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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1895

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Heft 9
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Gmelin, L.: Ausstellungen des Jahres 1895
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Unsere kunstgewerblichen Musterblätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.6756#0084

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76 -£■

30 Stücke) ihrer berühmten Glasbilder zur Verfügung gestellt.
Aus Thurgauifchem Besitz kamen u. A. ein Altarbild aus
dem 15. Jahrhundert und die prächtige goldene, mit perlen
und Email geschmückte Insul, welche im Jahre ^5 Papst
Johann XXIII. dem Abt von Areuzlingen geschenkt; gothische
Thorstühle kamen aus Stammheim und Reichenau.

98. Bunte Rohrmöbel von Ehr. Packenschmidt-Straßburg.

(Straßburger Ausstellung.)

Obgleich das im Jahr 9st5 erstmals erwähnte Aloster
5t. Georg bereits zehn Jahre später von Hohentwiel nach
Stein verlegt worden, so verdanken die unmittelbar am Rhein
stehenden Alostergebäude ihre jetzige Gestalt wesentlich dem
Wirken des Abtes David im ersten Fünftel des )<5. Jahr-
hunderts'); gothisch sind nicht nur die bedeutsameren Archi-
tekturtheile, wie der Rreuzgang, sondern auch Thürcn, Ver
täferungen, Erker, Decken — und nur in den Schnitzereien
und Gemälden des Festsaales verräth sich das pereinbrcckien
einer neuen Aunstrichtung.

In den letzten Jahren hat das Aloster — wo es nöthig
schien — eine pietätvolle Wiederherstellung, bezw. Bereicherung
erfahren, wobei auch z. B. Decken anderer, dem Untergang
verfallenen Bauten eingesügt wurden; die Vollendung der
Restaurirungsarbeiten — an denen u. A. auch der bekannte
Hamburger Waler (£. w. Alters betheiligt war — sollte
nun durch die Ausstellung ihre Weihe erhalten. Mit Recht
ließ man sich bei Durchführung dieser Absicht von dem Be-
streben leiten, jedem einzelnen Raun: ein seiner baulichen
Ausstattung entsprechendes Gepräge als Aapelle, Wohn-

') Näheres über das Aloster und seine Geschichte enthält Ferd.
Vetter's „Alosterbüchlein und Fremdenführer für Stein am Rhein";
III. Aust., ;8yp Druck von Anorr >L pirth in München.— Das Büchlein
enthält ;5 Ansichten und einen Plan des Alosters. Preis ; Fr. 20 Lts.

zimmer, Schlafkammer, Arbeitsraum rc. zu geben oder darin
— in mehr oder minder malerischer Anordnung — kleinere,
nach sachliche» Gesichtspunkten zusammengestellte Samm-
lungen unterzubringen. Mit unleugbarem künstlerischen Ge-
schick ist bei den meisten Räumen der erstere Grundsatz zur
Durchführung gebracht und die Durchwanderung der ein-
zelnen Gelasse, von der Aapelle an, durch die Abtswohnung
und die Alosterzellen u. s. w. bis zum Refektorium gewährt
nicht nur ein überaus anziehendes Bild klösterlicher Tultur,
sondern auch manchen künstlerischen Genuß.

So begegnen wir in der Aapelle u. A. prächtigen kirch-
lichen, in der Wohnstube des Abtes weltlichen Alterthümern.
Unter den Zellen der Alosterbrüder ist eine der Bildhauerei,
eine andere der Walerei und dem Zeichnen, eine dritte der
Aleinkunst gewidmet, wo dann allerlei Aleinkram, wie es et-
wa in einer Alosterwerkstätte entstanden fein kann, aufge-
ftapelt ist: Elfenbeinschnitzereien, Wachsfigürchen, Aruzisixe,
Aalender aus drei Jahrhunderten u. s. w. Auch für eine
Apotheke bezw. Alchymistenzelle ist gesorgt. Ihren Gipfel-
punkt erreicht diese Anordnungsweise in den: Refektorium,
mit seinem langen gedeckten Speisetisch, seinen Zinn- und
Thonkrügen, seinem Beleuchtungsgeräthe, seinein schönen,
zumeist gothischen Mobiliar und den prächtigen Glasbildern
aus dem Besitz der Stadt Stein. Die Glasmalerei, der Stolz
des schweizerischen Aunsthandwerkes des 16. und I 7. Jahr-
hunderts, überragt auch hier alle anderen Gebiete, wenn sich
auch unter den Möbeln manch begehrenswerthes Stück befindet.

Der Aufforderung zur Einsendung moderner, in altem
Geist gearbeiteter Gegenstände haben nur wenige Folge ge
leistet; am stärksten ist auch hierbei die Schweizerische Glas-
malerei vertreten und zwar durch 6, im übrigen durch 3
Aussteller, darunter einen (£. de Bouchö) aus München.
In dem harmonischen Bilde alter Zeit muthen die aus
Bafel und Zürich gekommenen Schmiedeisenarbeiten (darunter
auch elektr. Glühlampen) uns recht fremd an, während die
gothischen Möbel von Th. Waltjen Aonstanz und be
sonders jene von O. Fritz sch e-München, mit welchen ein
Schlafgemach vollständig ausgestattet ist, nur durch ihren
Erhaltungszustand über ihr jugendliches Alter ausklären!

Alles in Allem genommen verläßt man befriedigt das
trauliche Aloster, wo man einige Stunden lang sich in ein
paar Jahrhunderte zurückgeträumt hat; der trefflich mit
Lichtdrucken ausgestattete Aatalog sorgt dafür, daß die Er-
innerung daran nicht zu schnell verblasse.

OCnfWü Kunstgewenblichen <I)ustenblMen.

Taf. 3q. Bemaltes und theilweise vergoldetes polz-
relief. (Anfang des ;s. Jahrhunderts.) von der „Ausstellung für
Aunst und Alterthum" in Straßburg, (pöhe o,8-z rn, Breite 0,96 m.)
Im Privatbesitz in Lolmar. Dieses Relief ist für den Aunsthandwerker
besonders dadurch interessant, daß die Scenerie deutscher Bürgerstuben
aus gothischer Zeit trefflich zur Anschauung gelangt ist.

Taf. 35. {. Nautiluspokal in vergoldeter Bronze-

fassung. Ende des ;s. Jahrhunderts. Privatbesitz. — 2. ver-
goldeter Silb erbecher aus dem Rathssilberzeug derStadt
Rappoltsweiler in Elsaß. Ende des ,s. Jahrhunderts, pöhe
0,;3 rn. von der „Ausstellung für Aunst und Alterthum" in Straßburg.

Tas. 36. Thürumrahmung. Aus dem kandjchaftsgebäude
in Landshut (erbaut ;5g8); jetzt im National-Museum, München. —
Zeichnung von A. Alb recht. Die Wappen sind diejenigen der da-
maligen dortigen Bürgermeister.

Taf. 37. Toilettentisch. Entwurf von Architekt Rich. Dorsch-
seldt, Magdeburg.

* *

-r-

Berichtigung. Auf Tafel 32 des letzten Bestes sollten als
Lieferanten Zwiesler & Baumeister-München, statt Aiefer in
Aiefersfelden, namhaft gemacht werden. (D. Red.)

hierzu ,,kunstgewerbliche Rundschau" Nr. 9.

verantw. Red.: Prof. £. Gmelin. — perausgegeben vom Bayer. Lunjigewerbe-Verein. Verlag von DL Schorß. Druck von Lnorr ä Birth, München.
 
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