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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1895

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Heft 12
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Stockbauer, Joseph: Humoristische Bildungen im alten Kunstgewerbe
DOI Artikel:
Hagen, L.: Zur Entwicklungsgeschichte der Klöppelspitze
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https://doi.org/10.11588/diglit.6756#0107

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v* 99

die bei ihren Zusammen
künften in Gebrauch und
Benützung kamen.

Vom streng stilistischen
Standpunkt aus sanden
diese Arbeiten in unserer
Zeit mehr oder weniger ge-
rechte Verurtheilung. Es
ist ja an sich richtig, daß der Aohlkopf das Nodell siir
eine Gemüseschale nicht abgeben kann, daß Stiesel, Wind-
mühlen und Schlüssel keine Trinkgesäße sind. Aber alle diese
Dinge wollen überhaupt nicht vom stilistisch-ästhetischen

(3(.

Deutsches Glasgefäß; Länge 20 cm.

Standpunkte aus
behandelt und bc-
urtheilt werden.

Ts sind Ausläu
fer eines natür-
lichen lchimors U. 132. Deutsches Glasgesäß; Länge 27 cm.
noch dazu eines

sebr gesunden, und den Humor kann man nicht unter die
Auratel der Grundsätze der Stilistik stellen. Wo wirklicher
Volkshumor zu Hause ist, werden derartige Bildungen un-
verwüstlich sich vererben von Geschlecht zu Geschlecht, zu Lust
und Freud der Verfertiger und der Venützer.

biöbe (8 cm.

(33— (35. Deutsche Glasgefäße.
Länge 21 cm.

6öhe (8'cm.

lWklspitze/>

e Spitze nimmt unter allen Erzeugnissen der
Tertilkunst eine gesonderte Stellung ein. Wan
kann sic weder in das Gebiet der Gewebe, noch in
dasjenige der Naschentechniken verweisen. Nit
den Geweben theilt die Spitze die Fähigkeit, bestimmte Flächen
dicht zu bedecken, mit den Naschen- und Anotentechniken
ist sie verwandt, weil sie, gleich ihnen, über einen durch-
brochenen Grund verfügt, der eine beliebige Unterlage zur
Geltung kommen läßt. Der Grundcharakter der Spitze liegt
in dem Bestreben, ein fein entwickeltes Mrnament in seiner
rein zeichnerischen Bedeutung, also mit Betonung von Linie
und Umriß, ohne die Zuthat der Farbe, auf textilem Ge-
biete zur Geltung zu bringen. Die außerordentliche Fein-
heit der Arbeit und die große Nühseligkeit der Herstellungs

weise hat der Spitze seit drei Jahrhunderten eine Ausnahms-
stellung unter den Nadelkünsten gesichert und sie zum Gegen-
stände einer besondern Kennerschaft erhoben. Diese Kenner-
schaft zersplitterte stich freilich in unzählige lokale Bezeich-
nungen, welche noch jetzt im Spitzenhandel mit mannig-
fachen Widersprüchen gebräuchlich sind. Die Grundlage zu
einer Einigung und dem Anfang zu einer Geschichte der
Spitze schuf Nrs. j)allifer in ihrer »History of Lace«.
Für Deutschland hat in neuester Zeit Frau Frauberger in
ihrem „Handbuch der Spitzenkunde" (Leipzig, E. A. See-
mann) eine klare Darstellung der verschiedenen „Spitzen-
techniken" und aller derjenigen „Landarbeiten" gegeben, von
denen man annimmt, daß sie zur Erfindung der Spitze ge-
führt haben.

*) Die Abbildungen (36—($0 und \\2 sind nach Vriginalien im bayerischen National-lltuseum gefertigt.


st
 
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