des Erzbischofs
Balduin von Trier; die Krone der Königin, eine
kleinere Krone und andere Kleinodien waren wahrend
der gleichen Zeit in Köln deponiert. Vgl. den unten
zitierten Aufsatz von Hansen, S. 382 ff.
zuteil werden, wie sie bei einem bürgerlichen
Kaufmann jener Zeit etwas ganz Außerordent-
liches bedeuteten4). Sein sorgfältig einbal-
samierter Leichnam wurde in einen prächti-
gen, mit erhabener Arbeit verzierten metal-
lenen Sarkophag, der den Ehrenplatz im
Chor der Augustinerkirche erhielt, gelegt, und
zum Gedächtnis Tilmanns ordnete der Au-
gustinerkonvent aus Dankbarkeit für seine
Stiftungen vier Memorien an verschiedenen
Tagen des Jahres an5).
Wenn auch die Angabe über die Stif-
tung des Kreuzes erst aus späterer Zeit
stammt, so liegt doch kein Grund vor, an
ihrer Glaubwürdigkeit zu zweifeln, denn das
Kreuz gehörte in der Tat der hochgotischen
Periode an und würde — soviel sich aus der
Abbildung entnehmen läßt — recht wohl
mit einer Anfertigung um 1380 vereinbar
sein (s. unten). Auch steht die ungewöhnlich
reiche Ausstattung des Kreuzes in bestem
Einklang zu dem, was wir über die Person
des Stifters wissen, sowie zu dem außer-
ordentlich ehrenvollen Andenken, das ihm
das Augustinerkloster bewahrte.
4) Vgl. die eingehenden Ausführungen über die
Person des Tilmann von Limburg in dem Aufsatz
Hansens: .,Der englische Staatskredit unter König
Eduard III. und die hansischen Kaufleute" in den
»Hansischen Geschieh tsblättern «,Bd.l6(1910),S.402ff.
6) Kölner Stadtarchiv, Geistl. Abteilung 62: Necro-
logium monasterii Colon, fratrum eremitarum S. P. Au-
gustini. Ex antiquissimis monumentis fideliter eruebat
et scribebat frater Petrus Loy etc. 1630. Nachdem
hier Fol. 22 über die Hostie selbst berichtet ist, deren
Wunder sich im J. 1374 ereignet habe, heißt es
Fol. 23: Anno 1386 obiit insignis vir Tilmannus do-
minus de Limborch ; tumulatum fuit eius corpus aro-
matibus et balsamo conditum et delibutum in magni-
fico illo abse extrueto sepulchro. perbelle ex aere
caelato, cuius laterales laminae hoc epigraphe referunt:
(folgt die ziemlich lange Inschrift, die das Todes-
jahr 1386 enthält, sonst aber nur allgemein die Tu-
genden des Verstorbenen rühmt und außer bei Ge-
lenius, a. a. O. S. 493, auch bei v. Mering u. Rei-
schert, Hansen u. a. wiedergegeben ist). Dann
heißt es weiter: Plurima beneficia conventui prae-
stitit, fertur dedisse crucem illam argen-
team deauratam rarae et invidendae ele-
gant iae, cui inclusa medietas venerabilis sacramenti
in carnem conversi. Anniversaria memoriae dies cele-
bratur III. Kai. Augusti , commemorationis singulis
quatuor anni temporibus. — Eine ähnliche Eintragung
findet sich in dem Liber fundationum ecclesiae et
sacristiae Colon, ord. ff. erem. S. P. Augustini Ao
1761, Fol. 113: Fundatio Lymburg (Pfarrarchiv von
S. Maria im Kapitol A 3. — Schäfer in »Nrh. An-
nalen« 83, S. 125).
1913. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 11.
328
des Erzbischofs angehörte, überwiesen wurde.
Die Hälfte der Hostie erhielt später das
Augustinerkloster in Löwen1).
Das Kreuz, um das es sich hier nur
handelt, wurde nach dem freilich erst im
XVII. Jahrh. abgefaßten Nekrolog des
Augustinerklosters von dem 1386 verstor-
benen Kaufmann Tilmann von Lim-
burg gestiftet.
Dieser Tilmann von Limburg oder, wie er
anscheinend häufiger genannt wird, Tide-
mann von Lemberg2), gehörte zu den bedeu-
tendsten und angesehensten hansischen Kauf-
leuten des XIV. Jahrh. Er war 1310 in
Dortmund geboren; in den vierziger Jahren
stand er in der Gruppe der rheinisch-west-
fälischen Gläubiger König Eduards III. von
England an erster Stelle und ermöglichte
diesem durch ansehnliche Darlehen nament-
lich die Einlösung der Kroninsignien, die der
König in größter Geldverlegenheit an den
Erzbischof von Trier und an einige Kölner
Patrizier verpfändet hatte3). Im Jahre 1358
ließ sich Tilmann dauernd in Köln nieder, wo
er an der heutigen Hohenstraße gegenüber
dem Augustinerkloster ein stattliches Haus
besaß. Dem Reichtum und Ansehen Til-
manns entsprachen seine frommen Stif-
tungen: 1358 steuerte er zum Bau eines
Hospitals in Dortmund bei und erwies sich
dann nach seiner Ansiedelung in Köln als
Wohltäter des dortigen 1334 gegründeten
Karthäuserklosters durch wiederholte Geld-
spenden zum Kloster- und Kirchenbau, zu
Handschriften und Glasmalereien. In seinem
Testament bestimmte er ein bedeutendes
Legat für den Bau der Mariagradenkirche.
