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Badische Post: Heidelberger Zeitung (gegr. 1858) u. Handelsblatt (61): Badische Post: Heidelberger Zeitung (gegr. 1858) u. Handelsblatt — 1919 (September bis Dezember)

DOI Kapitel:
Nr. 228-254 (1. Oktober 1919 - 31. Oktober 1919)
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https://doi.org/10.11588/diglit.3728#0223
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Freitag, den 10. Otober 1919

Sadische post - Nr. 236

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Nationalversammlung

Bcrlin. 9. Okt.

Aüg. Dr. Cohn (U. S.) polemisiert zunächst hef-
tig geacn die Mehrheitssozialisten. deuen er
„Pseudosozialismus" vorwirft und .denen es mit
Sozialisierungsmaknahmen nicht ernst sei. Die
Sozialisierung" sollte anfangs an allen Strakcn-
eckcn marschieren. und lief doch nur darauf hinuus,
dak 5—6 Arbeiter die Ehre hatten, nut L,i -25
Lertretern der Kohlen- und Kaliinduitrte an ei-
nem Tische sihen zu dürfen."

Auf die Aalutanot Deutschlands einaehend,
betonte er. dak wir keinen Kredit besäken. wcil
wir kein Bertrauen bei den Ententeregiecunacn
besäken. Im Osten sei es der frühere Neichskom-
missär, jetzige Oberprästdent von Ostpreuken. W u.-
n i g. (ein Mehrheitsso.zialists der an allem Unheil
schuld sei. Winnig hat die Balten, diese schärfsten
Reaktionäre und Gemaltpolitikcr. die sich jeht erst
auf ihr Deutschtuin bestnnl.n. unter seinen Schuk
genommen und ihre eaoistischen Interesten geför-
dert. So aber ist eine sozialistische Insel Deutsch-
land in der kapitalistischen Wejt zuin Untergnng
verurteilt. Ohne das Vertrauen der Entenbc koin-
men wir nicht weiter. Umso verwerflicher ist diese
unehrlickie Baltenpolitik. Die Valtenromantik ist
i:rst von der deutschen Negierung. vor allem von
Winnig geschaffen worden. Er hat für den Schnh
des Deutschtums das Vlut tausender Soldalen ge-
opfert. Die Werbungen für das Balttntum haben
bis in den Iuli gedauert. Noch zur Zeit des Brie-
fes. in dem Eeneral von der Golh dcn englischen
Eeneral Vurt anfleg-lte (Unrul>e im Saus).
wurde hier in Verlin untcr den Augen der Bc-
hörden lustig meiter geworben. Die Verschwörer
nennen sich einmal westrustischer Nat. «n anderes
w.al westiustische R:gierung mit einem richt'.gen
Kabinctt. Man schliestt in Deut;chll'.i'.d Vcrträge
über Darlehen zur Fiiran.zierung von Kriegs-
unternehmunaen. Das Faksimile d'.esec Verträgc
lege ich hier nieder. Dreihunderl Millioncn sollbcn
sür politische und militärische Zweckc Westcuk-
lands aufgenonnnen wcrden und verpfändn wucde
dafür das gesamte mobile und immobile E'gen-
tuin diests noch nicht bestehewden Staat-wesens.
(Heiterkeit im Hause).

Ein politischer Spakoogel hat die Herre,'. aus-
sitjen lasten und mit ihnen angebt.ch nn Naiucn
des Hauses Morgan in Newyork einen svlchen
Darlchnsvertag abgeschlosten (Heiteckeit im Haui'.)
Wie kann die Regierung solche Zettelungen dul-
den! Wir wollen nicht. dak die kapttälistischen
und imperialistischen Leichenräuber des Weltkrie-
ges einen neuen Krieg gegen- Rukland auf deut-
scheu' Bcden organisbcren.

Ts ist dle schwerste Süirde der Negierung. dak
keine geordneten Beziehungen zu Rukland hcrge-
stellt ,lno.. Wir haben das grökte Intereste daran,
mit Nustland in FriLden zu lebcn.

