KIRCHLICHE DENKMÄLER.
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klingen lassen. Die Scenen des Hintergrundes
haben Flachreliefs, die des Vordergrundes und
die kleinen Gruppen treten den Ideen oder der
Anordnung angemessen fast frei plastisch her-
vor. Einen tüchtigen Meister verrathen der
Gesammtentwurf und die Ausführung des Fi-
gürlichen wie des Ornamentalen, selbst die Fär-
bung. Wol gruppirt, wol dem Räume ange-
passt und doch lebensvoll erscheint die Anord-
nung, noch vollendeter aber die Ausführung
zumal der Köpfe und Hände, die so sorglich
bis ins Einzelne geht, dass der Beschauer von
seinem fernen Standpunkte Manches nicht ein-
mal gewahren und gemessen mag. Nach dem
Costüm schon zu urtheilen, gehört das hervor-
ragende Werk etwa der Zeit des Jahres 1500
an, und dennoch hat der Meister in Gewandung
und Ausdruck der Manier geschickt gesteuert,
die dermalen als Auswuchs des Naturalismus
der Bildnerei ihr Gepräge aufdrückte.
Von den Flügelgemälden stellen die beiden
schmalen zu Seiten des erhöhten Mittelfeldes
innen dar links Christus vor Pilatus, rückwärts
wie er der Sünderin (?) am Brunnen begegnet,
rechts innen wie er mit der Kreuzfahne seiner
Mutter, und aussen wie er der Magdalena er-
scheint, die beiden untern Doppelklappen links
aussen den Einzug Christi in Jerusalem und Ju-
das den Verrätherlohn empfangend, innerlich das
Abendmahl und Judas Verrath, — rechts aussen
die Kreuzabnahme und Grablegung, innen die
Himmelfahrt und Sendung des h. Geistes. Die
Tafeln zeigen Kreidegrund und in Oel eine Far-
bengebung für Hintergrund wie für Figuren, die
die hellen Töne des Mittelalters fast völlig ver-
läugnet. Den Hintergrund bilden je nach den
Scenen Architekturen oder Landschaften, die
Figuren erscheinen in reichem Zeitcostüm; das
Ganze beherrscht ein edler Stil sowol in der
Gruppiruug, wie in der Wiedergabe der Affecte.
Die Köpfe haben einen schönen milden Aus-
druck, zumal das längliche von schwarzem Barte
umrahmte Antlitz Christi, das an die Nieder-
länder erinnert. Wir dürfen diese Bilder schon
in den Anfajpg des 16. Jahrhunderts setzen.
Ein Werk der Frühzeit des 17. Jahrhunderts
ist nach Aufbau und Ornamentik der hölzerne
Aufsatz eines Seitenaltares. Ein baldachinar-
tiger Mittelbau ist auf zwei Rundsäulen gestützt,
an jede Seite ein Blindflügel gesetzt, das Bau-
liche streng, das Ornamentale schlicht und ohne
Uebermaass gehandhabt. Dafür schmücken
ihn eingesetzte Oelbilder, so an der Predella
die Brustbilder der Heiligen Augustinus und
Norbertus, im Hintergründe des Baldachins das
Brustbild des h. Johannes des Täufers, zu Seiten
die Figuren eines Bischofs und des Evangelisten
Johannes und am obersten Aufsatz nochmals
vier kleine Medaillons. Dem Altar ähnelt in
der Behandlung und in der Ausstattung die
nunmehr entfernte polygone Holzkanzel in
der Strenge der Gesimse, in der Einfachheit der
rundbogigen Arkaden, welche die- Seiten ein-
schlossen, und in den Evangelisten - Figuren,
welche sie ausfüllten.
Am Westende der Kirche vor dem Thurme
liegt auf einer von Säulen getragenen Bühne
die Orgel, deren Fa9ade wir als Muster einer
flotten und wirkungsvollen Möbelarbeit aus der
besten Barockzeit in Abbildung beifügen (Fig. 78).
Inschriften und Acten erweisen, dass dieselbe
von dem Dominicanerkloster in Soest übernom-
men und für 60 Stück Friedrichsd’or vom refor-
mirten Consistorium in Aurich durch die Kircli-
meister E. Herthoff, H. Frigge und den Pastor
Wellen erstanden ist. In der lateinischen In-
schrift: E DoMInICano Sosatensl IVbILant
nobls organa CLaVstro ist die Herkunft und
die Zeit derselben kurz ausgedrückt. 1877 ist
das Werk von dem Orgelbauer Rudolf Randen-
brock aus Paderborn erweitert und dafür aus der
Kirchenkasse die Summe von 4338 M. gezahlt.
Unter den vier Glocken ist die älteste,
ungefähr 1700 Pfd. schwer, einer Inschrift oder
Verzierung baar, indess oben und unten am
Rande mit einem *j- versehen.
Die zweite im Gewichte von etwa 847 Pfd.
hat folgende Inschrift:
Regina coeli ora pro nobis. Anno 1633.
Als geworden Pastor Behrendt Thier,
Do sein wir beiden gehangen,
Der Höchste gebe dem Leser und ihme
Barmhertzikeit
Auch allen Menschen die ewige Freud und
Selikeit.
