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Zeitschrift für christliche Kunst — 26.1913

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Heft 11
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Witte, Fritz: Bischof von Henle von Regensburg und die neuere kirchliche Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.4358#0190

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341

1913.— ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 11.

342

„Der segnende Heiland mit beweglichem
Arm. Diese Statue hat im Innern ein
Musikwerk zürn Aufziehen, und wenn das
Werk das heilige Segenlied spielt, so be-
wegt sich langsam segnend der Arm des
Heilandes. Besonders passend für jedes
katholische Haus sowie für jede Familie,
wo der göttliche Heiland verehrt wird ....
Nicht vergessen auch anzugeben, ob eine
rosa (!) oder weiße Heiland-Statue gelie-
fert werden soll."

Diesem wundersamen, zudem in einem
erbarmungswürdigen Deutsch geschriebenen
Texte ist eine Abbildung beigegeben, auf
welcher die Bewegungsmöglichkeiten des
Heilandsarmes in punktierten Linien ange-
geben sind. Schade, daß uns das Presse-
gesetz wohl im Wege steht, ein solches
Machwerk zur Schande seiner selbst und
des Zeitschriftenverlages, zugleich auch als
abschreckendes Beispiel hier wiederzugeben.
Ich möchte wünschen, unsere katholische
Tagespresse bemächtigte sich des Falles und
gäbe dieser Zeitschrift den Denkzettel, der
allein ihr zukommt: „Eine energische War-
nung vor einer Unterstützung, wenn sie
Derartiges bietet! Sollte denn eine
Redaktion, in der doch gewiß Priester einen
Platz haben, so sehr in Unkultur versunken
sein können, daß ihren Mitgliedern auch der
letzte Hauch von Gefühl für das, was sich
schickt, verloren gegangen ist?

Angesichts solch erniedrigender Erschei-
nungen in katholischen Zeitschriften klingen
Worte wie die des Regensburger Bischofs
doppelt angenehm, sie geben uns das Recht,
sie machen es uns geradezu zur Pflicht,
rücksichtslos gegen solche Afterkunst das
Messer zu ziehen. Vor allem der Klerus
kann und darf sich so etwas nicht bieten
lassen, die Warnung, vor dieser „religiösen
Kunst" gehört auf die Kanzel, denn es
handelt sich um das Ansehen und die Ehre
der Kirche!

Als 3. Forderung nennt der bischöfliche
Autor die liturgische Korrektheit. Mit
Recht sieht er hier ein dankbares Feld der
Mitarbeit für die Geistlichkeit. Sie soll aus
Schrift und Betrachtung, vor allem aus dem
Jungbrunnen aller religiösen Kunst, der
Liturgie, das Material schürfen, das dem
Künstler zur Bearbeitung vorzulegen ist.
Diese Fundgrube ist nie zu erschöpfen, die

mittelalterliche Biblia pauperum ist von
jedem geistig durchgebildeten Geistlichen
noch nach mancher Richtung hin zu erwei-
tem, die Liturgiegeschichte ist bislang
überhaupt kaum befragt worden, und doch
würde gerade sie eine reiche Fundgrube der
Anregungen darstellen. Jeder, der je ge-
meinsam mit Künstlern, die an einer Weiter-
entwicklung ihrer selbst arbeiten, thema-
tische Probleme durchgesprochen hat, wird
mit dem hochwürdigen Herrn Bischöfe die
bereitwillige Geneigtheit jener lobend aner-
kennen, mit der sie auf jeden brauchbaren
Vorschlag und Rat eingehen. Aus einer mit
Wärme geführten Unterhaltung mit einem
kunstfrohen Priester nimmt der intelligente
Künstler weit mehr mit als aus 10 Akademie-
stunden und umfassender Lektüre. Ein
Ausdruck hoher Verwunderung ringt sich
bei ihm vielfach los über den wunderbaren
Reichtum der Anregungen in Liturgie, in
Gebets- und Gesangsdichtung und Kirchen-
geschichte; ein Wunderland, das er nicht
kannte, ist ihm aufgegangen.

Daß Bischof von Henle konsequent die
Ziele verfolgen will, die er in seinem Hirten-
schreiben sich und seinem Klerus setzt, das
erhellt aus seiner Verordnung, nach der in
der Diözese Regensburg ein Archiv für neuere
religiöse, speziell kirchliche Kunst gegründet
werden soll, in dem Entwürfe sowie Ab-
bildungen nur neuzeitlicher kirchlicher
Kunstwerke einen Platz finden sollen, damit
sie dort in ihrer Gesamtheit das Studien-
material abgeben für den älteren wie vor
allem für den jüngeren Klerus. Das heißt
ganze Arbeit tun und die Aussicht auf Er-
folg sich erringen. Wir sind nicht berech-
tigt, dem gesamten Episkopate Forderungen
zu stellen, aber den Wunsch, die Bitte
dürfen wir wohl aussprechen, daß von Henles
Leitsätze als allgemein gültige Richtschnur
proklamiert werden möchten, damit wenig-
stens eine bescheidene Gleichmäßigkeit in
der Behandlung der kirchlichen Kunst zu-
tage trete. Nur keine Kompromißkunst,
die mehr oder weniger immer mit der ihr
eigenen Halbheit auch die Ansätze der Unehr-
lichkeit und Unfreiheit mitbringt. Von Henles
Leitsätze stellen ein vollkommen ausreichendes
Credo für die religiöse Kunst dar, und nur
das eine Losungswort können wir nach
seiner Proklamierung für das ganze Gebiet


 
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