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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 8.1916

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Heft 1/2
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Der Kunstmarkt - Versteigerungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.26378#0055

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STATTGEHABTE VERSTEIGERUNGEN

und fonftigen hohen Preife, die vor ahem in der
feinerzeit im Cicerone ausführlich behandeiten
Bragton Ivesauktion im vergangenen Aprii ge-
zahlt wurden! Diefe fchönen Refultate aber, die
auf ganz befonderen Bedingungen fußten: Be-
rühmtheit der Sammiung—faft zur gieichenZeit
wurden einige Biätter aus weniger bekannten
und weniger umfangreichen Koüektionen, troß-
dem fie treffiiche Abdrücke und gut erhalten
waren, um viei geringeres losgefchlagen, z. B.
Dürers „Melencolia" für ^ 160 (beim Ivesver-
kauf y 2050!), -- außergewöhnliche Eriefenheit der
Abdrücke, fo vor altem die Sdiongauerfchen
Biätter, treffliche Erhattung und jener wohl-
bekannte, jeder umfangreichen und dabei an
erftktaffigen Stücken reichen Sammlung inne-
wohnende Effekt, hohe Preife auch für die Werke
zweiten und dritten Ranges zu erzieien, die, für
fich atiein, mit viei geringeren Summen fich zu-
frieden geben müßten, — diefe Bedingungen
iaffen fich nicht wiiiküriich von neuem hervor-
rufen. Wo und wann während diefes Krieges
wirkiich erftkiaffige Werke zum Verkauf ftanden,
haben fie noch immer fehr hohe, ja gesteigerte
Preife gebracht, und fo mancher Händler ift hier
arg enttäufcht aus Europa zurückgekehrt mit
der Kunde, daß feibft für gutes Geid, von guten
Worten ganz abgefehen, nichts wirkiich Hoch-
bedeutendes zu erlangen gewefen fei. Werke
geringerer Qualität aber dürften nach den ge-
machten Erfahrungen der vergangenen Auktions-
faifon gegenüber früher im Preife gefunken
Tein. Natürlich Iaffen fich diefe Erfahrungen ver-
fchieden auslegen, und es bleibt fraglich, wie
weit der Krieg und wie weit andere Gründe bei
der Preisbildung maßgebend gewefen find. Wenn
man z. B. an die auch im Cicerone feinerzeit
kurz behandelte Verweigerung der Blakeslee-
gemälde zurückdenkt, fo gilt es da genau zwi-
fchen den einzelnen Gründen zu unterfcheiden.
Es ift z. B. möglich, daß viele fpekutative Bilder
diefes eigentümlichen Händlers, der für feine
Hauptkunden auf unbedingte Echtheit hielt, für
andere aber „garantielofe" Bilder der größten
Meifter faft fchockweife auf Lager hatte, des
Krieges wegen noch kieinere Preife davontrugen,
als es fonft der Falt gewefen wäre. Sicher aber
dürfte diefer Grund fich wenigftens indirekt in dem
erftauniichen Sinken der Preife einiger moderner
Meifter kund getan haben, vor ailem in dem
kleinen Preis, der für eines der beften Werke
des Schotten Orchardfon „The Young Duke"
(Der junge Herzog) bezahit wurde (J?6900). Das
Biid, das in Großbritannien vor dem Kriege
mindeftens das 3- oder 4fadhe gekoftet, und
das kein engüfcherBefißer während des Krieges
leichtherzig veräußert hätte, war von Blakeslee

offenbar nach Amerika gebracht worden, um
hier damit Liebhaber der modernen englifchen
Schute anzulocken. Im Privatkauf würde das
wohl auch gelungen fein, widrigenfails es eben
zurückgewandert wäre. Nun warf es ein böfes
Gefchick zu jeßiger Zeit auf den hiefigen Markt,
wo Orchardfon feitfamerweife bisher noch un-
bekannt geblieben war. Troß der vielen Lieb-
haber englifcherKunft, troß feiner wirkiich her-
vorragenden Qualität aber konnte ein Händler
es für eine „Lumpenfumme" erftehen, um es
für beffere Zeiten nach England zurückzunehmen.
Angefichts diefer Lage fragt man fich mit Be-
forgnis, wie es den deutfchen Werken aus der
Reifingerfchen Sammlung im kommenden Januar
hier ergehen wird, von denen an andererstelle
ausführlicher die Rede ift. Freiiich hiefige Preife
für deutfche Werke feibft lebender Künftlerwollen
nichts befagen. Und ob die Reifingerfchen Erben
mehr oder weniger aus dem Verkauf erzielen,
geht die Öffentlichkeit nichts an.
Eine ganze Anzahi der Verfteigerungen der
leßten Saifon waren foiche von englifchen und
franzöfifchen Händlern, wiez. B. die Auktion von
Loo & Co. aus Paris und die Henrg Sgmons-
auktion einer Londoner Firma. Man bot da
Porzelian, Kunftmöbel und andere Kunft- und
Luxusgegenftände an, von denen immerhin an-
genommen werden konnte, daß ein am Kriege
nicht oder doch nur indirekt beteiligtes, und an
ihm fogar, wenigftens teiiweife, verdienendes
Land ein gutes, auf jeden Fail das zur Zeit
einzige Abfaßgebiet größeren Umfanges dar-
ftelie. Und mit diefer Annahme hatte man
recht. Es wurden für derlei Gegenftände, auch
Perferteppiche, ganz anfehnliche Summen ge-
zahlt. Mehrere folcher Werke waren feinerzeit
auf derAusfteliung mohammedanifcher Kunft in
München zu fehen gewefen. Ein paar von
ihnen feien hier zur Orientierung noch nach-
getragen: eine große perfifche, in Ispahan aus-
gegrabene Vafe aus dem 16. Jahrhundert in
Form einer Fiafche mit vier Medaillons, Rehe
und Vögel darfteilend, koftete^l40; eine Schüffei
aus dem 12. Jahrhundert mitmetaliifchemLuftre,
mit Reiterfiguren dekoriert, ^'180; eine perfifche,
in Rhages ausgegrabene Zierfchale aus dem
11. Jahrhundert aus Elfenbeinpafte mit Emaille-
reiiefs in rot, blau und violett mit Infchriften
^375; eine perfifche Narghile aus dem 16. Jahr-
hundert mitElfenbeinglafur, blau, rot, grün und
blau bemalt^'122; eine kleine perfifche Piakette
aus Rhages in Form eines Sternes mit rot-
metaliifchem Luftre, dekoriert mit Störchen in Re-
lief ^160; ein perfifcher Teller aus dem 16. Jahr-
hundert aus grober Pafte mit geäderter Glafur
auf Elfenbeingrund und mit Biumen und einer

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