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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 1.1907/​8

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Meyer, Kurt: Zur Baugeschichte des Doms in Brandenburg a. H.
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https://doi.org/10.11588/diglit.19218#0187

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Zur Baugeschichte des Doms in Brandenburg a. H. 175

ursprünglich ein Sandsteinbau, ist 1137 gegründet und 1170 vollendet worden. Soll
man nun annehmen, daß Bischof Wilmar, nachdem sein Amtsbruder in dem benach-
barten Bistum Havelberg eine große Kathedrale in den angegebenen Maßen aufzuweisen
hatte, sich selbst im Jahre 1165 wieder ein bescheidenes Kirchlein gebaut hat, oder
sollte nicht vielmehr gerade die Übereinstimmung der Maße darauf hindeuten, daß jene
1165 begonnene Kirche in Anlehnung an die Havelberger Kathedrale erbaut wurde,
nur mit dem Unterschied, daß hier die inzwischen eingeführte Backsteintechnik zur
Anwendung kam? Ein Kriterium ferner für das Alter der romanischen Ziegel ist ihr
Format. Je kleiner der Ziegel, um so höher sein Alter.1 Ich habe an der Südwand
des Langchores sowie am südlichen Kreuzflügel Steinformate gemessen, die mit zu den
kleinsten gehören, was überhaupt in ganz Deutschland gemessen worden ist, und die
nur der frühesten Periode des Backsteinbaues angehören können. Selbst Stiehl läßt
eine Möglichkeit zu2, daß die von ihm übrigens bedeutend größer gemesseneu ältesten
Steine noch aus dem Ende der achtziger Jahre des 12. Jahrhunderts stammen. Es wäre
doch mehr wie merkwürdig, wenn man eine Granitkirche aufgebaut hätte, um sie zehn
oder fünfzehn Jahre nach ihrer Vollendung wieder abzubrechen. Nun ist der Nachweis,
den Stiehl über die Einführung des Backsteines führt, durchaus logisch und überzeugend,
und es liegt mir fern, hier die Theorie über die Herkunft unserer heimatlichen Ziegel-
technik anfechten zu wollen. Immerhin will es mir gewagt erscheinen, diese Einführung,
über die es keinerlei urkundliches Material gibt, durch technische und geschichtliche
Kombinationen auf 10 oder 20 Jahre genau datieren zu wollen. Stiehl bringt sie in
Verbindung mit den italienischen Feldzügen Heinrichs des Löwen. Nun ist aber Hein-
rich der Löwe zum letzten Male im Jahre 1155 zusammen mit Friedrich Barbarossa in
Italien gewesen. In den darauf folgenden zehn Jahren hat er dann in seinem Sachsen-
lande reformatorisch gewirkt, hat Mecklenburg und Vorpommern unterworfen, fremde
Kolonisten eingeführt und dem Christentum zur Ausbreitung verholfen. Daß er mit
dem Bischof Heinrich im Jahre 1173 den Grundstein zum Dome von Lübeck legte
und diesen Bau ebenso wie den Dombau zu Ratzeburg mit jährlichem Geldbeitrage
unterstützte, beweist meines Erachtens noch nicht, daß hiermit der Ziegelbau in Nord-
deutschland einsetzt. Vielmehr möchte ich im Hinblick auf den Brandenburger Dom
annehmen, daß schon in jenen zehn Jahren zwischen 1155 und 1165 italienische Kolo-
nisten nach Norddeutschland gekommen sind und daß unsere Kirche einer der ältesten
Backsteinbauten, in Brandenburg selbst nach den neuesten Forschungen von Eichholz3
über die Peterskapelle jedenfalls der älteste ist.

Die Urkunden sagen über den Dombau direkt gar nichts aus, man kann auch
aus einzelnen hin und wieder in Schenkungs- und Bestätigungsurkunden verstreuten
Bemerkungen nur sehr wenig schließen. Wenn der Bischof Wilmar im Jahre 1170
sich als Wiedererbauer des lange zerstört gewesenen Domes rühmt, so bezieht sich das

1 Anm. d. Redaktion: Bei der Petrikirche in Lübeck wurde die gegenteilige Wahrnehmung gemacht;
cf. Fritz Hirsch: Die Petrikirche in «Bau- und Kunstdenkmäler der Freien und Hansestadt Lübeck». 1906.

2 «Backsteinbau», Seite 81, Tabelle.

3 36—37. Jahresbericht des «Historischen Vereins» zu Brandenburg 1906, Seite 76—85. In diesem
trefflichen Aufsatz weist der Verfasser nach, dalä die bisherige Ansicht von dem hohen Alter der l'elers-
kirche irrig ist und daß die heutige Kirche, ein durchaus einheitlicher Bau, erst aus der Mitte des 13. Jahr-
hunderts stammt.

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