Reichswchrminister Noske: Der Abg. Cohn hat
sich über die zahlreichen <?älle von Schuhhaft be-
klagt. Es stnd für den Bezirk des Oberkommandos
Verlin bis jestt 22 Schuhhaftsälle vorgekommen.
Von diosen 22 Verhafteten sind 4 entflohen. dar-
unter zmci mit gefälschten Papieren.

Gegen die Flugschristen ist eingcschritten wor-
den. da wir leider noch im Zustairde Ler Nevolu-
tkon stahen. (Zu den rlnabhänglgen gewendet):
sind SiL ctwa der Meinung. dak drr Zuftand der
Nevolution zur dauernden Einrichtung in Deutsch-
land werden soll. so ist die Regierung gezwung>en,
sich zur Wehr zu sehen. Die Druckschrift eines
Herrn Kuntje, in der dazu aufgefordcrt wird. auf
deir Straken Verlins die Iuden tot zu schlagen, ist
eben so verlogen. wie die Flugblätter. iu dencir
zum Vürgerkrieg und Gewalttätigkeiten aufge-
fovdert wird.

Die Partcisreunde des Abg. Cohn wollen dic
Masten zu einer neuen Revolution führen. Aller-
dings hat Herr Ccchn erklärt. dak sür die Zeit der
Gcfahr die führenden Personen verschwinden mük-
ten. (Jm Hause groke Heiterkeit). Die Regrc-
runq muk Sicherheitsmaknahmen tvefsen, wcTin
ste nicht unscr Land und unser Volk einer Kata-
strophe cntgegentreiben lasten will. Dak die deut-
sche Negicrung im Auslande Vertrauen zn erlan-
gen sucht. halte ich auch für wünschenswert. doch
darf es nicht auf Kosten des eigenen Landes ge-
schehen. Die Partei des Abg. Cohn diskrci>itisrt

aber aus die Dauer das eigene Land. Fortglesetzt
macht sie das Ausland gegen Deutschland scharf.
Besonders inbezug auf militärische Fragen durch
Verbreitung von falschen, direkt verlogenen Be-
hauptungen. Wir brauchen Truppen an der Ost-
äronze.^^nn die Tatsache steht nun etnmal fest,
dak Polen seine Armee l?ider dauernd vergrökert.

Von amtlicher Stelle wird selbstverständlich an
Polen kein Material geliefert. Aber in einzel-
nen Füllen haben Schieber Krregsmateriak
selbst auf die Gefahr hin. den Polen gelvcfert. dak
diese Waffen sich gegen die Deutschen selbst koh-
ren. Wir baue,, die Truppen im Osten ab. so
rasch es die Lage gestattet.

Die Ratlfikation ist in Deutschland schneller
vorgenommen worden als in anderen Ländern.
Wt-nn trostdcm der Kriegszustand noch immer fort-
dauert. so ist das beklagenswert. aber nicht unsere
Schuld.

Die Partei des Herrn Cohn sollte sich das De-
nunzieren allnrählich schenken. (Zustiminung. Lärm
bci den Unabhängigen.)

Die nationale Würdelosigkeit und Stiefellecke-
rei des Herrn Cohn übcrsteigt dochialles Mak- (Er-
neuter Lärin bei den Unabhängig'en.) In Frank-
reich nimmt die chauvinistische Preste alles gläubig
auf. was die ..Freiheit" schreibt. Die Werbungen
nir die Reichsmehr haben seit anderthalb Monaton
fast restlos aufgehört, aber bei den kurzen Kon-
trakten mit den Leuten stnd hjer und da Neuein-
stellungen nötig. Mündliche Verhandlnngen mit
der Eirtente werden e'ngeleitet werden über alle
mi-litärischen FraM.il. um. sobald es nötig ist. alles
Miktrauen zu beseitigen. (Beifatt.) Die Werbun-
gen für Kurland konnten leider nicht so leicht
unterbundeil werden.