Seine besondere Zuneigung zeigte er aber
den Augustiner-Eremiten, in deren nächster
Nähe er, wie erwähnt, wohnte. Zum Dank
ließen diese ihm nach seinem Tode Ehrungen
J) Gelenius, »De admiranda magn. Coloniae«
(1645), S. 489 u. 491- — Winheim, »Sacrarium
Agrippinae» (1607), S. 168. Geschichte von der
wunderbaren Hostie usw.. Aachen, 1814. — v. Me-
ring u. Reischert, »Bischöfe u. Erzbischöfe von
Köln« II, 246, wo noch weitere Literaturangaben.
2) S. unten Anm. 4.
3) Die große englische Königskrone befand sich
von 1339 bis 1344 in den Händen des Erzbischofs
Balduin von Trier; die Krone der Königin, eine
kleinere Krone und andere Kleinodien waren wahrend
der gleichen Zeit in Köln deponiert. Vgl. den unten
zitierten Aufsatz von Hansen, S. 382 ff.
zuteil werden, wie sie bei einem bürgerlichen
Kaufmann jener Zeit etwas ganz Außerordent-
liches bedeuteten4). Sein sorgfältig einbal-
samierter Leichnam wurde in einen prächti-
gen, mit erhabener Arbeit verzierten metal-
lenen Sarkophag, der den Ehrenplatz im
Chor der Augustinerkirche erhielt, gelegt, und
zum Gedächtnis Tilmanns ordnete der Au-
gustinerkonvent aus Dankbarkeit für seine
Stiftungen vier Memorien an verschiedenen
Tagen des Jahres an5).
Wenn auch die Angabe über die Stif-
tung des Kreuzes erst aus späterer Zeit
stammt, so liegt doch kein Grund vor, an
ihrer Glaubwürdigkeit zu zweifeln, denn das
Kreuz gehörte in der Tat der hochgotischen
Periode an und würde — soviel sich aus der
Abbildung entnehmen läßt — recht wohl
mit einer Anfertigung um 1380 vereinbar
sein (s. unten). Auch steht die ungewöhnlich
reiche Ausstattung des Kreuzes in bestem
Einklang zu dem, was wir über die Person
des Stifters wissen, sowie zu dem außer-
ordentlich ehrenvollen Andenken, das ihm
das Augustinerkloster bewahrte.
4) Vgl. die eingehenden Ausführungen über die
Person des Tilmann von Limburg in dem Aufsatz
Hansens: .,Der englische Staatskredit unter König
Eduard III. und die hansischen Kaufleute" in den
»Hansischen Geschieh tsblättern «,Bd.l6(1910),S.402ff.
6) Kölner Stadtarchiv, Geistl. Abteilung 62: Necro-
logium monasterii Colon, fratrum eremitarum S. P. Au-
gustini. Ex antiquissimis monumentis fideliter eruebat
et scribebat frater Petrus Loy etc. 1630. Nachdem
hier Fol. 22 über die Hostie selbst berichtet ist, deren
Wunder sich im J. 1374 ereignet habe, heißt es
Fol. 23: Anno 1386 obiit insignis vir Tilmannus do-
minus de Limborch ; tumulatum fuit eius corpus aro-
matibus et balsamo conditum et delibutum in magni-
fico illo abse extrueto sepulchro. perbelle ex aere
caelato, cuius laterales laminae hoc epigraphe referunt:
(folgt die ziemlich lange Inschrift, die das Todes-
jahr 1386 enthält, sonst aber nur allgemein die Tu-
genden des Verstorbenen rühmt und außer bei Ge-
lenius, a. a. O. S. 493, auch bei v. Mering u. Rei-
schert, Hansen u. a. wiedergegeben ist). Dann
heißt es weiter: Plurima beneficia conventui prae-
stitit, fertur dedisse crucem illam argen-
team deauratam rarae et invidendae ele-
gant iae, cui inclusa medietas venerabilis sacramenti
in carnem conversi. Anniversaria memoriae dies cele-
bratur III. Kai. Augusti , commemorationis singulis
quatuor anni temporibus. — Eine ähnliche Eintragung
findet sich in dem Liber fundationum ecclesiae et
sacristiae Colon, ord. ff. erem. S. P. Augustini Ao
1761, Fol. 113: Fundatio Lymburg (Pfarrarchiv von
S. Maria im Kapitol A 3. — Schäfer in »Nrh. An-
nalen« 83, S. 125).