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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1895

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Heft 3
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Jaffé, Franz: Die Innen-Ausstattung des Reichstagshauses, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6756#0029

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Aus dem Reichstagshaus. (9) Füllung in der Logenbrüstung des großen Sitzungssaales.

Die Hnnkn-MWttung i>k§ MiKtagHMsk§.

von Franz Jaffü.

(Schluß.)

Nachdruck verboten.

) Is etwas ganz Besonderes darf die Architektur
angesehen werden, welche Wallot den beiden
^ Eingängen von Norden und Süden, der Nord
und Südvorhalle, gegeben hat. Sowohl
die herrliche, in ernstein und feierlichem Sinne ausgestaltete
Architektur, die an Kirchenräume erinnert, wie die Heran
Ziehung farbigen Lichtes verleiht diesen Räumen etwas un
gemein Feierliches und Stinnnungsvolles; das Mystisch
Erhabene, welches über diese Räume ausgegossen ist, wirkt
auf den Beschauer mit zwingender Gewalt. Aus einen,
Sockel stehen Säulen (resp. in der Nordvorhalle Pfeiler),
welche ein flach kassetirtes, mit einen, Maskenfriese am
Kämpfer geziertes Tonnengewölbe tragen. Zwischen den
Säulen der Südvorhalle sind Schilder und Aartouchen von
höchst eigenartiger Durchbildung angebracht,') und an den
Stirnseiten der Pfeiler der Nordhalle hängen trotzige, in
Stein gemeißelte Schilde wuchtigen Ausdrucks: hat doch
hier der Meister selbst auf eine eigentliche Aapitälbildung
der Pfeiler verzichtet und dadurch dem Raum etwas Archi
tektonisches verliehen, das an den Ausdruck einer Krypta
heranreichte, wenn nicht das volle farbige Licht, welches
durch großartige Glasfensterkompositionen in den Raun,
strömt, das Ganze zu einer ernsten weltlichen chöhe erhöbe.
Gewissermaßen als Gedenkhallen sollen diese beiden Ein-
gänge in späterer Zeit dienen, indem die Statuen politischer

') Abbildung Seite ,7 im vorigen und Seite 28 in diesem bsest.

Größen und von Geistesheldcn des Vaterlandes hier zur
Ausstellung kommen sollen. Dem Eingänge der Südvorhalle
gegenüber befindet sich ein kolossales Glasfenster, welches
den Reichsadler darstellt, auf seinen Fittigen die Mappen
der Bundesstaaten tragend, lieber dem Eingang selbst be-
findet sich die herrlich ausgeführte Glasfensterkomposition,
welche die Germania aus einem Thron sitzend zur Dar-
stellung bringt, umringt von den Bundesstaaten in' Gestalt
einer blühenden Kinderschaar. Beide Gemälde von meister-
hafter Zeichnung und harmonievoller Farbengebung stammen
ebenso wie die in der Folge zu erwähnenden beiden in den,
erhöhten Korridor, welcher über die Nordvorhalle hinweg
läuft ,n,d die West- und Ostseite des Gebäudes verbindet,
von der pand des Architekten Alex. Linnen,ann in Frank-
furt a. M., welcher dadurch ein beredtes und schönes Zeug-
niß seiner und allgemein deutscher Kunst gegeben hat.

Eine künstlerisch i,och bedeutendere Höhe erreicht Linne-
mann in den Glasgemälden an der Nordvorhalle. Es sind
hier zwei Kompositionen größten Maßstabes, die Eintracbt
und die Zwietracht zur Darstellung gebracht. Zwei Männer-
figuren, ein älterer und ein junger Mann, reichen sich unter
den Zweigen eines Eichstammes und unter einem Laub-
gezelt von Rosen- und Fruchtgehängen die pand zur Ver-
söhnung; ein Engel, welcher einen Schild hält mit der In-
schrift : »Concordia res parvae crescunt« befindet sich über
der Gruppe in ornamentaler Amrahmung angebracht. Line
herrlich erfundene Borte, welche um das Ganze herumläuft.

L>eitscchrift des ba^er. Aunftgewerbe-vereins München.

*895. Heft 5. (Bg. *.)
 
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