Gegenüber den unbotmäkigcn Soldaten im
Kurland dle Sperrung der Lebcnsmittel anzuwen-
den. geht nicht an. sonst würden die Leute in
Lettland plündern und wir möchten das Land uv-
versehrt verlasten. (Vetfall.)

Reichsminister des Aeukern Müller: Durch Ver-
mittlung dcs amerikanischen Staatssekretärs in
Paris ist uns ein Schreiben zugcgangen, wonach die
Zulassung der dcutschen Gewerkschasten in Wa-
shington von der dort gen Konferenz selber ab-
hängt. Die Regierung und die Arbeitgeber wer-
ben ebenso wie die Eewerkschaften stchr gern an
der Konferenz teilnehmest. vorausgesestt. dak sie
glcichberechtigte Alltglieder derselben sern werden.
Nach Polen ist von uns 'kein Heeresgut vctkaust
worden, wohl aber nach der Tschecho-Slowakei mtt
Billigung der Entente. Die lettische Regierung
steht auf dem Stai'.dpunkt. dak der Vertrag in Be-
zug aus das Einbürgerrecht dex Deutschen deshalb
hinfällig wird. weil e:n Teil der d-utschen Truppen
sich an dem Staatsstreich beteiligt habr. Ich
hssfe, dak unsere Leute nunmchr zurückkebren und
sich nicht mitschuldig machen an dem Blord der
Grcise und Ktnder. den die Blockade zur Folge ha-
ben könnte. Die russtschen Werbungen suche ich zu-
verbindern.

Abg. Eisenüerger (barier. Vauernbund): Zur
Lösung des Ernährungsproblems muk dio Regie-
rung eine ..San"-Politik treiben (Heiterkeit) und
die Schwcinezucht sördern.

Abg. Meerseld (Soz.) erklärt das Verhalten
der unabhängigen Preste im Falle Haase demago-
gisch. Jm Nheinland gibt es keino Partei mehr.
d'«e dcm deutschcn Einheitsstaat wvderstrebt.

Abg. Traub (D.-N.) : Die deutschnationalen Be-
amten haben ein Recht zu der Frage. was in dem
Diensteid von ihnen verlangt wird. Dis Verlän-
gerung der Nationalversammlung widerspricht dem
nationalen v-odankeir. Dis Deutschnationals Par-
tei hat mit anoilymen Verhandlungen und Veröf-
fcntlichungen nichts zu tun. Die Mehrzhl der
Soldaten im Valtikuin will nichts als im Frieden
leben und ein Stückchen Lanjd. bauen. (Beifall
rechts.)

Abg. Freiherr von Nichthofcn (Dem.): Allesn
die Demokratie kann unser Vaterland retfen. Wtr
brauchen das Ausland zu unserer Wiederaufrich-
tung. Das Vertrauen dös Auslandes. zu uuserer
Regierung muk gestärkt werden. Dazu trägt die
Haltung der Opposition von rechts nicht bei.

Der Friedensocrtrag ist drm SelLstbestiin-
inungsrccht der Nölker und zumal des deutschen
Voltes nicht gerecht geworden. Imi Völkerbund
wollen wir mitarbeiten. weil dort die Vertrcter der

Staaten der Welt zusainmenkomnien werden und
eine Aussprache für un§ von Nuhen ist.

Nächste Sistung heute 1 Uhr.

Deutsches Reich

Der Neichsrat

tvat ami Mttiwoch untor dein Vorsih des Ministers
Dr. Bell zu einer S'chunlg rujsammen. Minrste-
rialdirektor jSchefssr beüichbete über d'rei Aus--
schublbsschlüste zum Ergänzung'setat des Reichs--
arbeitsministerrums für das Rcchimngs-
jahr 1919. Der aukerordentliche Etat Lrmgt eine
Mehrforiderung von erner Milliarde
Mark. Bon den Fovderungen für Neubautert zu
Heorsszwecken, 'namenttich für das Lmzrrett-
wcsen, wurden in den lAusschüssen Albstriche von
70 Mstllionien geinacht. Die AuSschukboschlüste wur-
dea ohne (örörterung ansenommen.

