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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1895

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Heft 11
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Gmelin, L.: Die Ehrengaben zum 80.Geburtstage des Fürsten Bismarck
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Unsere Kunstbeilagen dieser Nummer (Taf. 42-45)
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https://doi.org/10.11588/diglit.6756#0104

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96 "§■

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(Erfüllung ihres Zweckes nur eines verhältnißmäßig geringen
Aufwandes von Kunst, — Postkarten waren also besonders
geeignet, „im kleinsten Punkt die höchste Kruft" zusammen
zudrängen. Aus der sehr beträchtlichen Zahl von ver-
schiedenen „Mustern", welche die halbe Million wirklicher
Postkarten aufweift, haben wir die von Prof. iE. Doepler
gezeichnete und am häufigsten ver-
tretene Karte, deren Reinerträgniß
dem Reichswaisenhaus zufloß, schon
in unserer Februarnummer ') ab-
gebildet ; außer dieser und den in bei-
liegender Nummer der „kunstgewerb-
lichen Rundschau" vorgesührten Kar-
ten von Pros. Rud. 5eitz-München
und Otto k) upp - Schleißheim ist —
soweit sich ein Keberblick gewinnen
ließ — wenig von künstlerischer Be-
deutung geleistet worden. Dagegen
haben die Postkarten sich auch anderer
Materialien bemächtigt und dabei
manche künstlerische Blüthe erzeugt;
man sieht sie in Leder geschnitten mit
plattdeutschem Texte, in l)olz ge-
brannt, in (Eisen gravirt u. s. w.,
am vornehmsten aber in der seinen
goldtauschirten Stahlplatte, aus wel-
cher die Familie Schwenninger dem
„Schöpfer Deutschen Reichs und
Ruhms" einen ebenso sinnigen wie
kernigen Vers gewidmet.

(Es erübrigt noch, den Behältnissen der verschiedenen
Adressen rc., den Mappen und (Einbänden re. näher zu
treten; denn in vielen Fällen übertreffen dieselben den In-
halt zwar vielleicht nicht an Kunstwerth, aber an (Originalität.
Außer bei dem Münchener (Ehrenbürgerbries, und einigen
andern schon genannter: Gaben trifft dieß in hohen: Maaße
zu bei der Adresse der Deutschen in Odessa, deren cylindrische,
rothsammtene Kapsel eine theils nur durchbrochene, theils
emaillirte vergoldete Fassung besitzt — ein Stück von außer-
gewöhnlich seiner und reicher Wirkung. — (Einer sehr aus
gedehnten Beliebtheit bei Adreffen-Einbänden erfreut sich
gegenwärtig das Leder. In selteneren Fällen — wie z. B.
bei der Adresse der Stadt Oldenburg (Abb. (25) und jener
der Reichs- und sreiconservativen Partei (Abb. (26) — be-
ruht der Schmuck des (Einbandes auf reichen Beschlägen;
auch die so edle Lederintarsia wagt sich kaum mehr hervor
— und doch zeigt der Einband des Altenburger Ehren-
bürgerbriefs, ans welcher höhe eine dortige Firma (£j. Gras
& Sohn) diese edle Technik zu halten weiß. Einen umso

>) Kunstgewerbliche Rundschau S. 20.

gewaltigeren Einfluß hat die Lederschnitt- und Treibarbeit
erlangt, und sie übt denselben säst tyrannisch aus, bisweilen
:::it Keberschreitung ihres eigentlichen Machtbereiches — wie
bei den übermäßig stark herausgetriebenen Figuren des Ein-
bandes für die Adresse der brandenburgischen Männer und
Frauen; zu den besten Leistungen darin zählen, außer den
schon erwähnten, die Einbände der
Ehrenbürger-Urkunden der rheinischen
und pfälzischen Städte (Abb. 125),
sowie der Glückwunschadressen von
den bürgerlichen Eollegien der Stadt
Stuttgart (von A. Feucht), der in-
aktiven Generale, der Baugewerks-
innung in Steglitz, der drei ukermärk-
ischen Kreise (von G. hu 1 be), und der
Studentenadresse, bei der die Schwierig-
keit, 92 Wappen der Studentenverbin-
dungen unterzubringen, recht geschickt
gelöst wurde. — Als Gegensatz zu der
kleinen, mit geschnittenem und be-
malten: Leder überzogenen Tassette, in
welcher der Münchener Ehrenbürger-
bries bewahrt wird und den wir schon
aus Tas. 20 abgebildet haben, sei hier
noch der prächtigen Truhe gedacht,
in welcher die Frauen Westfalens die
Bilder aus ihrer hcimath verwahrt
haben; durch die reiche farbige Be-
handlung des auf dem Deckel an-
gebrachten großen Wappens des
Fürsten durch Anwendung von Gold und Silber in: Bei-
werk, durch die krystallenen Füße und Knöpfe, endlich
durch die schönen, grün patinirten Beschläge kann die Truhe
wohl den Anspruch erheben, die prächtigste ihrer Art zu
sein.') Nur die Truhe der Architekten- und Zngenieur-
vereine, die denselben künstlerischen Kräften (Architekt Ef.
Secling-Berlin und Gg. hulbe-Hamburg) entsprungen,
kann damit den Vergleich aushalten.

4- 4-

„Eine bunte Gesellschaft" nannten wir in der Einleit-
ung die Ehrengaben für den ersten Reichskanzler; wenn es
auch unmöglich ist, im Rahmen eines kurzen Artikels jedem
werthvollen Glied dieser Gesellschaft gerecht zu werden, so
haben wir wenigstens tüchtige Vertreter aus allen Schichten
derselben kennen gelernt und wir wollen aus sie die Hoffnung
gründen, daß unser jubiläumslüsternes Zeitalter sich die guten.
Seiten jener „bunten Gesellschaft" aneignet. £• ®me(in.

') Abbildungen einiger der letztgenannten Stücke in beiliegender
Nummer der „Kunstgewerblichen Rundschau".

[26. Silberbeschläg auf dem Einband zu der Adresse
der Reichs- und sreiconservativen Partei.

Entwurf von ssrof. <£. D 0 e p le r-Berlin, Ausführung der Beschläge
von G. Lind-Berlin. (Maaßstab ungefähr halbe wirkliche Größe.)


Llnsere Kunskßeilagen dieser Kummer (Laf. 42-45)

enthalten ausschließlich Abbildungen von Ehrengaben für den Fürsten Bismarck; eingehendere Beschreibungen der betreffenden

Stücke finden sich im Text und zwar aus den Seiten 87, 91 und 95.

hierzu ,,Kunstgewerbliche Rundschau" Nr. Kl.

verantw. Red.: Pros. L. Gmelin. — perausgegeben vom (Bayer. Runstgewerbe-Verein. — Verlag von M. Schorh. — Druck von Lnorr $ Dirth, München.
 
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