F. Ioannes Paris frater laicus minoris ob-
12*
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klingen lassen. Die Scenen des Hintergrundes
haben Flachreliefs, die des Vordergrundes und
die kleinen Gruppen treten den Ideen oder der
Anordnung angemessen fast frei plastisch her-
vor. Einen tüchtigen Meister verrathen der
Gesammtentwurf und die Ausführung des Fi-
gürlichen wie des Ornamentalen, selbst die Fär-
bung. Wol gruppirt, wol dem Räume ange-
passt und doch lebensvoll erscheint die Anord-
nung, noch vollendeter aber die Ausführung
zumal der Köpfe und Hände, die so sorglich
bis ins Einzelne geht, dass der Beschauer von
seinem fernen Standpunkte Manches nicht ein-
mal gewahren und gemessen mag. Nach dem
Costüm schon zu urtheilen, gehört das hervor-
ragende Werk etwa der Zeit des Jahres 1500
an, und dennoch hat der Meister in Gewandung
und Ausdruck der Manier geschickt gesteuert,
die dermalen als Auswuchs des Naturalismus
der Bildnerei ihr Gepräge aufdrückte.
Von den Flügelgemälden stellen die beiden
schmalen zu Seiten des erhöhten Mittelfeldes
innen dar links Christus vor Pilatus, rückwärts
wie er der Sünderin (?) am Brunnen begegnet,
rechts innen wie er mit der Kreuzfahne seiner
Mutter, und aussen wie er der Magdalena er-
scheint, die beiden untern Doppelklappen links
aussen den Einzug Christi in Jerusalem und Ju-
das den Verrätherlohn empfangend, innerlich das
Abendmahl und Judas Verrath, — rechts aussen
die Kreuzabnahme und Grablegung, innen die
Himmelfahrt und Sendung des h. Geistes. Die
Tafeln zeigen Kreidegrund und in Oel eine Far-
bengebung für Hintergrund wie für Figuren, die
die hellen Töne des Mittelalters fast völlig ver-
läugnet. Den Hintergrund bilden je nach den
Scenen Architekturen oder Landschaften, die
Figuren erscheinen in reichem Zeitcostüm; das
Ganze beherrscht ein edler Stil sowol in der
Gruppiruug, wie in der Wiedergabe der Affecte.
Die Köpfe haben einen schönen milden Aus-
druck, zumal das längliche von schwarzem Barte
umrahmte Antlitz Christi, das an die Nieder-
länder erinnert. Wir dürfen diese Bilder schon
in den Anfajpg des 16. Jahrhunderts setzen.
Ein Werk der Frühzeit des 17. Jahrhunderts
ist nach Aufbau und Ornamentik der hölzerne
Aufsatz eines Seitenaltares. Ein baldachinar-
tiger Mittelbau ist auf zwei Rundsäulen gestützt,
an jede Seite ein Blindflügel gesetzt, das Bau-
liche streng, das Ornamentale schlicht und ohne
Uebermaass gehandhabt. Dafür schmücken
ihn eingesetzte Oelbilder, so an der Predella
die Brustbilder der Heiligen Augustinus und
Norbertus, im Hintergründe des Baldachins das
Brustbild des h. Johannes des Täufers, zu Seiten
die Figuren eines Bischofs und des Evangelisten
Johannes und am obersten Aufsatz nochmals
vier kleine Medaillons. Dem Altar ähnelt in
der Behandlung und in der Ausstattung die
nunmehr entfernte polygone Holzkanzel in
der Strenge der Gesimse, in der Einfachheit der
rundbogigen Arkaden, welche die- Seiten ein-
schlossen, und in den Evangelisten - Figuren,
welche sie ausfüllten.
Am Westende der Kirche vor dem Thurme
liegt auf einer von Säulen getragenen Bühne
die Orgel, deren Fa9ade wir als Muster einer
flotten und wirkungsvollen Möbelarbeit aus der
besten Barockzeit in Abbildung beifügen (Fig. 78).
Inschriften und Acten erweisen, dass dieselbe
von dem Dominicanerkloster in Soest übernom-
men und für 60 Stück Friedrichsd’or vom refor-
mirten Consistorium in Aurich durch die Kircli-
meister E. Herthoff, H. Frigge und den Pastor
Wellen erstanden ist. In der lateinischen In-
schrift: E DoMInICano Sosatensl IVbILant
nobls organa CLaVstro ist die Herkunft und
die Zeit derselben kurz ausgedrückt. 1877 ist
das Werk von dem Orgelbauer Rudolf Randen-
brock aus Paderborn erweitert und dafür aus der
Kirchenkasse die Summe von 4338 M. gezahlt.
Unter den vier Glocken ist die älteste,
ungefähr 1700 Pfd. schwer, einer Inschrift oder
Verzierung baar, indess oben und unten am
Rande mit einem *j- versehen.
Die zweite im Gewichte von etwa 847 Pfd.
hat folgende Inschrift:
Regina coeli ora pro nobis. Anno 1633.
Als geworden Pastor Behrendt Thier,
Do sein wir beiden gehangen,
Der Höchste gebe dem Leser und ihme
Barmhertzikeit
Auch allen Menschen die ewige Freud und
Selikeit.
F. Ioannes Paris frater laicus minoris ob-
12*