Das Necht auf Streik, aber nicht auf Erpressung

Das Landgericht Halle an der Saale hatte am
3. Mai den Steiger Otto Peters wegen Erpres-
sung zu 9 Monten Eefängnis verurteilt. Anfang
Ianuar dieses Aahres traten die Bergleut>e des
Kaliwerkes in der Gemarkung Schlettau mit neuen
höheren Lohnforderungen an ihreDirektion her-
an. Der Direktor Sch.. >an den sich die Abordnung
der Bebegschaft wandte. erklärto sich allein nicht
für befugt, die Zusage zu geben. Der Angeklagte
als Abgeordn-eter der Belegschast, zwang nun den
Direktor zur schriftlichen Erklärung einer Vewil-
ligung der Lohnforderung, indem er ihn hinderte.
das Zimlner zu verlasten, ehe er die Unterschrift
gegeben hatte. Direktor Sch. schrieb nun folgen-
dermaken: Jch erkenne die Forderungen an. nach-
dem ich dazu gezwungen worden bin. Aber da-
mit gab sich der Angeklagte nicht zufrioden. son-
dcrn verlangte Streichung des Zusahes. die dann
auch erfolgte. Jnfolgedessen erfolgte die einganäs
erwähnte Verurbeiluiig des Peters. In der Revi-
ston. vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Herzfeld
aus Berlin. wurde behauptet. der Angeklagte sei
sich der Widerrechtlichkeit seiner Fordörung n'cht be-
Wukt gewesen. da es doch das gute Necht der Ar-
beiter sei. Lohnerhöhungen durch Strsik zu erlan-
gen. Dem Antrage des Reichsanwalts gemäk ver-
warf das Reichsgericht die Revision als unbegrün-
det, da die Festellung. dak der Angeklagte einen
widerrechtlichen Vcrmögensvorteil erstrebt hat
und sich destn bewukt gewesen ist, ohne Rechtsirr-
tum getrosfen worden jei.

* Die Demokraten ltnd Hindettburg. Den Rüfsel
!dcr „Ml-gdobunger Zeitung" an die Dcmokrate'n
wcgon des unterlastenen Glückwunsches an Hin-
denburg wrist dre N. Bad. Landesztg. damit rurück,
dak es 'genügt, daraus hinhuiweisen, >dak der allge-
nreiile Parteilag der Deut>chen demokratischen Par-
tei Cilde Juli auf einstimmlgen Bchchlutz ern
H u ld ig un gs t ele g r a m m aLgosamidt hat,
worin Hindenburg unauslöschlicher, herzlichster
Dank für die unvertzeklichen T-aten uird Ovfer itt
Berteidigung des dcütschen Vaterlaudes ausgespro-
chen und Lle'chende hohe Vorohruug auc.gedrü'ckt
wurde. Jn diesen Worteü käme sum AuSdruck. wve
die ganze Deutsche dcmakvatische Partei üLer Hin-
denLurg denkt. In HuldigimgSn für ihn >in einen
WettLowerL m'rt anderen Pal.teren su treten,
lebut die Partei cch. — Es handelt sich nicht unr
eiuaii „WottLeiwech", sonucrn um e'rne Angolögen-
heit des Taktes. Dan.in aber nrangelt es Lei dcn
Demokraten laidc'r iscchr!

Die Unzufricdenheit in der Demokratischen
Partei konrmt ri. a. auch in fölgellder Bemerkung
der demokratischen ..Magdeburger Zeitung" zum
Ausdruck.:

„Wir stnd der Meinung. datz ein unumgäng-
liches Erfordernis der Stunde eine ausführliche
Erklärung der demokratischem Parteileitunq ist. in
der dii' Boraussetjunqett, unter denen die Partei sich
wieher an der Negieruna beteiligt hat. klipp und
klar bekanntgeqeben werden. Wir erkennen ,nit

der „Demokratischen Parteikorrespondenz" de»r
Abg. Scheidemann dasMecht zu. „die Eigenart der
sozialdemokratischen Partei nachdrücklichst zu beto-
nen". müssen aber von der demokratischen Partei-
leitung gerade im jestigen Augenblick das Eleiche
verlangen."

