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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 1.1907/​8

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Bühlmann, Josef: Der Palast der Flavier auf dem Palatin in Rom
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https://doi.org/10.11588/diglit.19218#0138

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12C J. Bühlmann-München.

der Apsis ist ein ringsumlaufendes Podium von 1,75 m Breite und 2,35 m Höhe noch
vollständig erhalten. Die Zugänge zu demselben wurden durch schmale Treppen an
der Außenwand der Apsis vermittelt; diese waren wahrscheinlich bis zur Höhe der
Galerien fortgeführt. Vor der Apsis war gegen den Saalraum eine Marmorschranke in
Gestalt eines Gitters aufgerichtet, deren Reste auf der in den Boden eingebetteten
Standschwelle wieder aufgestellt sind.

Die vorhin erwähnten Pfeiler in den rückwärtigen Ecken lassen auf eine Über-
wölbung des Raumes schließen, und zwar konnte dieselbe in Anbetracht der geringen
Stärke der Außenwände nur in einem Kreuzgewölbe bestehen. Zur Herstellung eines
reinen Quadrates in der Grundfläche waren neben den beiden seitlichen Türen noch
Mauerpfeiler notwendig, die auch deshalb angezeigt scheinen, weil die Säulenstellungen
kaum vor den breiten Türen fortgeführt sein konnten. Übrigens scheinen in früherer
Zeit noch Reste solcher Pfeiler vorhanden gewesen zu sein, zu denen jedoch in den
Zeichnungen (Bianchini, Nolli) wohl fälschlich noch ein weiteres Paar hinzugefügt wurde,
das jedoch nach den vorhandenen Resten der Säulenstellung nicht bestanden haben
konnte. Die eigenartige Anlage des Raumes läßt wohl mit Sicherheit darauf schließen,
daß derselbe zu einer Gerichtsbasilika bestimmt war. Auf dem Podium versammelte
sich unter dem Vorsitz des Kaisers der Gerichtshof, in dem abgegrenzten Räume der
Apsis hatten die Parteien oder die Angeklagten ihren Platz und der übrige Saal stand dem
Zutritt des Volkes offen, während die Galerien dem kaiserlichen Hofe reserviert blieben.

Hinter dieser Basilika sind kleinere Räume vorhanden, in deren einem eine
breite einarmige Treppe abwärts zu einem Korridor führt, der unterirdisch eine Ver-
bindung mit dem Wohnpalast, der von Tiberius erbaut wurde, herstellte. Von dieser
Treppe konnte man auch direkt in den großen Mittelsaal durch dessen zweite Seiten-
türe rechts gelangen.

Der andere Seitensaal, zur Linken des großen Mittelsaales, ist in seinen Abmes-
sungen kleiner als die soeben besprochene Basilika. Die Seitenwände desselben werden
durch vorspringende Pfeiler in Nischen gegliedert und dem Haupteingang gegenüber
befindet sich eine größere rechteckige Nische. Die Lage und der große Eingang von
außen lassen für den Zweck dieses Raumes ebenfalls einen öffentlichen Charakter
vermuten und man betrachtet denselben als für religiöse Handlungen bestimmt, die
der Kaiser in seiner Eigenschaft als Oberpriester (Pontifex maximus) zu verrichten hatte
und die nach Verlegung der Regia auf den Palatin wohl in dem öffentlichen Repräsen-
tationspalaste stattfinden mußten. Hinter diesem Saale befindet sich zunächst eine
große zweiarmige unterwölbte Treppe, die in den untersten zwei Gängen noch erhalten
ist. Dieselbe führte zu höher gelegenen Räumen und wohl hauptsächlich zu dem
flachen Dache hinauf, das wahrscheinlich über einen großen Teil des Palastes sich er-
streckte. Ein weiterer Raum, in welchen die linke zweite Seitentür des großen Saales
führte, war wohl als Vor- und Durchgangsraum bestimmt.

Die drei besprochenen Säle bildeten in konstruktiver Hinsicht eine Einheit,
indem die Überwölbungen der seitlichen Säle den Mittelsaal zu stützen und ihm die
nötigen Widerlagen zu bieten hatten. Zwar scheint in dem Seitensaale rechts die Über-
wölbung erst im Laufe der Bauausführung beschlossen und alsdann die großen Pfeiler
hineingebaut worden zu sein. Die statische Untersuchung des großen Gewölbes des
Mittelsaales zeigt nämlich, daß dasselbe auch bei möglichst leichter Herstellung in den
 
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