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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 1.1907/​8

DOI issue:
Heft 6 [März 1908]
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Rott, Hans: Bauspäne von einer anatolischen Reise
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https://doi.org/10.11588/diglit.19218#0175

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Bauspäne von einer anatolischen Reise. 163

die Säulentrümmer im nahen Dorfe samt den dort zerstreuten Kapitalen zur Rekonstruktion
des Portikus in Anspruch nehmen. Er trug ein Holzdach, dessen Sparren in die deut-
lich sichtbaren Balkenlöcher der Obermauern des Oktogons eingriffen. Der schon bei
den besprochenen Kirchen verwendete Zungenfries schmückt auch die Pfeilerkapitäle
der Durchgänge. Aus Quadern war die zur Hälfte jetzt eingestürzte Flachkuppel treff-
lich konstruiert, welche ohne Vermittlung aus dem achteckigen Mantel in den Kreis
überging. Dachplatten in Ziegelform deckten sie oben ab, zwischen denen f-förmige
Keilsteine als Imbrices eingeschoben wurden. Eigenartig ist auch die Fensterbekrönung
mit den Konsolen, welche den Holzstil imitieren.

Dem Polygonalbau von Suwasa ganz nah verwandt ist das Oktogon von Ulu
Bunar, dem alten Isaura, das während der österreichischen Expedition in diese Provinz
durch den Architek-
ten Fr. Knoll auf-
genommen wurde.1
Nur schließt hier der
überhöhte (?) Chor
direkt an die Ostseite
an, denDurchgängen
des Oktogons zu Su-
wasa entsprechen ge-
kuppelte Fenster,
und durch Säulen-
stellung war ein in-
nerer Umgang her-
gestellt. Die solide
Quaderkonstruktion
wie die Verwertung
des Hufeisenbogens
im Aufriß finden wir Abbildung 12b. Grundriß des Oktogons von Suwasa.

dann bei dem acht-
eckigen Zentralbau von Binbirkilisse im Karadagh, einem Unikum orientalischen Kirchen-
stils 2, für das sich wohl kaum mehr eine Parallele wird finden lassen. Nach dem Rund-
bau von Suwasa können wir nunmehr seinen obern zerstörten Abschluß rekonstruieren
als Hängekuppel in einem achteckigen Mantel mit einem flachen Zeltdach darüber, wie
es bereits die ungenaue Zeichnung De Labordes aus dem Jahre 1826 zeigt.3 Etwa 6 Stun-
den südlich von Suwasa, wo ich glaube das alte Bistum Sobeson nachgewiesen zu haben,
lag das ehemalige Nazianz, die Wirkungsstätte des großen Gregor. In der Trauerrede,
welche der Kirchenvater 374 auf den Tod seines Vaters hielt4, kommt er auch auf dessen
kirchliche Stiftung, die Errichtung eines Oktogons, zu sprechen. Der Sohn berichtet u. a.,
daß dasselbe von äußern achteckigen Wandelhallen umgeben und die Mauern auch aus
trefflichem, wohlgefügtem Gestein des Landes errichtet waren. Das Oktogon von Suwasa

1 Seine Beschreibung und Abbildung bei Strzygowslri, Kleinasien, p. 91.

2 Abbildung ib., p. 24, 141.

3 De Laborde, Voyage de FAsie Mineure 1, Tafel LXVI, LXVtl.
* Migne, Patr. Gr. XXXV, 103.
 
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