Es ist bezeichnend. datz eine solche Erklärung'
erst eingefordert werdm mutz.

Wirtschaftliche Rundschau

Nack dem Stande vom 9. Oktober

Geldmarkt. Die zeitweilige Erholung der
Reichsmark ist leider immer nur von kurzer Dauer.
Erholungen wechseln mit Rückschlägen ab. Dadurch
wird an den Börsen das Intereste der Spekulation
wieder auf Auslandswerte gelenkt. —

Produktenmarkt. Die Ablieferung von
Kohlen an die Entente verarötzert die deutschs
Kohlennot. Weiteve StilBstungen von Betrieben
war die Folge. In Oberschlesien steigt wohl die
Produktion. alleiir die tägliche Wageilgcftellung
reicht nicht zum Abtransport der Erzeugniste. —
Der Brennstofsmailgel stört in der Metall- und
Eisenrndustrie vrelfack den Betrieb, der durch viele
Aufträge sehr befriedigend sein könnto. Preisstet-
gerungen am Markte sind nicht weniger gewovden.
llm die Höchstvreise kümmert man sich vielfach nicht
mebr. — i

Warenmanqel. Auf der Franksurter Ein-
fuhrmeste haben der Verkehr uiü> die Abschlüste
alle Erwartunqen übertroffen. Das Ausland Le-
teiligte sich rege. Sehr Lesriedigt ist das Texttl-
gewerbe. — Die Nähfadenfabriten bcfchlosten etne
weitere Preiserhöbuna. Baumwolle hat zur Zeit
einen sehr hohen Preisstand erreicht. Die Folge
ist manaelnde Arbeit und grötzer werdende Ar-
beitslosigkeit. — Troh der grotzen Knappheit <an
Leder wird von deutschen Firmen solches dem
Auslande anaeboten und geliefert. — Durch Auf-
hebung der Euminibeschlagnahme ist die Beretfung
für Krastwagen wieder im freien Handel zu haLeir.
— Kohlenknappheit und Mangel an Holz- und
Zellstoff ist derart. dak die Papierfabriken bei
weitcm nicht den Bedarf zu decken vermögen. Dte
Gründung einer Arbeitsgemeinschaft der Papier
verarbeitenden Industrien steht bevor.

Landwirtschast. Die Bestellung der Wintersaa?
ten schreitet fort. Vielfach hört man Klagon über
die gerinae Herbstweide. Die Kartoffelernte ist tnt
Gange. Im allgemeinen ist mit einer guten Mit-
telernte zu rechnen. Das Druschgcschäft ist allerortS
lebhaft. wesbalb auch die Anlieferungen von Ge-
treide sich besterten. Die Verhältniste im Hafer-
aufkauf sind unhaltbar geworden. Vielfach wivd
die Forderuna der Wiodereinbeziehung des Hafers
in die Zwangswirtschaft gefordert. Am Heu-
markt war das Angebot geringer als -er Ve^
dars. Die Preise blieben fest. — An den Hop-
scumärkten fanden grotze Umsütze statt. Dte
echöhten Forderungen störten nicht das Geschäft
und wurden bewittiat. Viele Orte in den Erzeu-
gungsaebreten stnd Lereits völlig ausverkauft.

Die Landwirte stnd gegenwärttg mit der Tabat-
ernte stark Leschäftigt.. Diese beurteilt man quan-
titativ als eine Mittelernte. qualitativ im allge-
meinen aut —

Viehmarkt. Eine wesentliche Aenderung hgi
sich seit unserein lstrten Berichte nicht ergeben. Die
Zufuhren blieben aul der bisherigen Höhe. die
Preise fest. Seit dex Aufhobung der Zwangswlrt-
schaft für robe Hüute wuvden die Pfundpre'rse von
1.60 Mark bis 10 Mark und noch höher getrieben.
Eine vorgesehene Einziehung von zwsi Dritteln
des Gewinns soll Reick und Gemeinden zu dern
Zwecke zugeführt werden. eine Verh,illigung de§
Flcisches zu ermöalicken.

