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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 1.1907/​8

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Schulz, Bruno: Die Ergänzung des Theodorich-Grabmals und die Herkunft seiner Formen
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https://doi.org/10.11588/diglit.19218#0209

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I. Jahrgang. Heft 8. Mai 1908.

Die Ergänzung des Theodorich-Grabmals und
die Herkunft seiner Formen.

Von Bruno Schulz-Hannover.

Die fesselnden Ausführungen, mit denen Albrecht Haupt in der ersten und zweiten
Nummer dieser Zeitschrift die äußere Gestalt des Grabmals Theodorichs in Ravenna be-
spricht, werden bei allen Lesern das lebhafteste Interesse erregt haben. Sein über-
raschender Nachweis, daß die Bronzegitter im Dom zu Aachen mit größter Wahrschein-
lichkeit als ursprünglicher Schmuck des Grabmals Theodoricbs angesehen werden müssen,
wird überall dankbare Zustimmung finden. Dagegen kann seine Rekonstruktion des
architektonischen Schmuckes, den er in die an den Wänden vorhandenen Ausarbeitungen
hineinsetzt, nicht ohne bestimmten Widersprach bleiben.

Haupt sagt, das Bauwerk hat zwei Geschosse, und er faßt den «Bogenfries» als
einen Zierfries auf, der zusammen mit der darüber liegenden glatten runden Schicht,
einem «breiten Gesimsbande», in halber Höhe des Hauptgeschosses um dieses herum-
gelegt sei; und in seiner Rekonstruktion wirkt der Fries auch so. Die Wahl gerade
dieser Höhenlage für den Fries würde dann aber vollständig willkürlich und insofern
nicht ganz glücklich sein, als er das obere Geschoß in zwei nahezu gleiche Teile teilt.
Man möchte ihn lieber etwas höher gerückt sehen.

Eine so souveräne Willkür bei der Anordnung eines bedeutenden Architektur-
teiles, wie dieser Fries ist, entspricht nun wohl dem Verfahren modernster Architekten,
kann aber schwerlich unseren Fachgenossen des 6. Jahrhunderts zugetraut werden. Sie
brachten bedeutende architektonische Motive immer nur da an, wo sie von Rechts und
Tradition wegen hingehören, und ein Fries gehörte damals nach einer Überlieferung von
etwa einem Jahrtausend an eine Wand immer nur als unmittelbare Begleitung einer

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