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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1895

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Heft 9
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Gmelin, L.: Ausstellungen des Jahres 1895
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https://doi.org/10.11588/diglit.6756#0081

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aber in den eine völlig plastische Wirkung erstrebenden Dar
stellungen — bei denen durch Beizung und Brennen nach-
geholfen werden muß — geht er — bei aller Anerkennung
für die Geschicklichkeit — entschieden über die stilistischen
Grenzen der Einlegearbeit hinaus.

Mehr als im Bereich des Mobiliars macht sich der
Einfluß der von England ausgehenden Strömungen bei der
Flächendekoration bemerkbar, — in bescheidenerem Maaß
vielleicht bei den Geweben, die insbesondere durch das
„Syndikat der elsässischen Kattundruckerei und oberelsässischen
Terlil Industrie" Mülhausen mit guten Stücken aller Art
vertreten sind, — als vielmehr im Bereich der Tapeten.
I. Zuber & Eie. in Rixheim (M.-E.) haben Tapeten-
muster gebracht, die mit dem Besten auf diesem Gebiet in
die Schranken treten können, namentlich in den prächtigen
Nachahnrungen der zartesten Seidengewebe wie der kräftig
reliefirten Ledertapeten. Zn gleicher Weise steht auch in
der Keramik die Flächendekoration unter dem Bann der
nrodernen englischen Dekorationsweise, die sich hier mit den
von A. Seder in denr bekannten Werke „die Pflanze" ver-
folgten dekorativen Grundsätzen begegnet. Bedeutsanre An-
klänge an Seder'sche Arbeiten finden sich an der großen
Brunnennische von PH. Elchinger & Söhne-Sufflen
heim i. E., wo die breite, mit Algen überwucherte Archi-
volte zu einem Tummelplatz großer Fische geworden ist;
mehr englischen Vorbildern wenn auch in Paris von
Schüller gezeichnet — nähern sich die großen Wandflächen-
felder von Utzschneider Sc Tie. in Saargemünd: in ein-
fachen Farblagen mit dunkeln Umrissen stellen dieselben
Landschaften dar, Kraut und Hopfenäcker, mit dem Blick
aus Straßburg bez. Metz. Daß eine Weltfirma wie die ge-
nannte auch auf anderen Gebieten - Majolika, Steinzeug,
Bodenplatten u. s. w. hervorragendes zur Ausstellung ge-
bracht, ist selbstverständlich.

Die höchsten kunstgewerblichen Leistungen der Ausstellung
treffen wir aus den Gebieten des Glases an; und zwar ge
bührt hier die Palme der Firma Burgun Schuerer Sc Cie.,
Glasfabrik Meisenthal, Station Lemberg, Lothringen.
Abgesehen von einigen übrigens trefflichen Nachbildungen
alter venezianer oder orientalischer Gläser und den in be-
sonderem Pavillon ausgestellten „kurrenten Artikeln", stehen
die Arbeiten dieser Firma ganz aus modernein Boden und
sind dabei wirkliche Kunstwerke; alle Glastechnikeu, Schliff
und Gravirung, Bemalung von außen und innen, ganzer
und theilweiser Ueberfang, Politur und Mattätzung werden
hier in allersreiester Weise gehandhabt. Nie sind alle die
köstlichen Eigenschaften des Glases, sein Glanz und seine
Durchsichtigkeit, seine Härte und Bildsamkeit, die Möglich-
keit, ihm alle denkbaren Farben zu geben, sein Verhältniß
zu Goldfassungen und Metalllüstern u. s. w. so künstlerisch
ausgebeutet worden wie hier; — immer bleibt das Material
das was es ist, ohne jemals die Maske eines anderen Stoffes
anzunehmen. Bald erinnern die Formen und Dekors mehr
an altarabische oder an japanische Ideen, bald sucht man
vergeblich nach Anklängen an Bekanntes; besonders ge-
heimnißvoll erscheinen jene Gebilde, bei welchen verschiedene
Techniken combinirt sind. Da ist z. B. eine blaßviolette
Base (fö cm hoch), aus deren Innenseite mit weißem Email
Blumen ausgetragen sind; ebenso sind die kupferrothen Stengel
und das zierliche dunkle Laubwerk von innen aufgemalt.

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YZ. Vierländer Stuhl von 3- R. Loose-6amburg.

(Lübecker Ausstellung.)

Ihre Modellirung haben nun die Blumen von außen durch
Einschneiden, bez. Mattschleifen erhalten unter Zuhilsenahine
von Goldlinien für Staubfäden, Umrisse, Adern ic.; über
dieß ist die Außenfläche durch eine (eingravirte und mit Gold
gehöhte) Libelle belebt. Trotz den ansehnlichen Preisen dieser
Dinge war doch bereits Eitde August fast alles verkauft -
theils an hochstehende Liebhaber, theils an Museen. Ghne
Zweifel stehen diese Arbeiten in irgend einer Verwandtschaft
mit jenen von Damm freres & Cie. im nahen Nancy.

Vortrefflich geschnittenes Glas, und zwar nicht nur iu
zahllosem Tafelgeschirr rc., sondern auch in ungewöhnlich
großen Stücken brachte die Aktiengesellschaft »Verreries
& Cri st alleries« in St. Louis (Post Lemberg, Loth
ringen) — u. A. Tandelaber von H m höhe mit vielleicht
40 Kerzenträgern, deßgleichen Lüster von ('/- m Breite,
ganz aus geschliffenem Glas und so geschickt zusammen-
gesetzt, daß man kein Metallglied wahrnimmt, auch nicht
einmal das Bedürfniß danach empfindet.

Weniger wie auf andern Ausstellungen drängen sich
die Metallarbeiten aus; namentlich tritt in Vergleich zu
früheren Ausstellungen die Schmiede
eisenarbeit nicht so überwältigend aus,
wenn auch unumwunden zugegeben
werden muß, daß R. Bühier Sc
Sohn- Vffenburg, Carl Flink-
Mannheim, h. Alber öc So hn-
Stockach (Baden), Gebr. Walchner-
Straßburg manche tüchtige Arbeit ge
bracht haben. Im Bereich des Fein-
metalls hat nur Christofle Sc Co.

Karlsruhe eine größere Gruppe aus
gestellt, — wie immer vortrefflich,
aber man glaubt lauter alte Bekannte
zu finden; einen ähnlichen Eindruck
erhält inan vor den kleineren Schau
kästen von N. Trübner-Heidelberg und L. Bertsch-Karls-
ruhe, denen indessen die Mitarbeiterschaft von Direktor G ö tz

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