Lebensmittel. Die Fleischversorgung macht an-
dauern?) die grökten Schwierigkeiten. Bevor nicht
Schwarzschlachtungen und Schleichhandel rückstchts-
los uilterbuildeil werden. ist an eine Besterung oder
gar an normale Zeiten nicht zu doirken. Auch eine
Erhöhung der Kartosselration ist sehr unmahr-
scheinlich. Nack dem 15. Oktober wird Roggen zü
82. Weizen zn 80 Vrozent ausgemahlen. Nach
Meinunq makaebender Stellen wird eine Erhöhung
der Brotpreise nickü zu umgehcn sein. Margarine
wird soit 1. Oktober zu einem etwa um die Hälfte
teueren Preise aeliefert. Man rechnet mit einer

«v Gebraucht die Zeit, sie aeht so schnell von hinilen, cü
U Doch Ordnung lehrt Euch Zeit gewinncn. - N

Goehte w

Zonnenfinsternis

Roman von Else Stielcr-Marshall
riLkt OretbleinLcLo. O.m.d.ll. LeipriL 1916
(10. Fortsetzung)

Das sanz und sgnq . . nie zuoor hatte die wilde
Eva ähnlich zauberholden Klang vernommen. Gs
war. >als, kän en die Töne aus weiter. reiner. gol-
dener Himmeshähe herab zu ihr und stveichelten
ste . sie spürte es auf ihrem Haar. auff ihrer Haut
wie schmeirhelnde linde Hände . . Ein Empsinoen
diescin gleich hatte dcrs Mädck>en niemals eriebr.
heilig« Eiche iw Schocnqrund. -weitzt, so> ist er
mon"

Es kam w-s ein heiliqes Weinen über sts. Sie
leate ihcen Ar,n um Peters Hals und zoa den
'Knavea un stch heran .. sie inukte etrvas lie^aben
in dleiein Auaenblick . . und .venn es ein Hütbub
mar. ^

Sie senfzte tief.

Aber nun hatte dcr Huud kin Turme die Nähe
freusder Memchen gespürt und kam über die Treppe
aepurzelt in zorniqem Eiser. erkannte seinen klei-
nen Freund und sührte mit Iubelgebell seine Freu-
dentünze auf.

Der Eesang brach ab un-d -einie Stimme rief:

„Hallo, wen hat der Nebel anf meine Hochinsel
verichl-llgcn?"

Und der Wettermacher kam iiber dis Treppe
heruutcr. Eri'sthaft uno qrotz wie die heiliae Eiche
un Schorimrund.

Mit Augen, hell'dunkcl und arundlos tief wje.
das Maric'nteichkein untor der Rotnadel.

Ist es keu:>e Liche, mie der du'mne BuL das Le-
schricbsn hot? Nein, es ist keine Lüge. Einen
Nlenichen, diesem äbulich. hat Evr Soller niemals
aesehen, und sie steht vor ihm. eiir dununeg Dina,
verstun'int dec Mnnd. oesten Schlaafertigkeit im
vanzen Schornlande acsürchtet ist.

..Wcn l-ofcn wir bier^ Pct-.'r, mein Fveund,
wrn sührst du an dieic,» arnuen Taa iu merne

Ein'amkeit? Das iit jcv ein Märchen, Peter vom
Blordhof."

„Nein, Herr, s ist dis Eva."

So. der Bub. Die Lva steht noch immer stukmm
und es klinat ihr in den Ohre.r . . . das ist sa ein
Märchen, Peter vom Mordhof.

