Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für christliche Kunst — 26.1913

DOI Heft:
Heft 11
DOI Heft:
Heft 12
DOI Artikel:
Éber, László: Über einige Schutzmantelbilder in Ungarn
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4358#0198

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
355

1913. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr 12.

350

Marias knien rechts und links je vier Mäd-
chengestalten, mit Kronen auf dem Kopf,
mit Lämmern, Tauben zu den Füßen. Per-
drizet erblickt in ihnen heilige Jungfrauen.
„Sie beten zu ihrer Königin (Maria, Re-
gina Virginum) nicht für sich selbst,
da sie die Krone des Lebens ja bereits er-
langt haben, sondern offenbar für das Heil
der Sünder." Es wäre vielleicht richtiger,
Selige in ihnen zu erkennen, die dem mäch-
tigen Schutz, der Barmherzigkeit Marias
ihre himmlische Seligkeit zu verdankenhaben.
In der Reihe der ungarischen Denk-
mäler kennen wir ein ähnliches Beispiel, das
die enge Verknüpfung des Schutzmantel-
motivs mit dem Jüngsten Gericht darstellt:
es ist das Wandgemälde in der unitarischen
Kirche zu

Sepsi-
Kileny in
Siebenbür-
gen. In das

ausführ-
liche Bild
des Jüng-
sten Ge-
richtes ist
Maria mit

j„ Abb. 3. Jüngstes Gericht

Schutzmantel organisch eingefügt und bietet
hierdurch das interessante Beispiel der Ver-
einigung eines ursprünglich ganz fremden
Motives mit einem komplexen, reich ent-
wickelten ikonographischen Kreis. Einige
der knienden Figuren scheinen Kränze auf
den Köpfen zu tragen, wahrscheinlich mit
ähnlicher Tendenz wie die Jungfrauen zu
Königsberg.

Trotz solcher ikonographischen Aus-
nahmen hat die Entwicklung des Schutz-
mantelbildes mit der Ausbildung und allge-
meinen Geltung der Mater omnium
wesentlich ihr Ziel erreicht. Diese Form
behauptet sich auch über die Grenze des
Mittelalters hinaus. Perdrizet gibt an, daß
diese Marienbilder seit dem XVI. Jahrh.
vollständig aus der Mode gekommen sind,
was er der Änderung des künstlerischen
Geschmackes, der Furcht vor dem Spott
der Protestanten und in Frankreich dem

Einfluß der Ideen der Jesuiten zuschreibt.
„Vom XVII. Jahrh. an kennt man Maria
mit dem Schutzmantel kaum anderswo wie
in Städten, wo ein derartiges Gnadenbild
gleichsam als Palladium verehrt wurde, so
die Madonna delle Grazie zu Mailand, die
Vierge de Bonsecours in Nancy"4).

Doch bedarf diese Behauptung der Be-
richtigung. Im XVII. und XVIII. Jahrh.,
sogar noch in unseren Tagen werden solche
Bilder auf Grund des mittelalterlichen
Typus der Mater omnium in sehr großer
Zahl, besonders für griechisch-katholische
Kirchen hergestellt. Im Kalender der
katholischen Kirche nach griechischem Ritus
ist der schützenden Muttergottes ein eigenes
Fest (Pokrov.Dy ivi Marij i, am 1. Ok-
tober) ge-
widmet.
In den
Kirchen
Ungarns
trifft man

solche
späte Bil-
der in
mehr oder
weniger

zu Sepsi-Kileny (Ungarn.) künstleri-

scher Ausführung sehr häufig an. Die
Formen verändern sich, sind manchmal
stark barock, doch der Inhalt bleibt nun-
mehr unverändert: die Gegenüberstellung
der geistlichen und weltlichen Repräsen-
tanten der streitenden Kirche, unter
dem Schutze des Mantels der Himmels-
königin").

Budapest.

Dr. L. E her.

4 Perdrizet, a. a. O S. 203.

5) Zum Schlüsse seien hier auch die übrigen mir
in Ungarn bekannten mittelalterlichen Wandbilder
mit der Darstellung Marias mit dem Schutzmantel
angeführt: sehr beschädigtes, frühes (um 1300) Bild
in der Kirchenruine in Zsämbek, volkstümilich auf-
gefaßtes Bild in Szmrecsäny (1. Hallte des XV.
Jahrh.), Fragmente in Gümör-Rakos, Zsegnye, Mar-
tonhely, Tympanonbild der Benediktinerkirche zu
Sopron (Ödenburg), Schutzmantelbild am Triumph-
bogen der Kirche zu Karaszko, — ähnlich wie zu
Mohos, der Seelenwage gegenüber angebracht.
 
Annotationen