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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1895

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Heft 7
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Halm, Philipp Maria: Die künstlerische Entwicklung des christlichen Altars: besonders in Deutschland
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https://doi.org/10.11588/diglit.6756#0061

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CONSLE MififCELN.

72. Kopfleifte von I. D i etz, München.

'V / gy v.

Die tünstlkriUk LnliviLklüN M WifllWn Mtm

besonders in Deutschland.

von Or. W. M. Kalm.

91

Nachdruck verboten.

>s gehört zu den interessantesten und dankbarsten
Aufgaben des Aunsthistorikers, die Entwickelung
irgend eines Gegenstandes, sei er religiöser oder
profaner Natur durch den Lauf der Jahr-
hunderte zu verfolgen, zu ergründen, was das Charakteri-
stische ist, womit diese oder jene Zeit dein einzelnen Gbjekte
seinen künstlerischen Schmuck und Reiz verlieh und zu be-
obachten, wie der Geist der Zeit aus dem kleinsten Gegen-
stände zu uns spricht. Daß es vornehmlich kirchliche Ge-
räthe sind, die zu einer solchen Aufgabe verlocken, bedarf
keiner weiteren Erörterung, wenn man bedenkt, daß die
Aunst allüberall sich den: religiösen Ault zuerst anschloß.
Die erhabenste Aultstätte, den christlichen Altar in seiner
künstlerischen Entwickelung zu verfolgen, soll der Zweck dieser
Zeilen sein.')

Der erste christliche Altar war bekanntlich der Tisch
des letzten Abendmahles Thristi, der noch in der Schatz-
kammer der Lateransbasilika aufbewahrt sein soll; es ist
ein einfacher, zwölf Fuß langer, sechs Fuß breiter Tisch
von Ledernholz. Kaiser vcspasianus soll ihn nach Rom
gebracht haben. Er wurde in späterer Zeit mit Silber-
platten belegt, doch beraubte man ihn derselben wieder.

-) Unter den Bezeichnungen, welche dem frühesten christlichen
Altäre zu eigen waren, finden wir am häufigsten den Ausdruck
9-uotocaTVjp'ov, Vpserstätte (abgeleitet von dem griechischen Worte iH>a£a
d. h. tvpser); die neutestamentlichen Schriftsteller gebrauchen auch die
Namen xpana^a xup£ou oder xpän£epa, Tisch des lherrn, heiliger
Tisch, Ausdrücke, welche schon bei den Griechen üblich waren und aus-
fallender Weise nur den Altären für blut- und seuerlose Mpser eigne-
ten. Auch die lateinischen Väter sprechen von einer mensa dominica,
am häufigsten aber gebrauchen sie die Bezeichnung alrare, seltener ara,
dem etwas heidnisches anzukleben scheint, denn wir sehen es auch wohl
als Gegensatz zu dem aliare angewandt mit entsprechenden Epitheta
wie ara diaboli u. a. m. Bezeichnungen wie memoria, Martyrium für
bestimmte Arten von Altären erklären sich ans dem Worte selbst.

Wenn wir einer anderen frommen Tradition Glauben
schenken wollen, so ist uns auch der Altar des heil. Petrus
erhalten, und zwar ebenfalls in der Lateranskirche. Ein
Brett desselben bewahrt die Kirche St. pudenciana zu Rom
in dem St. Petersaltare auf. Aringhi (Roma subrerrauea
IV. 43. Paris 1659) berichtet, daß man den St. Peters-
altar des Alters halber in einen steinernen Altar eingekleidet

72. Aapelle im Loemeterium des heil. Praetextatus, Rom.

II. Jahrhundert.

habe. Ein Grund an der Aechtheit dieser Altäre zu zweifeln
ist nicht gegeben, freilich ebensowenig stichhaltige Beweise
hiefür. jedenfalls steht sicher, daß die ersten christlichen
Altäre von Holz waren, später erst scheinen neben den höl-
zernen, auch steinerne Altäre errichtet worden zu sein, bis
Papst Evaristus (U2—f2s) das Gebot erließ, daß nur
steinerne Altäre geweiht werden dürften. lieber Schmuck
und Zierrath dieser Altäre sind uns nur undeutliche An-
haltspunkte gegeben. Gehen wir einen Schritt weiter und
rufen wir uns jene Zeit in das Gedächtniß, da die Gläubigen

Zeitschrift des bayer. Aunstgewerbe-Vereins München

J895. Heft 7. (Bg. \.)
 
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