Ihr schwarzes Haar schinückt eine Krone vdn
glitzernden Perlen. die bat der Nckbel Wr iaufs
Haupi gedrückt. Auch in den seidigen Wimpern
schimmern diese Llanken, licblichen Tropsen.

KlinMart sah in den grotzen dunikelflammenden
Augen. bie beredter waren als der Mund, lächelle
freundljch und Lot die Hand.

..Willkommen allh'er, lieb; Bergfee. Eva akso»
dte Tochtcr vom Mordhofbauern."

.Wer Hat hier gesinlgen?" srigte Evg statt zu
antworten.

.Meine Amckti. Richt wahr, sie stngt schon?"

Eva nickte, der Name Slang lfremd und hold wie
der Eesang.

Sie traten in den Raunr zu obener Erde, Peter
setzte die Milchkann.-: N'.eder und packte den Korb
aus.

„Hcrr seht, das schickt der Väuer zumi Dank.
weil ihr das Wetter zunr Heuen s» fein aemracht
häbt." KlinMart hatte eine ehrliche Fveu-de ü'ber
die guten Dinge.

„Dis Vüchsenkost wird einein leiicht zwwider",
sagte er. „Nun tann ich mir Cierkuchen backen.
Aber das mutz ich erst lernen, wcr zeiat es mir?"
Eva säb ihn verwundect an.

„Kocht die Amati denn nit sür auch?" fragto
sie. Er versstiand es nicht gleick». Dann, als ihM
darübsr ein Licht ausging, mutzte er lochen.

„„."W nein, die bümmert stch g,rr nickst um die
Wirtschaft, die ist viel zu vornehm. die Amati.
Etaubteil Sje, das sei meine HauShälterkn? O
nein, sie ist meine Gellebte, meine Freundin, meline
Trosteinsamkeit in Liedern. Kommen Sie mit mir
heraus, datz ich Sie mit ihr bekannt mache."

. Sie stiegen die Treppe hinauf in das Wochn-
zuilincr, das mit dem qrotzen Schceibttsch nnd Hau-
weikcm Sestel, mit de.r vielen Bllchern und
Bi'deru ein recht heimischcr Naum aeworden war.

Dort lag die Geige auf dem Tische. Klinghart
nah il ste empor und erariff den B-ogen. Er begann
enre Bolkswei.ie zu spielen. die nn Gobirae ieder
kcnnt und liebt.

„Es iist nur sine Geige", saate Eo«. Nun lachte
sie auch.

Und wcil die altvertraute Melodis so innig
lockte und Lettelte, stimmte iie mit ihrev. dunklen
Altstimme ganz leise ein. uild bald erklang auch
des HÄtbuben heller, klarer KnaLendiskailt.

Das war so lieblich. dak Klinqhact seine Freude
daran hatte mid er, um mehr zu hören, ein liebcs
altes Lickd nach dem andern aus den Sarten aufer-
stoben liest. Und dieses klerne Konzerr^band zarr
und lieb die Seelen aneinander, so datz sre bald stch
nahr kamen, crls wären sie treue Kindheitsge-
spialen.

Der Boaen sackk. S-e sahen sich an. Und Evas
Augen tranken sich fatt an den tiefen hclldunklen
des -Mondherrn, die so alänzig waren, wre niemals
die Augen der Erdenkinder.

„Waruüir nennt ihr die Geiige Amati?" fragte
Eva.

„Ob sie eiHe echte, alte Amati ist, das Ist nicht
Ikrr erwiesen", antworteto Klinahact nachdenklich.
»Ich alber gläube daran, und der Glaube macht
mich glücklich."

«Was hoitzt a>ber Amati?" forschte Eva unae-
duldig.

„Es ist der Name des Meisters, der sie baute.
Amati bedeutet eine Köniain unter den Geiaen."

«Eine Königin untec drn Geiaen." wiederholte
das Mädchen, „darum war li'rir ihr Kliang so
frcmd."

