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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 1.1907/​8

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Schulz, Bruno: Die Ergänzung des Theodorich-Grabmals und die Herkunft seiner Formen
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https://doi.org/10.11588/diglit.19218#0225

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213

von zweien seiner Architekten, Aloisius und Daniel, beweisen es auch. Da in jener Zeit
alttestamentarische Namen für Europäer noch nicht üblich waren, so wird der letztere wohl
Syrer gewesen sein. Gerade dieser ist es, den
der König damit beauftragt, in Kavenna «Ge-
wölbe zu konstruieren, wo man die Körper
derer, die man verloren hat, erhalten könne,
ohne sie in die Erde zu legen, damit die
Hinterbliebenen nicht mehr genötigt sind, ihr
Erbgut zu vergeuden für die Toten, oder die
Körper derer, die sie lieb haben, ohne Ehre
zu ihrem großen Leidwesen in eine Grube ge-
worfen zu sehen» (Gass. lib. III, 19). Es ist
also wohl möglich, daß dieser Daniel auch der
Architekt des Grabmals ist. Daß er, wenn
nicht gotische, so doch von gotischen Formen
beeinflußte Steinmetzen am Bau beschäftigt
hat, erscheint auch mir nach den Einzelfor-
men richtig.

Das viel umstrittene Zangenornament
soll nach Durm und anderen vom antiken les-
bischen Kyma, dem Herzblattlaub, stammen,
nach Haupt und anderen von den Randorna-
menten an germanischen Schmuckgegenstän-
den, die unzweifelhaft auf die Knöpfchen an
den Sicherheitsnadeln zurückgehen, also wie
vielleicht keine andere Form rein germanisch
sind. Sollte es nicht von beiden einander
so ähnlichen und doch ihrer Entstehung nach
so grundverschiedenen Motiven hergeleitet
sein? Wie in der Natur alle höher organisier-
ten Wesen zwei Eltern haben, so scheinen mir
auch in der Kunst neue Formen, und allgemein
auf geistigem Gebiete neue Gedanken nur ge-
boren zu werden aus der Vereinigung zweier
verschiedener Gedanken und Formen. Die
schöpferische Tat des Erfinders beruht im
Grunde auf der Verschmelzung zweier ver-
schiedener bisher getrennter Formen. Der
Bildhauer des Hauptgesimses am Grabe des
Theodorich oder einer seiner Vorgänger kannte

sowohl das Herzblattlaub wie die Knöpfchen

^ Abbildung 11. Profil der oberen lur.

an den gotischen Sicherheitsnadeln, sah nur a Durni; k Haupt> c. Schulz,

die Ähnlichkeit der Form, vielleicht ohne ihre

verschiedenartige Abstammung zu kennen, faßte beides deshalb als eins auf und bildete es so.
Zwei Einzelformen aber vom Grabe des Theodorich verdienen zum Schluß

Zeitschrift für Geschichte der Architektur. I. 28
 
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