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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1895

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Heft 12
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Hagen, L.: Zur Entwicklungsgeschichte der Klöppelspitze
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Unsere kunstgewerblichen Musterblätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.6756#0112

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■h W -4-

(Eosmo’s II. von Medici auf ihrem Portrait von Agnolo
Brouzino. fAbb. f^f). Ihre Hochzeit fand töö7 statt und
das Bild dürfte wenig jünger fein. hier ist schon die Rund-
ung des Halsausschnittes der Figur angepaßt; also eine höbe
des Rönnens erreicht, die unmöglich beiin ersten Entstehen
der Technik vorhanden sein konnte. Andrerseits beweist hier
das Vorhandensein jener „Zäckchen", die Herr von Ubisch
als einzige Erklärung für jede spitzenartige Darstellung auf
früheren Gemälden gelten läßt, daß man sich eben sehr vieler
ungleichartiger Verbindungen bediente. Diese Spitze enthält
eingesetzte Leinentheilchen und eingenähte Sternchen im Spitzen
stich; sie ist also schon unter die kombinierten zu rechnen.
Das Muster zeigt jene Einfachheit und Stilreinheit, die in
der späteren Zeit von Spitzenkennern wegen vermeintlicher
Kunstlosigkeit wenig geschätzt wurde. Aber gerade der Grund
charakter dieser Muster hat sich jahrhundertelang im Ge-
brauch gehalten und lebt noch heute in der Torchonspitze, unan
gesochten von Modelaunen. Schließlich ist zu berücksichtigen,
daß die Alöppelspitze der späteren Zeit stets bemüht ist,
mit der Nadelspitze zu konkurriren. Die Lipperheidesche
Sammlung enthält Stücke, welche aus je einer genähten
und einer geklöppelten Zacke im gleichen Muster bestehen.
Das Münchener Nationalmuseum besitzt eine Spitze dieser
Art, die in feinem Goldfaden ausgeführt ist. (Abb. {^2).

Ueberall in der Geschichte der Spitze zeigt sich deutlich
das europäische Streben nach Plastik im Textilornament.

Die reichen Erfolge dieses Strebens berechtigen dazu, die
Frage aufzuwerfen, wie weit diese europäische Eigenart,
aller Flächentheorie zum Trotz, vielleicht ihre Berechtigung
hat. Es kann kein Zweifel darüber herrschen, daß der
Niedergang des europäischen Textilornamentes schon in der
Renaissance durch das Nacharbeiten architektonischer Vor
lagen angebahnt wurde. Dennoch ist die Betonung des
zeichnerischen Elementes beim Europäer, überall in seiner
Run st so stark vertreten, daß es wenigstens fraglich erscheint,
ob eine absolute Anpassung an orientalische Flächenprinzipien,
selbst in der Textilkunst, empfehlenswertg erscheint.

Um die sichern Grundlagen zur Entscheidung dieser
Frage zu gewinnen und die Geschichte der europäischen
Textilkunst in den Dienst einer kunstfördernden Stillehre zu
stellen, muß die Geschichte der Spitze und aller sogenannten
„Runsthandarbeiten" noch unendlich viel sorgfältiger erforscht
werden, als es bisher gelungen ist. Gerade auf einem
Gebiete, welches in seinen Anfängen der Neuzeit verhältniß-
inäßig nahe steht, muß eine gewissenhafte Forschung eine
reiche, dem gesamten Aunstgewerbe förderliche Ausbeute er-
geben. Eben deshalb niuß jeder neue Beitrag zu diesem
Stoffe willkommen geheißen werden, ganz gleich, ob er sich
im Lichte der weiteren Kritik haltbar erweist oder nicht.
Nur die Erörterung jedes „Für" und „Wider" kann zu
einem befriedigenden Abschluß helfen.

£. klagen.

ÖCnJWi? Kunstgewerblichen <I)ulkenblMen.

Taf. H6. Gitterthor. Entwurf von A. Spaeth, Berlin.

Taf. ^7 und q8. Bronzereliefs (der „Fleiß" und die „Wissenschaft". Nach den Modellen von Prof. kV. kvidemann, Berlin;
gegossen und ziseliert von Paul Stotz, Stuttgart.

Taf. qg. Gothische Deckenmalereien. Entwurf und Ausführung von Alois Müller, München; hiezu Abbildung ;27aufS. 97.


hierzu „Kunstgewerbliche Rundschau" Nr. 12.

verantw. Red.: Prof. C. Gmelin. — kferausgegeben vom Bayer. Lunstgewerbe-Verein. — Verlag von Hl. Schorß. Druck von Lnorr 4 Birth, München.
 
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