Sie strich mlit den schlanken. braunen Händen
sanft über däs Jnstrument. Ihr Herz war voll
Wärme, und sie wuhte nicht, warum sie es «lücklich
und dankbar stimmtc, datz d:s sremden Mamrcs
aeliebte Freunoin Amari nichts anderes als eine
Geiae war.

„Nun nvüsten Sie ausruhen, Sio sreundliche Bo-
tiu. Ich laste mein Eäste nicht so, bald wieder aus
metner Bura hinabstciaen. Wenn cs Sie inter-
essiert, zeige ich Ihnen nachh-r das Oüseroatoriuim."

Gehorsam, aanz versoiniei, eingcsponnen in eine
ihr sonst wosettssremde Sanf^imt, sctzte sich Eara.

«Es klingt schön. wenn ,hr rrdet, aber fremd,
wie wenn dte Amatt sinnt. Blan versteht nit im-
mer, was ihr meint. Seid ihr wirtlich vom Mond
oder roden die Leute in den grotzcn Städten alle
wie jhr?"

Lächelnd antwortete Klinahart:

Gemlh redet man i„ den grosren Städten an-

ders uird ein wenig verständlich^r als in den Ber-

Len, zumal wir oon dcr gelchrten Zukunft macheu
es uus und den airderen oft uimiik schwer. Siö
müssen Geduld und Nachsicht haben, Fräuletn
Soller." ^

Da wurds ein Lachen laut, herzhaft und srisch
wie des Bcrgbaches Sprung von den Felisen. Und
Eva rüef noch Peter zum Zeugen, dast der Fremde
sie „Fräulein" aenannt habe!

„Hörst es .Bub! Ein Fcäulcin! Er nennt mich
Fräulein. dein Äkondherr . ."

Der Peter iauch-te vor Lachen.

„Verzeihen Sre, entschuldiate' stch iKlinghart
verwundert, „das habe ich nicht ge-wukt. Sie sind
noch so jung un!d mädchenhcrst . . . und gchören
schon einem Gaitten?" * ^ .

Wieder jubclte das zwusache Lachen durch dcn
engen Raum.

„Nein, einen Gatten hab ich noch int, b-chut mich
der Htmmrel in Enaden! Ich bin die Cva Soller
vom Mordhos Aber beileib docki kein Fräulein.
O je. di« Fränleins. die schaun andors aus, o lel
Ietzt alaub 'ck am End selber, Peter. datz er etn
Ätondherr ist." ' „ .

Nun lachre >aüch Klinahart. lachte sjch selbit..uiU»
seinen beschränklen Grokvcrstrild aus. dcr zu kunst-
iich war, um die qucllfcishe Natur leicht und Le-
hend zu Loareisen. Und fveute shch innig diö.er
Natur. nicht ohne loise Rührung.

Der graue 9tebeltag . . . der Einsamkeitstala.
Wer hättc gkdacht, dast er so etwas Lröyes, Lichtes,
Lustiaes herauf in diesc Wcltabseschiedenheit Lriu-
gen tönnte.

„Ich halb es ja aesaat: ihr müist Nachsicht häben
mit deni Manne aus der Stadt. de: in den Ber-
gen fremd ist. Er wird jich aern und schnell an
eure Art qcwöhnen."

Schme'.igisam und nachdeuklich sandte Eva 'hrö
Dlicke prüfend durch den Ramn. Er war
als dio Stuben dnheim, ganz aadcrs cmch. als des
alien Pfarrers Studierzimmer l», .Schornaruiw
unten, das ihr oisher als dab fei.'rluhste
evchienen war.' Nock, viel feierlicher rvar es > .

goheriimtsvoll und selt>a,n Dali. ^ .sovwle B>
ck,er aäl>e wie lie hier a:i den Waudeii b.ck'rnnmn
standen häite Eoa nieittals fäc möglich sehalteil.
Des aetsttichen Hcrrn Büchershrairk tc iito 'Ncht ein
Drittel oavoii mrd war ihr 'chon im.ner als (ckwas
Wimdcrbares vorqekommen.
 
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