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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1895

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Heft 2
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Jaffé, Franz: Die Innen-Ausstattung des Reichstagshauses, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6756#0022

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die große Wandelhalle führt; die eigentlichen Zugänge für
die Abgeordneten befinden sich in der Nord- und Süd Vorhalle.
An die Wandelhalle sich anschließend, sind an die Westfront,
dem Königspatz zugewendet, die großen, für die Benutzung
durch die Abgeordneten vorgesehenen Räume gelegt, welche
als schreib- und Lesesaal, sowie als Restaurationsräume Ver-
wendung finden. Der Bundesraths-Sitzungsfaal und ein
Rauin, zur Aufnahme einer Handbibliothek bestimmt, sein
großes Bücher-Magazin befindet sich im Obergeschoß des
Gebäudes) bilden die Ecken der Westfront.

Das eigentliche Eentrum der Einlage bildet der im Ver
hältniß zum Organismus kleine Hauptsitzungssaal,

worden sind, so ist auch die künstlerische Ausgestaltung
des Ganzen zu einer ganz besonderen höhe gelangt. Was
die Fachwelt von dem Meister des Baues erhoffen durfte,
als ihm die Lösung einer so gewaltigen Ausgabe, eine heim
stätte für die erste Körperschaft des Reiches zu schaffen, über-
tragen wurde, ist in hervorragendem Maße erfüllt worden.

„Was du ererbt von deinen Vätern hast,

Erwirb' es, um es zu besitzen."

Diesem herrlichen Dichterworte ist er in der Formengebung
des Innern und auch in der oft symbolisch gestaltenden
Ornamentik gefolgt. Mit gewaltiger Hand hat Wallot
in den Schatz der Vergangenheit des deutschen Volkes zurück

;8. Reichstagshaus. (2) Grundriß des Hauptgeschosses.

(Dieses Gliche wurde uns freundlichst von der Redaktion der „Deutschen Bauzeitung" zum Albdruck überlaffen.)

dessen Größe jedoch aus bestinrmten Vorschriften hervorging,
die sich hauptsächlich aus seine akustische Brauchbarkeit be-
zogen. Erscheint die Wandelhalle im Verhältniß zunr Ganzen
groß und der Sitzungssaal klein, so besitzt dennoch der Grund-
riß Vorzüge von einschneidendster Bedeutung. Die Ueber-
sichtlichkeit des Ganzen ist eine geradezu mustergültige zu
nennen und die Beleuchtung an allen Stellen des Gebäudes
darf als eine hervorragend gute bezeichnet werden, sodaß
eine Orientirung in dem Gebäude auch für den Nichtein-
geweihten leicht möglich ist.

Wie im Grundriß eine Reihe von technischen und
praktischen Anforderungen auf das Glänzendste gelöst

gegriffen, nicht ohne auch gelegentlich sich in den formalen
Gedankenkreis fremder Kunstrichtungen zu versenken. Von
bedeutendem Einfluß auf seine künstlerische Erziehung und
sein Schaffen am Reichstagshause blieben jene herrlichen
Kathedralen und Burgen des Rheinlandes, in deren Um-
gebung er groß geworden war; gleichzeitig jedoch verband
sich damit eine Erziehung, die er unter Gropius und
in dem der Antike zugewendeten Ideenkreise der durch
diesen Meister vertretenen Berliner Schule genossen hatte.
Sind es also die Gothik und die Antike in erster Linie,
welche der Meister in dem künstlerischen Ausdruck seiner
Ideen am Reichstagsbau vereinigt, so sind es nicht

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