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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 1.1907/​8

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Heft 6 [März 1908]
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Rott, Hans: Bauspäne von einer anatolischen Reise
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https://doi.org/10.11588/diglit.19218#0169

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Bauspäne von einer anatolischen Reise. 157

eines Gregor und Basilius in einer asketischen Romantik, von der uns die Briefe der
beiden Kirchenväter auch literarisch berichten, deren Schilderung noch einen Humboldt
entzückte. Durch überhängende, schauerliche Felswände sind die Bauanlagen vielfach
geschützt und gut erhalten. Das hier abgebildete Portal, welches in wilde Umgebung herab-
schaut, macht den Eindruck, als wäre es erst in jüngster Zeit entstanden (Abbildung 8).
Schon die Geschichte der unaufhörlichen Razzien der Araber und die Nähe der kiliki-
schen Pforte bedingen es, daß diese Gegenden mit dem Ende des ersten Jahrtausends
für immer von ihren Bergheiligen verlassen wurden, abgesehen von den Fingerzeichen,
die uns die Freskenmalerei daselbst an die Hand gibt. Vor den fünf Toren, welche
zu tiefen Versammlungsräumen ins Innere leiten, baut sich eine Scheinarchitektur auf,
deren Verdachung über gegliederten Wandpfeilern ein durchgehender Arkadenfries ziert.
Dieser weist uns wieder den Weg, wo wir die Freibauten und den Typus solcher auf Fels-

Abbildung 9. Kämpferkapitäle am Bisutun bei Kermanscbah.

wände übertragener Anlagen zu suchen haben. Flandin und Coste haben auf ihrer
persischen Reise östlich von Bagdad am Bisutunberg bei Kermanscbah, unfern der be-
kannten Reliefs des Tak-i-Bostan, Kämpferkapitäle gefunden, die an ihrem obern Rand
fast genau denselben Arkadenkranz wie unser Felsentor aufweisen (Abbildung 9). Sie
werden im allgemeinen in die Sassanidenzeit, die Periode ChosrausII. (590—628), datiert.1
Wieviel an lokaler, bodenständiger Architektur diese eine Provinz in früh-
byzantinischer Zeit aufzuweisen hat, wird erst recht an den Freibauten dieses Landes
deutlich. Was mir bei den Aufnahmen von Kirchen zunächst auffiel, war die durch-
gehende, prinzipielle Verwertung der Hufeisenform, sowohl in der Plananlage wie
konstruktiv im Aufriß (nur bei zwei basilikalen Bauten stellte ich den gestelzten Bogen
im Chor fest), die peinliche Ostorientierung, die ausschließliche Verwendung der trefflichen
Trachytquader, eine Gesteinsart, die der vulkanische Boden des Landes in bequemster
Weise lieferte, die vorherrschende Richtung des kreuzförmigen Kirchentypus in der
T-Form oder crux commissa, wobei der Chor direkt an den Transsept anschließt, und
endlich die Einschiffigkeit des Langbaues mit polygonalem, meist 5/s Chorschluß. Die Ein-

1 E. Flandin und P. Coste 1. c. I, 419, PI. 17b. — Dieulafoy 1. c. V, 97. Dieser bringt nur Nach-
zeichnungen von Fl. und C. und nennt sie irrigerweise Kapitale von Ispahan, indem er sie mit den von
diesen Reisenden auf PI. 27 reproduzierten verwechselt. Leider hat Sarre dieselben auf seiner jüngsten
Forschungsreise nicht mehr auffinden können. Jahrb. d. pr. Kunstsamml. 1904, p. 356.

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