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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1895

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Heft 6
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Schmid, Wolfgang M.: Deutsches Kunstgewerbe um das Jahr 1000
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Unsere kunstgewerblichen Musterblätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.6756#0060

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vermag und an den späteren Regensburger Arbeiten ist
deutlich erkennbar, wie sich die Schultradition nach einiger
Zeit gewöhnlich abschwächt. Weiter ist hochinteressant zu
beobachten, wie die Ausbildung des Geschmackes pand in
in Hand geht mit der Mehrung der Dekorationsmittel und
der bessern Beherrschung der verschiedenen Techniken.

Trotz allem müssen wir zugestehen, daß die Aunst unter
den Mttonen einen lebhaften Aufschwung nahnr und unter
Heinrich II. einen Höhepunkt erstieg, der erst mehrere Jahr-
hunderte später wieder erreicht wurde, einen Höhepunkt so-
wohl der künstlerischen Auffassung wie auch der Technik.
Tr konnte innegehalten werden, so lange die Gunst der

Fürsten und glänzende Vorbilder anhielten und nachwirkten.
Da die Aunst aber nicht im Volk basirte, das ihr Blut
und Leben zugeführt hätte, so schwand ihre Treibhausblüthe
dahin, als das Bedürfniß nach künstlerischer Ausschmückung
des Lebens allgemeiner wurde und man dasselbe zu be-
friedigen versuchte auch an Vrten, wo keine Vorbilder, keine
Schultradition vorhanden waren. Daraus ist der große
Unterschied in der künstlerischen Qualität zu erklären, der
zwischen den glänzenden Erzeugnissen der hier bebandelten
frühen Hofkunst und den häufig fast rohen, aber immer
lebendigen Produkten der volksthümlichen Aunst des spätern
ss. und des \2. Jahrhunderts besteht.

70. Dort einem Evangeliar aus Wessobrunn.

Staatsbibliothek München, Lim. (Circa 1,'s der wirklichen Größe.) Zu S. 5

OCnfWe Kunstgewerblichen MuftenblMev.

Tas. 22 und 23. Bronzereliess (der „Friede" und der
„Krieg"); Thürschmuck in der Wandelhalle des deutschen Reichs-
tagshauses. Nach den Modellen von Prof. W. Wi bemann,
Berlin; gegossen und ciseliert von Paul Stotz Stuttgart.

Tas. 24. „Waldmann-Kette". Aus der antiquarischen
Sammlung in Zürich; ;5. Jahr-
hundert. Aufnahme und Zeichnung
von Zeichenlehrer <£. Mbcr -
hänsli.

Die „Waldmannkette", von
der wir auf unserer Tafel Me-
daillon und Schlußglieder zur Dar-
stellung bringen, gehörte einst
dem berühmten Züricher Bürger-
meister pans Waldmann (^35 bis
;489). Dies kostbare Geschmeide ist
eigentlich ein palsband, denn es be-
steht aus einem starken, mit Wolle
belegten und mit Seide gefütterten
panfband, auf welchem 39 Ringe
in Form von sogenannten Weber-
oder Doppelknoten (Liebesknoten)
einzeln Stück für Stück ausgenäht
sind und an welchen vermittelst
zweier Schließen ein großes Me-
daillon befestigtist. Ringe, Schließen
und Medaillon bestehen aus vergol-
detem Silber. Die Schließen zeigen
ein Rankenwerk, das sich über dem
vertieften Grunde wölbt. Das
Medaillon (7 cm Durchmesser) ist
als Blumenkelch behandelt, dessen
Blätterkrone sich nach Jirnen über-
wölbt und das in der Mitte
angebrachte Wappen Waldmanns schützend einfaßt. Bis auf das
Schlußglied der rechten Schließe, das der Renaissance des XVI. Jahr-
hunderts angehört, ist das Ganze streng im Stil der Spätgothik durch-

geführt, vollkommen intakt und durch seine wahrhaft klassische
Technik eines der kostbarsten und seltensten Stücke dieser Art.

Tas. 23. Silberbecher als Geschenk zur goldenen Pochzeit
des Brauereibcsitzers Gabriel Sedlmayr gefertigt nach Angaben
von Prof. Rud. Seitz in der Werkstätte von Pofkupferschmied pch.

Seitz, München.

Don jeher haben die Deutschen
die verschiedenartigsten Gebilde zu
Trinkgefäßen umgebildet — Frauen
in weiten Gewändern, Reiterstiesel,
Thiere, pörner aller Art rc. mußten
ihre Gestalt in den Dienst des
pumors und des Durstes stellen;
der Gebrauch von pänden zu
Trinkbechern und insbesondere
deren sinnige Dereinigung zu
einem Pochzeitsgeschenke dürfte in-
dessen auf Neuheit Anspruch er-
heben. Die in Silber getriebenen
Becher ruhen auf einem Kissen aus
dunkelgrünem Plüsch, gehalten von
zierlichem Posamentenwerk; unter
sich sind sie verbunden durch eine,
als pinweis auf die 50 Ehejahre,
aus 50 Ringen bestehenden Kette,
so daß sie, auch wenn sie zum
Gebrauch auseinandergeschlungen
werden, wie die nebenstehende Ab-
bildung zeigt, dennoch verbunden
bleiben. Die Manschetten tragen die
Widmungsinschriften: „Dem Nestor
und hervorragendsten deutschen
Brauer, p. Lommerzienrath Ga-
briel Sedlmayr und seiner treuen
Lebensgefährtin Anna geb. Schwanhart dem Dorbild aller Pausfrauen"
und „Zur goldenen Pochzeit die herzlichsten Glückwünsche von . . .
(folgen die Namen der Geber)."

7;. Silberbecher. (Ergänzung zu Tafel 25.)

Hierzu „Kunstgewerbliche Rundschau" Nr. 6.

Derantw. Red.: Prof. L. Gmelin. — perausgegeben vom Bayer. Kunstgewerbe-Verein. Derlag von M. Schorß. — Druck von Knorr Sf Birth, München.
 
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