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Zeitschrift für christliche Kunst — 26.1913

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Heft 11
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Rahtgens, Hugo: Das ehemalige Kreuz der Hostia mirabilis bei den Augustiner-Eremiten in Köln
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https://doi.org/10.11588/diglit.4358#0185

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331

1913. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 11.

332

Ich wende mich jetzt zur Beschreibung
des schon erwähnten Stiches, von dem sich
ein Exemplar im Kölner Historischen Museum
befindet (Abb. i).

Das Kreuz ist dargestellt auf einer flachen
Tafel, deren Oberfläche die Bezeichnung
trägt: Crux argentea indurata in qua ss.
sacramentum miraculosum apud ff. Augu-
stinianos Coloniae religiöse asservatur. Da-
neben in den Ecken der Tafel: habet ponderis
68 libras — longitudinis 4% ped. latitudinis
2% ped. Vorn auf der Tafel ist die Widmung
angebracht: Serenissimo principi ac domino
D. Philippo Wilhelmo Palatino Rheni Bava-
riae, Juliae, Cliviae et Montium Duci,
Comiti in Veldentz, Sponheim et Marca
Ravensberg et Mors, D. in Ravenstein etc.
clementissimo domino nosiro d. d. c. q.6) con-
ventus fratrum Eremitarum S. Augustini
Coloniensis. Der hier genannte Philipp
Wilhelm, Pfalzgraf von Neuburg und Her-
zog von Jülich-Berg, erbte 1685 die Rhein-
pfalz (Kurpfalz); er starb 1690 als Flücht-
ling nach dem unglücklichen Feldzug von
1688 gegen Ludwig XIV., durch den sein
Land verwüstet wurde. Der ihm aus nicht
weiter bekanntem Anlaß überreichte Stich
wird also in der Zeit zwischen 1685 und 1688
angefertigt sein.

Der Fuß des Kreuzes ist auf den drei sicht-
baren Seiten bogenförmig eingezogen und
ruht an den äußeren Ecken auf runden, an
den innern auf quadratischen Türmchen;
letztere zeigen über einem Tor eine Brüstung,
auf der ein Engel mit einem Kreuz hervor-
tritt. Zwischen den Türmchen ein zinnen-
bewehrtes, von einer Galerie durchbrochenes
Fußgesims mit der Inschrift: Benedictum sit
ss. Sacramentum. Die Grate des geschweift
zum Schaft überleitenden Fußes sind mit
Blattwerk bedeckt, zwischen dem auf den
Seiten die Figuren zweier Propheten stehen,
die im Original etwa einen Fuß hoch gewesen
sein müssen.

Der auffallend breite Schaft ist als ein in
Strebepfeiler, Fialen und Baldachine auf-
gelöster gotischer Turm behandelt, der durch
ein abgeschrägtes Gesims in einen höheren
unteren und einen niedrigeren oberen Ab-
schnitt geteilt ist. Unter den Baldachinen
erkennt man zunächst auf dem Sockel die
Figur des segnenden Erlösers mit der Welt-

6) Etwa aufzulösen in: dono dedit consecravitque.

kugel, seitlich Petrus und Paulus, über dem
kielbogigen Baldachin in der Mitte ein kleines
Engelsfigürchen; im oberen Abschnitt auf
einer Kanzel stehend der h. Augustinus als
Bischof, in der einen Hand den Krummstab,
in der andern ein flammendes Herz, auf den
Seiten daneben Johannes der Täufer und
S. Sebastian, darüber ganz klein die Figür-
chen einer Königin mit Palme und eines
Ritters mit bekreuztem Schild (S. Ursula
und S. Gereon?). Auch in der obersten
Turmspitze, die ziemlich unorganisch die
Verbindung mit dem Kreuz bildet, steht eine
Figur, die aber infolge der Übereckstellung
der Spitze größtenteils verdeckt ist.

Atts dem erwähnten Gesims, das den Schaft
in zwei Abschnitte teilt, wachsen zwei
spiralig nach den Seiten gebogene Äste heraus,
die als Träger der auf Blätterkelchen unter
dem Kreuz stehenden Figuren der Maria und
des Jüngers Johannes dienen. Die mit
Krabben besetzten Äste umschließen in ihrer
Krümmung links den Verkündigungsengel,
rechts die seinen Gruß empfangende Maria.

Das eigentliche Kreuz ist gleichschenklig
gebildet und enthält in der Vierung in ovalem
Kristallgehäuse die auf einem Kelch ruhende
wunderbare Hostie, die hinter einem wahr-
scheinlich in Kristall ausgeschliffenen Kreuz
sichtbar wird; vier Engelsköpfchen zwischen
den Armen dieses Kreuzes sind gleichfalls als
im Kristall eingeschnitten zu denken. Auf
der ovalen Umrahmung des Gehäuses in
gotischer Fraktur die Inschrift: Dat du hi jn
syst si dir bykant, t'wayr sacrament in vleisch
gewant, nu dem groysen cruc egedun1).

') Nach v. Büllingens Aufzeichnung (Kölner Stadt-
archiv, Chron. u. Darstellungen 182, S. 92) lautete
die Umschrift: Dat du hier seyest, sie bekandt, t'wayre
Sacrament in vleisch gewandt, in dem großen Creutz
ingedan, den mit alden Brieven bewaden (?).

Das oben bereits zitierte Nekrolog des Petrus
Loy setzt zu der Erzählung von dem Hostienwunder
im J. 1374 das diese Zahl enthaltende Chronostichon:
Fit Caro gVtta trlpLeX fit eVge eX Vrbe MeteLLI
bVrgo, eVge eX Vblls hostla et Ista LIqVet.

Darunter :

Taußentdreyhundertsiebenzigvier
In Middelburg in Seelandt hör
In Fleisch vnd Blutstropfen verkert
Diß Hostia wirdt hie geehrt.
Ob und wo diese Verse inschriftliche Verwendung
gefunden haben, wird leider nicht gesagt. Die obige,
am Kreuz des Kupferstichs angebrachte Inschrift ist
hier nicht wiedergegeben.
 
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